- Friedenskonferenz
Friedenskonferenz, meist Haager Konferenz genannt, eine auf Veranlassung Kaiser Nikolaus' II. von Rußland (vgl. Friede, S. 106) vom 18. Mai bis 29. Juli 1899 im Haag tagende internationale Konferenz, die anfangs Abrüstungskonferenz hieß, da Kaiser Nikolaus durch sie insonderheit eine allgemeine Abrüstung herbeiführen wollte. Beteiligt waren an der Konferenz 26 Staaten: Belgien, Bulgarien, China, Dänemark, das Deutsche Reich, England, Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Luxemburg, Montenegro, Niederlande, Österreich-Ungarn, Persien, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden-Norwegen, Schweiz, Serbien, Siam, Spanien, Türkei, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Vereinigten Staaten von Mexiko. Der Papst war infolge des Widerspruchs Italiens nicht vertreten. Die Konferenz war in drei Kommissionen geteilt. Die erste behandelte die militär- und marinetechnischen Fragen, insonderheit die Frage, in welcher Weise eine Beschränkung der Kriegsrüstung erfolgen könnte; die zweite hatte die Verbesserung des Kriegsrechts auf Grund der Brüsseler Deklaration und die Ausdehnung der Genfer Konvention auf den Seekrieg zu beraten; die dritte endlich hatte den Entwurf eines Übereinkommens über das Schiedsverfahren und die Schiedsgerichte auszuarbeiten. Deutschland war vertreten durch den Botschafter Münster-Dermburg und durch drei ihm beigegebene Kommissare, den Obersten v. Schwarzhoff, den Münchener Universitätsprofessor Freiherr v. Stengel und den Göttinger Professor und Staatsrechtslehrer Zorn. Ergebnisse der F. Die Idee der Abrüstung, die den Anstoß zu der ganzen F. gab, fand, wie vorauszusehen, keine Verwirklichung, wohl aber kamen drei Konventionen, betreffend 1) die friedliche Erledigung internationaler Streitfälle, 2) die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges und 3) die Anwendung der Grundsätze der Genfer Konvention vom 22. Aug. 1864 auf den Seekrieg, und drei Deklarationen, betreffend das Verbot 1) Geschosse und Sprengkörper aus Luftballons oder auf andre, ähnliche neue Arten zu schleudern, 2) Geschosse zu verwenden, deren alleiniger Zweck die Verbreitung von erstickenden oder betäubenden Gasen ist, 3) Geschosse zu verwenden, die sich im menschlichen Körper leicht ausdehnen oder abplatten, wie die Geschosse mit hartem Mantel, der den Kern nicht ganz bedeckt oder mit Einschnitten versehen ist. Leider sind die Konventionen und Deklarationen nicht von allen Staaten unterzeichnet worden. Spätern Konferenzen wurden vorbehalten: 1) die Revision der Genfer Konvention, 2) die Feststellung der Rechte und Pflichten der Neutralen, 3) die Frage der Einführung bestimmter Typen und Kaliber für Marinegeschütze und Gewehre, 4) etwaige Vereinbarungen über die Herabsetzung der Kriegsbudgets und die Beschränkung der Land- und Seestreitkräfte, 5) die Frage nach der Unverletzbarkeit des Privateigentums im Seekrieg und 6) die Beschießung offener Häfen, Seestädte und Ortschaften durch Seestreitkräfte. Die Ergebnisse der F. wurden niedergelegt in einer Finalakte. Wenn die F. auch nicht das erreicht hat, was man von mancher Seite von ihr gehofft hat, so bedeutet sie doch unzweifelhaft einen großen Fortschritt auf dem Gebiete des Völkerrechts, einmal durch ihre Humanisierung des Krieges und sodann durch die Möglichkeit, internationale Streitigkeiten vor dem ständigen Schiedsgericht auszutragen. Vgl. die amtliche Aktensammlung: »Conference internationale de la Paix« (Haag 1900); Fried, Die Haager F. (Berl. 1900); Zorn, Die völkerrechtlichen Ergebnisse der Haager Konferenz (in der »Deutschen Rundschau«, Bd. 26, S. 120ff.); Mérignhac, La Conférence de la Paix (Par. 1900); Holls, The Peace Conference at the Hague (New York 1900); v. Martens, La Conference de la Paix á la Haye (Par. 1900).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.