Hassenpflug

Hassenpflug

Hassenpflug, 1) Hans Daniel Ludwig Friedrich, kurhess. Minister, geb. 26. Febr. 1794 in Hanau, gest. 10. Okt. 1862 in Marburg, studierte 1812–13 und 1814–16 in Göttingen, wo er Mitglied der Burschenschaft war, die Rechte, machte den Feldzug von 1813 als Freiwilliger mit und wurde 1821 Assessor bei dem Oberappellationsgericht zu Kassel, im März 1832 Ministerialrat und Mitglied des kurhessischen Gesamtstaatsministeriums, 19. Mai Justizminister und 27. Mai zugleich Minister des Innern. Sofort begann er den Kampf gegen die kurhessische Verfassung von 1831, unterdrückte die Presse, bestritt die Rechte der Ständeversammlung und setzte ihre legislatorische Mitwirkung durch Verordnungen außer Kraft. Auch sonst diente er der Reaktion auf staatlichem wie auf kirchlichem Gebiet, und seine hervorragende Begabung, Gewandtheit und Geschäftskenntnis war ihm dabei sehr förderlich (vgl. »Aktenstücke, die landständischen Anklagen wider den kurfürstlich hessischen Staatsminister H. betreffend«, Tübing. 1836). Der Kurprinz-Regent, mit seiner Person unzufrieden, ärgerte ihn bei jeder Gelegenheit. Daher erhielt H. im Juli 1837 die ihm vorher verweigerte Entlassung aus dem kurhessischen Staatsdienst, ward im November 1838 Chef der Regierung und des Hofgerichts für Hohenzollern-Sigmaringen und trat im Juni 1839 als Zivilgouverneur an die Spitze der Verwaltung des neu zu organisierenden Großherzogtums Luxemburg. Doch glaubte er die Interessen des Landes durch die niederländische Regierung beeinträchtigt, nahm 1840 seine Entlassung, fand in Preußen einen Wirkungskreis, ward 1841 Mitglied des Obertribunals in Berlin und 1846 Präsident des Oberappellationsgerichts in Greifswald. Wegen angeblicher Fälschung eines Rechnungsbelegs (es war nur eine geringfügige Fahrlässigkeit) in einen Prozeß verwickelt, aber freigesprochen, schied er aus dem preußischen Staatsdienst, traf 22. Febr. 1850 wieder in Kassel ein und trat nach der an demselben Tag erfolgten Entlassung des Märzministeriums an die Spitze der Verwaltung. Sofort nahm er den Kampf gegen die Stände wieder auf, rief im September 1850 den restaurierten Bundestag zum Einschreiten an und beseitigte unter dem Schutz des Bundes die Verfassung von 1831. Seine Wirksamkeit in Kurhessen dauerte aber nur so lange, wie er dem Kurfürsten, der ihn haßte, unentbehrlich war. Auf wiederholtes Ansuchen 16. Okt. 1855 entlassen, siedelte H. nach Marburg über. Vgl. Hessen-Kassel (Verfassungskämpfe).

2) Karl, Bildhauer, Sohn des vorigen, geb. 5. Jan. 1824 in Kassel, gest. daselbst 18. Febr. 1890, kam nach Berlin in das Atelier von Wichmann und war 1844–47 Schüler von Schaller in München. Von 1848–50 verweilte er in Rom und modellierte dort die Gruppe: Simson und Delila. Nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete er in Hannover für das neue Theater und hielt sich dann in Kassel auf, wo er mehrere Arbeiten für die Elisabethkirche in Marburg und die Michaelskirche in Fulda ausführte. 1856 ging er zum zweitenmal nach Rom und schuf dort aus dem Mythenkreis seine schönsten Arbeiten von größter Lieblichkeit der Formen, darunter die Marmorgruppe: Amor und Psyche (für den König Friedrich Wilhelm IV.), Eros und Anteros (Museum in Köln), Ariadne, Galatea von Amorinen umgeben. 1868 ward er Professor an der Akademie seiner Vaterstadt und schuf daselbst für das Orangeriegebäude mehrere Medaillons hessischer Fürsten und für das Galeriegebäude die Gruppen der Giebelfelder.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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