Hinken

Hinken

Hinken (Claudicatio, Cholosis), derjenige fehlerhafte Gang, bei dem man mit dem einen Schenkel nicht vollständig ausschreiten und auftreten kann, daher man sich beim Gehen stärker und längere Zeit auf den gesunden als auf den kranken Schenkel stützt. Kann der Kranke mit beiden Schenkeln nicht vollständig ausschreiten und auftreten, dann erfolgt ein gleichsam doppeltes H., der sogen. wackelnde Gang. Jedes H. wird entweder durch einen Unterschied in der Länge der Schenkel oder durch Störungen in der Beweglichkeit derselben veranlaßt. Das H. ist ein Symptom verschiedener Übel, die nicht allein im Schenkel selbst, sondern auch im Becken, sa in der Unterleibshöhle und in der Brusthöhle begründet sein können. Das angeborne H. (claudicatio congenita) ist gleich mit der Geburt des Kindes gegeben, kann aber natürlich erst dann wahrgenommen werden, wenn das Kind zu laufen beginnt. Es ist am häufigsten eine Folge von Mißgestaltungen der Schenkelknochen und des Hüftgelenks, namentlich von angeborner Verrenkung des Schenkelkopfes, ferner von Verkürzungen und abnormen Krümmungen des Schenkels, von fehlerhafter Bildung des Fußes, von mangelnden, mißgestalteten Zehen etc. Die angeborne Hüftgelenksverrenkung ist beim weiblichen Geschlecht weit häufiger als beim männlichen. Das erworbene H. (c. acquisita) ist entweder Folge von einem Schmerz (z. B. Ischias) oder von einer Schwäche und Lähmung des einen Schenkels, oder es findet sich vor bei Fehlern der Schenkelknochen, Hüftgelenkentzündungen und Ankylose. Namentlich die Hüftgelenkentzündungen verursachen das sogen. freiwillige H., wobei das Knie gebogen und der Fuß nach innen oder außen gestellt ist. Ist der Schenkel verkürzt, wie z. B. nach schlecht geheilten Brüchen der Schenkelknochen oder bei Verrenkungen des Schenkelkopfes nach oben und hinten, so stellt sich ein H. ein, wobei der Fuß nur mit der Fußspitze auftritt. Bei der Ankylose ist stets H. vorhanden. Eine durch anfallsweises Eintreten nach stärkerer Bewegung ausgezeichnete Form des Hinkens (intermittierendes H.) beruht häufig auf Verkalkung (Arteriosklerose) der Schlagadern des Beines, infolgedessen kann der bei Bewegung erforderliche verstärkte Blutzufluß nicht eintreten, und es erfolgt eine vorübergehende schmerzhafte Schwäche des Beines. Die Vorhersage beim H. richtet sich nach der Möglichkeit der Beseitigung der Ursachen. Die angeborne Hüftgelenksverrenkung wird oft durch andauerndes (monatelanges) Liegen geheilt, wenn das Bein in nach außen gespreizter Stellung durch einen Verband festgehalten wird; in andern Fällen durch operative Vertiefung oder Neuherstellung einer Gelenkpfanne. Das Wackeln, Watscheln (vacillatio, claudicatio anatica) ist eigentlich nichts weiter als ein doppeltes H.; es kann dieselben Ursachen haben wie das gewöhnliche H., kommt am häufigsten vor bei rachitischen Individuen, außerdem bei Rückenmarksleiden und schwerfälligen Personen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу
Synonyme:

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hinken — (umgangssprachlich: Humpeln; veraltet: Lahmen; lateinisch: Claudicatio/Hinken; lat.: claudicare/hinken) ist eine Abweichung vom normalen Gang, eine Form der ein oder beidseitigen Gangstörung, eine Asymmetrie des Ganges in seinen Distanz und… …   Deutsch Wikipedia

  • Hinken — Hinken, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, lahm gehen, sich im Gehen mehr auf die eine als auf die andere Seite neigen. 1. Eigentlich. Mit oder auf Einem Fuße, mit beyden Füßen hinken. Einen hinkenden Gang haben. Und sie… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • hinken — Vsw std. (8. Jh.), mhd. hinken Vst., ahd. hincan Vst., mndd. hinken Stammwort. Aus g. * henk ō Vsw. hinken , auch in anord. hinka, ae. hincian. Daneben mit Ablaut mhd. hanken, mit s mobile anord. skakkr hinkend, schief . Das Wort ist… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • hinken — hinken: Die Bedeutung »lahm gehen« hat sich aus der Vorstellung des Krummen bzw. des Schiefen entwickelt. Mhd. hinken, ahd. hinkan, niederl. hinken, aengl. hincian, aisl. hinka sind mit den Sippen von ↑ Schinken und ↑ Schenkel verwandt und… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Hinken — Hinken, 1) Fehler des Gangs, indem bei jedem Fortschreiten der Körper auf eine Seite etwas schiefer sinkt; beruht auf Verkürzung od. Schwäche, od. auch auf einer schmerzhaften Affection des Fußes der leidenden Seite, od. einem Krankheitszustand… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Hinken — (Claudicatĭo), fehlerhafter Gang, entweder angeboren (Folge von Mißgestaltungen der Schenkelknochen, Schwäche der Muskulatur u.a.) oder erworben (Freiwilliges H.), auf Entzündung des Hüftgelenks beruhend; sind beide Extremitäten erkrankt, so… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Hinken — Hinken, eine unmittelbar in dem ungleichartigen Wirken der zum Gehen od. Laufen bestimmten Extremitäten des thierischen Körpers bedingte abnorme u. einseitige Gangesbewegung. Die Ursache des H.s ist entweder schon primär in dem Mechanismus des… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Hinken — ↑Klaudikation …   Das große Fremdwörterbuch

  • hinken — V. (Mittelstufe) ungleichmäßig gehen Synonym: humpeln Beispiel: Er hinkt auf dem linken Bein …   Extremes Deutsch

  • Hinken — Claudicatio; Charcot Syndrom; Claudicatio intermittens * * * hin|ken [ hɪŋkn̩]: 1. a) <itr.; hat [infolge eines Leidens an Bein oder Hüfte in der Fortbewegung behindert sein und daher] beim Gehen ein Bein nachziehen: seit dem Unfall hinkt er;… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”