Hüftgelenkentzündung

Hüftgelenkentzündung

Hüftgelenkentzündung (Coxitis, Coxarthrocace). Im Hüftgelenk kommt neben den andern unter »Gelenkentzündung« beschriebenen Arten von Entzündung als häufigste und wichtigste Entzündungsform die Tuberkulose vor. Sie findet sich vorzugsweise im Kindesalter und bei jüngern Personen vor, verläuft fast immer langwierig und führt häufig zur Zerstörung oder Verödung des Hüftgelenks. Die Krankheit tritt bald nach einer bestimmten Veranlassung auf, z. B. nach einem Fall oder Schlag auf die Hüftgegend, bald entwickelt sie sich ganz schleichend. Sie beginnt meist im Knochen des Schenkelkopfes oder -Halses und bricht von hier in das Gelenk durch, seltener beginnt sie in der Synovialhaut und greift von hier auf den Knochen über. Die H. gibt sich zu erkennen durch mehr oder weniger heftige vom Hüftgelenk über die innere Schenkelfläche bis zum Knie ausstrahlende Schmerzen. Häufig sind die Schmerzen in dem übrigens gesunden Kniegelenk lebhafter als in dem erkrankten Hüftgelenk, so daß man über den Sitz der Krankheit getäuscht werden kann. Dabei verschlimmern sich jedoch die Schmerzen im Hüftgelenk bei Druck auf das Gelenk oder den großen Rollhügel, während der Knieschmerz durch Druck auf das Knie nicht zunimmt. Das Stehen und Gehen ist sehr beschwerlich oder unmöglich. Der Kranke schont instinktiv das Bein der ergriffenen Seite, wodurch das sogen. freiwillige Hinken zustande kommt. Er stützt sich dabei ausschließlich auf das gesunde Bein, zieht die kranke Hüfte in die Höhe, beugt das Knie und berührt den Boden nur mit der Fußspitze: die kranke Extremität ist scheinbar verkürzt. Wenn die H. nicht in den frühern Stadien Halt macht und in Heilung übergeht (die dann eine vollständige sein kann), so erfahren die Gelenkenden im weitern Verlauf schwere Veränderungen: der Knorpelüberzug wird zerstört, der entblößte Knochen wird rauh, stirbt teilweise ab, die Bruchstücke desselben bröckeln ab und mischen sich der im Gelenk enthaltenen eiterigen Flüssigkeit bei; auf diese Weise kann der ganze Schenkelkopf zerstört werden. An der Innenseite der Kapselmembran entwickelt sich ein chronischer ulzerierender Entzündungsprozeß; um das Gelenk bilden sich allmählich kalte Abszesse und Fistelgänge, die durch die Haut nach außen aufbrechen und Eiter entleeren. Dabei stellt sich Fieber ein; der Kranke magert ab und geht häufig an Erschöpfung oder durch allgemeine Tuberkulose zugrunde. Der zerstörte Schenkelkopf verläßt nicht selten die Pfanne und nimmt seine Stellung gewöhnlich auf dem Rücken des Darmbeins, worauf die kranke Extremität verkürzt, nach innen gedreht und im Knie etwas gebogen erscheint. Wenn der Kranke nicht dem Fieber und der Erschöpfung unterliegt, so können sich die kranken Gewebsteile allmählich abstoßen und teilweise durch die Fisteln entfernt werden; dann läßt die Eiterung allmählich nach, zuletzt können sich die Fisteln schließen, das Fieber schwindet, und es erfolgt eine unvollkommene Heilung. Sie besteht entweder darin, daß der Schenkelkopf mit der Pfanne zu einem Knochen verschmilzt und jede Bewegung im Hüftgelenk für immer unmöglich wird, oder daß sich der meist nach hinten verrenkte Schenkelkopf auf dem Darmbein eine neue Pfanne bildet, der Schenkel also zwar beweglich bleibt, aber seine Stellung fehlerhaft ist und bleibt, das kranke Bein dauernd verkürzt wird, das Becken schief gestellt ist, eine ausgleichende Krümmung der Wirbelsäule entsteht, kurz, eine total veränderte Haltung des Körpers und ein stark hinkender Gang eintritt. – Die Behandlung der H. ist zunächst, namentlich bei Kindern, eine konservative. Der Kranke muß zu Bett liegen, das Hüftgelenk wird festgestellt und Belastung desselben vermieden. Dies geschieht durch verschiedenartige Schienenverbände oder durch den Extensionsverband, d. h. durch dauernde Zugwirkung an dem kranken Bein mittels Gewichtsbelastung. Später kann man die Kranken umhergehen lassen in Gehverbänden, die jede Belastung des kranken Gelenkes verhüten, indem sie am Rumpf ihren Stützpunkt suchen. Schreitet das Leiden fort, so wird operativ alles kranke Gewebe unter möglichster Schonung des gesunden entfernt; nur bei schwerer Zerstörung wird die völlige Resektion des Gelenkes vorgenommen. Die Heilerfolge sind bei Kindern erheblich besser als bei Erwachsenen. – H. alter Leute (Malum senile coxae), s. Gelenkentzündung, S. 521. – H. der Haustiere oder Hüftgelenklahmheit, s. Hüftlahmheit.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Hüftgelenkentzündung — (Coxītis), langwieriges Leiden, vorwiegend bei Kindern, führt oft zur Zerstörung und Versteifung des Hüftgelenks und dadurch zur Verkürzung des Beins und Hinken (freiwilliges Hinken). Über H. der Greise s. Gelenkentzündung …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Hüftgelenkentzündung — ↑Koxitis …   Das große Fremdwörterbuch

  • Hüftgelenkentzündung — Hụ̈ft|ge|lenk|ent|zün|dung 〈f. 20; Med.〉 mit Schmerzen, Schwellung u. Beweglichkeitsstörungen verbundene Entzündung des Hüftgelenks; Sy Koxitis * * * Hụ̈ft|ge|lenk|ent|zün|dung, die (Med.): Entzündung des Hüftgelenks. * * * Hüftgelenkentzündung,… …   Universal-Lexikon

  • Coxa — (lat.), die Hüfte; Coxalgie, Hüftschmerz; Coxarthrocace, Hüftgelenkentzündung; Coxitis, Hüftgelenkentzündung …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Henning Waldenström — Johan Henning Waldenström (* 14. August 1877 in Uppsala; † 23. Januar 1972 in Stockholm) war ein schwedischer Orthopäde. Er studierte am Karolinska Institut Medizin und war anschließend an der Kronprinsessan Lovisas vårdanstalt, einem… …   Deutsch Wikipedia

  • Koxitis — Kox|i|tis auch: Ko|xi|tis 〈f.; , ti|den〉 = Hüftgelenkentzündung [zu lat. coxa „Hüfte“] * * * Koxitis   [zu lateinisch coxa »Hüfte«] die, /... tiden, Coxitis, die Hüftgelenkentzündung. * * * Ko|xi|tis …   Universal-Lexikon

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  • Hüftweh — (Ischias, Malumischiadicum, Sciatica), heftiger, meist rheumatischer, bisweilen von schleichender Entzündung verschiedener Beckentheile od. Hämorrhoidalcongestion derselben herrührender od. auch bereits nervös gewordener Schmerz in der… …   Pierer's Universal-Lexikon

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