Kirchhoff

Kirchhoff

Kirchhoff, 1) Gustav Robert, Physiker, geb. 12. März 1824 in Königsberg, gest. 17. Okt. 1887 in Berlin, studierte in Königsberg seit 1842 Mathematik und Physik, habilitierte sich 1848 an der Berliner Universität, ging 1850 als außerordentlicher Professor nach Breslau, 1854 als Professor der Physik nach Heidelberg und 1874 als Mitglied der Akademie und Professor der mathematischen Physik an der Universität nach Berlin. Kirchhoffs erste Arbeiten aus der Elektrizitätslehre führten ihn zu der strengen Ableitung des Ohmschen Gesetzes und zu den Gesetzen der Stromverzweigung (s. Kirchhoffs Gesetze etc.); weitere Arbeiten beziehen sich auf die Ströme in nicht linearen Leitern, die Bewegungsgleichungen der Elektrizität u. a. Höchst bedeutsam sind Kirchhoffs Arbeiten über die Elastizität, die mechanische Wärmetheorie, die Wärmeleitung und auf dem Gebiete der Optik. Mit Bunsen entdeckte er 1860 die Spektralanalyse, der er in dem berühmten Kirchhoffschen Gesetz über das Verhältnis von Emission und Absorption die theoretische Grundlage gab. Folge dieser Entdeckung war die genaue Durchmusterung des Sonnenspektrums und Bestimmung derjenigen dunkeln Linien desselben, die mit hellen Linien in den Spektren irdischer Stoffe zusammenfallen (»Untersuchungen über das Sonnenspektrum und die Spektren chemischer Elemente« in den Abhandlungen der Berliner Akademie, 1861–63; 3. Abdr., Berl. 1866–75). Es erschienen von ihm: »Vorlesungen über mathematische Physik« (Bd. 1: »Mechanik«, Leipz. 1876; 4. Aufl., hrsg. von Wien 1897; Bd. 2: »Mathematische Optik«, hrsg. von Hensel 1891; Bd. 3: »Elektrizität und Magnetismus«, 1891, und Bd. 4: »Theorie der Wärme«, 1894, beide hrsg. von Planck); »Gesammelte Abhandlungen« (das. 1882; Nachtrag hrsg. von Boltzmann, 1891). Sein Bildnis s. Tafel »Physiker II«. Vgl. Boltzmann, Gust. Rob. K. (Leipz. 1888); Pockels, Gust. Rob. K., im 2. Bande der Festschrift »Heidelberger Professoren« (Heidelb. 1903, auch besonders).

2) Adolf, Philolog, geb. 6. Jan. 1826 in Berlin, studierte seit 1842 daselbst und wurde 1846 Adjunkt, dann Professor am Joachimsthalschen Gymnasium, 1865 ordentlicher Professor an der Universität. K. hat sich teils um die Kritik griechischer Schriftsteller, teils um die Epigraphik hohe Verdienste erworben. In ersterer Beziehung lieferte er für Homer »Quaestionum Homericarum particula« (Inauguraldissertation, Berl. 1846), sodann »Die Homerische Odyssee und ihre Entstehung« (das. 1859) und »Die Komposition der Odyssee« (das. 1869), die er in 2. Auflage unter dem Titel »Die Homerische Odyssee« (das. 1879) vereinigte und erweiterte, ferner eine Textausgabe des Plotinus (Leipz. 1856, 2 Bde.), eine kritische Ausgabe (Berl. 1855, 2 Bde.) und eine Textausgabe (das. 1867–68, 3 Bde.) des Euripides, »Über die Abfassungszeit des Herodotischen Geschichtswerks« (das. 1868, 2. Aufl. 1878), eine Ausgabe von Xenophons »De re publica Atheniensium« (das. 1874, 3. Aufl. 1889), eine Textausgabe des Äschylos (das. 1880), »Hesiodos' Mahnlieder an Perses« (das. 1889), »Thukydides und sein Urkundenmaterial« (das. 1895). Von seinen epigraphischen Studien bezogen sich auf Italien »Die umbrischen Sprachdenkmäler« (mit Aufrecht, Berl. 1849–51, 2 Bde.) und »Das Stadtrecht von Bantia« (das. 1853), auf die germanischen Runen: »Das gotische Runenalphabet« (Berl. 1852) und »Die fränkischen Runen« (in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, 1855); zu den griechischen Inschriften bearbeitete er für das »Corpus inscriptionum graecarum« den 2. Faszikel des 4. Bandes (die christlichen Inschriften enthaltend, Berl. 1859) und führte das ganze Unternehmen zu Ende, leitet das »Corpus inscriptionum atticarum«, zu dem er selber den 1. Band (die Inschriften vor Euklid enthaltend, das. 1873) sowie die Supplemente dazu (Bd. 4, Teil 1–3, das. 1877–91) geliefert hat, und schrieb: »Studien zur Geschichte des griechischen Alphabets« (das. 1863, 4. Aufl. 1887). Auch war er 1866–81 an der Redaktion des »Hermes« beteiligt.

3) Albrecht, Bibliograph und Buchhändler, Bruder des vorigen, geb. 30. Jan. 1827 in Berlin, gest. 20. Aug. 1902 in Leipzig, eröffnete mit dem Buchhändler Georg Wigand in Leipzig 1856 eine Antiquariatsbuchhandlung (Firma »Kirchhoff u. Wigand«), die nach dem Tode Wigands (1858) in seinen alleinigen Besitz überging, bis er 1863 seinen Bruder Otto als Teilhaber aufnahm. Er bearbeitete zwei Bände des »Fünfjährigen Bücherkatalogs« (1851–60), dessen Fortsetzung von der Hinrichsschen Buchhandlung herausgegeben wurde, und machte sich besonders durch einige historische Untersuchungen verdient: »Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels« (Leipz. 1851 bis 1853, 2 Tle.); »Die Handschriftenhändler des Mittelalters« (das. 1853; Nachtrag, Halle 1855); »Die Entwickelung des Buchhandels in Leipzig bis in das 2. Jahrzehnt nach Einführung der Reformation« (das. 1885) und andre Arbeiten im »Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels«, herausgegeben von der historischen Kommission des Börsenvereins, der er seit ihrer Begründung (1878) angehörte. Auch besorgte er die Herausgabe des von Fr. Kapp unvollendet hinterlassenen ersten Bandes von dessen »Geschichte des deutschen Buchhandels« und veröffentlichte außerdem: »Die Anfänge der kirchlichen Toleranz in Sachsen. August der Starke und die Reformierten«, zwei Vorträge (Leipz. 1872), und »Geschichte der reformierten Gemeinde in Leipzig« (das. 1874). Die Universität Leipzig verlieh ihm 1878 das Ehrendoktordiplom.

4) Theodor, deutsch-amerikan. Schriftsteller, geb. 8. Jan. 1828 in Ütersen, gest. 10. März 1899 in San Francisco, besuchte das Gymnasium in Lübeck und die Polytechnische Schule in Hannover, beteiligte sich am schleswig-holsteinischen Krieg und ging dann nach Amerika, wo er viel umherreiste und sich 1869 als Mitteilhaber eines Juweliergeschäfts in San Francisco niederließ. Mit seinem Bruder Ch risk i an in Altona veröffentlichte er »Lieder des Krieges und der Liebe« (Dresd. 1864) und »Adelpha« (das. 1869); allein: »Reisebilder und Skizzen aus Amerika« (Altona 1875–76, 2 Bde.), »Balladen und neue Gedichte« (das. 1883), »Kalifornische Kulturbilder« (Kassel 1886), »Eine Reise nach Hawaï« (Altona 1890) und die episch-lyrische Dichtung »Ein Auswandererleben« (New York 1899).

5) Alfred, Geograph, geb. 23. Mai 1838 in Erfurt, studierte 1858–61 in Jena und Bonn Naturwissenschaften, war darauf Lehrer an den Realschulen zu Mülheim a. d. Ruhr und Erfurt, seit 1865 an der Luisenstädtischen Gewerbeschule in Berlin, seit 1871 zugleich Dozent der Erdkunde an der Kriegsakademie daselbst und wurde 1873 Professor der Erdkunde an der Universität Halle. 1904 trat er in den Ruhestand und siedelte nach Mockau bei Leipzig über. Er schrieb: »De Labiatarum organis vegetativis« (Erfurt 1861); »Schulbotanik« (in 3 Kursen, Halle 1865); »Die Idee der Pflanzenmetamorphose bei Wolff und bei Goethe« (Berl. 1867); »Die ältesten Weistümer der Stadt Erfurt« (Halle 1870); »Erfurt im 13. Jahrhundert« (Berl. 1870); »Beiträge zur Bevölkerungsstatistik von Erfurt« (Erf. 1871); »Schulgeographie« (19. Aufl., Halle 1905); »Thüringen doch Hermundurenland« (Leipz. 1882); »Gustav Adolf und Erfurt« (im »Lutherfest-Almanach«, Erf. 1883; Sonderausg. 1896); »Volapük. Hilfsbuch zum schnellen und leichten Erlernen dieser Weltsprache« (1.–3. Aufl., Halle 1887); »Pflanzen- und Tierverbreitung« (in der »Allgemeinen Erdkunde« von Hann, Hochstetter und Pokorny, 5. Aufl., Prag 1899); »Mensch und Erde« (2. Aufl., Leipz. 1905); »Die Schutzgebiete des Deutschen Reichs« 4. Aufl., Halle 1902); »Erdkunde für Schulen« (2 Tle., 11. Aufl., das. 1904). Unter Mitwirkung andrer Geographen gab er eine »Länderkunde von Europa« heraus(Leipz. u. Prag 1887–1905, 5 Bde.). Seit 1887 leitet er im Auftrage der Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland die Herausgabe der »Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde« (Stuttg.), neben welchen die »Anleitung zur deutschen Landes- und Volksforschung« (unter Mitwirkung von Fachgelehrten, das. 1889) erschien; 1891–1904 gab er das »Archiv für Landes- und Volkskunde der Provinz Sachsen nebst angrenzenden Landesteilen« (Halle), mit Fitzner die »Bibliothek der Länderkunde« (Berl. 1898 ff.), ferner den »Bericht über die neuere Literatur zur deutschen Landeskunde« (Bd. 1, mit Hassert, das. 1901; Bd. 2, mit Regel, Bresl. 1904) heraus. Auch bearbeitete er die 5. und 6. Aufl. von Peschels »Völkerkunde« (Leipz. 1881 u. 1885) und veröffentlichte »Rassenbilder« (Kassel 1883, 12 Tafeln) und »Charakterbilder zur Länderkunde« (mit A. Supan, das. 1884).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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