- Franklin [2]
Franklin, 1) Benjamin, nordamerikan. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 17. Jan. 1706 in Boston als 15. Kind eines Seifensieders, gest. 17. April 1790, trat erst in das väterliche Geschäft, wurde aber im 12. Jahr einem ältern Stiefbruder, einem Buchdrucker, in die Lehre gegeben. Hier widmete er jede freie Stunde seiner Ausbildung durch das Lesen nützlicher Bücher. Bald versuchte er sich auch als Schriftsteller. Seine ersten Versuche waren Aufsätze für eine von seinem Bruder herausgegebene Zeitung. Als dieser später wegen eines mißliebigen Artikels ins Gefängnis gesetzt wurde, übernahm F. die Redaktion des Blattes und ließ es sodann unter seinem Namen erscheinen. Mißhelligkeiten mit seinem Bruder veranlaßten ihn 1723, Boston zu verlassen; er begab sich 1724 nach London, um das zur Errichtung einer eignen Druckerei Notwendige einzukaufen. Er gab jedoch diesen Plan auf und nahm in London eine Stelle in der Palmerschen Druckerei an, wo er die Bekanntschaft mit mehreren ausgezeichneten Männern machte, deren Umgang den Kreis seiner Anschauungen bedeutend erweiterte. 1726 ging er wieder nach Amerika und errichtete 1728 eine eigne Buchdruckerei, die bald zu solcher Blüte gelangte, daß er die Leitung einer Zeitung übernehmen konnte. Auch verheiratete er sich jetzt mit Miß Read, mit der er sich schon 1724 verlobt, die aber während seiner Abwesenheit in England einen andern geheiratet hatte. Bald eröffnete er eine Buch- und Papierhandlung und gründete einen Verein zur Ausbildung von Kaufleuten und Handwerkern sowie 1731 eine Bibliothek, Anstalten, die bald auch in den übrigen Kolonien Nachahmung fanden. Nebenbei betrieb er zu seiner eignen Ausbildung das Studium neuer und alter Sprachen. Seit 1736 Sekretär des Kolonialparlaments von Pennsylvanien und 1737 auch zum Oberpostmeister von Pennsylvanien ernannt, nahm er nun mehr als früher an den öffentlichen Geschäften teil und bewirkte die Errichtung einer Miliz, eines Feuerrettungsvereins, einer Akademie zur Erziehung der pennsylvanischen Jugend, die Pflasterung der Straßen und andres Gemeinnützige. Der Gouverneur und das Kolonialoberhaus begehrten seinen Rat bei allen öffentlichen Maßregeln und beauftragten ihn unter anderm 1743, den Plan einer Philosophischen Gesellschaft für Amerika zu entwerfen, deren Vorstand er bis an sein Lebensende blieb. In diese Zeit fallen auch seine elektrischen Versuche, die zu der Erfindung des Blitzableiters (s.d.) und des elektrischen Drachen führten. Nachdem Buffon seine Schrift »New experiments and observations on electricity« übersetzt und dadurch über ganz Europa verbreitet hatte, ernannte die Königliche Gesellschaft in London F. zu ihrem Mitglied und überschickte ihm 1753 ihre goldene Preismedaille. 1747 zum Mitglied der Kolonialversammlung von Pennsylvanien gewählt, machte er sich bald als eifriger Kämpfer der Volkspartei bemerklich, und 1753 zum Generalpostmeister aller englisch-amerikanischen Kolonien ernannt, faßte er den großen Gedanken einer Bundesverfassung, eines Kongresses und einer Zentralregierung aller nordamerikanischen Kolonien. Die Expedition des englischen Generals Braddock gegen die von Kanada aus mit einem Angriff drohenden Franzosen unterstützte er auf jede Weise, und als dieselbe unglücklich ablief, setzte er eine Bill durch, betreffend Bildung einer Miliz von Freiwilligen. Er selbst wurde beauftragt, an der von den Indianern unsicher gemachten Nordwestgrenze eine Linie von Forts zu errichten. Indes war seine militärische Laufbahn nur kurz, da ihn die pennsylvanische Landesversammlung in Angelegenheiten ihres Konflikts mit den Kolonieeigentümern, die Steuerfreiheit für sich beanspruchten, 1757 nach England sendete. Nach glücklicher Beendigung seines Geschäfts blieb F. als pennsylvanischer Geschäftsträger in London, auch andre Provinzen wählten ihn zu ihrem Vertreter bei der Regierung. 1762 nach Philadelphia zurückgekehrt, ging F., als die verhängnisvollen Unruhen wegen der Stempelakte ausbrachen, 1766 abermals als Agent von Pennsylvanien und andern Staaten nach England und verteidigte hier sogar im Parlament (13. Febr. 1766) ebenso freimütig wie einsichtsvoll die Freiheiten der Kolonien, worauf dann auch die Stempelakte zurückgenommen wurde. Da er aber die Sache der Kolonien furchtlos vertrat, wurde er der Regierung mißliebig, verlor seine Generalpostmeisterstelle und kam bei dem Ausbruch der Feindseligkeiten in Gefahr, festgenommen zu werden. Daher kehrte er im März 1775 nach Philadelphia zurück, wo er zum Kongreßmitglied ernannt und an die Spitze des Sicherheitsausschusses gestellt wurde. In dieser Stellung hatte er hervorragenden Anteil an der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776. Zur Beschaffung der Hilfsmittel für Aufrechthaltung dieses Beschlusses schlug er die Ausgabe von Papiergeld vor, wozu er aus seinem eignen Vermögen 4000 Pfd. Sterl. gab Ende 1776 begab er sich nach Frankreich, wo er mit höchster Achtung begrüßt wurde und nach Abschluß des Allianzvertrags vom 6. Febr. 1778 als bevollmächtigter Minister der 13 vereinigten Staaten Nordamerikas auftrat. Auch an den Friedensverhandlungen von 1783 war er beteiligt. Nach Amerika zurückgekehrt, wurde er dreimal durch die einstimmige Wahl seiner Mitbürger Gouverneur des Staates Pennsylvanien, als dessen erster Abgeordneter beim Kongreß er zur Befestigung der jungen Freiheit mitwirkte. Alter und Steinschmerzen nötigten ihn, 1788 sich vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. Kurz vor seinem Tod unterzeichnete er als Vorsitzender des Vereins zur Aufhebung der Sklaverei eine Denkschrift an das Repräsentantenhaus. Der Kongreß verordnete zu Ehren seines größten Bürgers eine Nationaltrauer auf einen Monat. Für seinen Grabstein hatte F. selbst folgende Inschrift bestimmt: »Hier liegt der Leib Benjamin Franklins, eines Buchdruckers (gleich dem Deckel eines alten Buches, aus dem der Inhalt herausgenommen, und der seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist), eine Speise für die Würmer; doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern (wie er glaubt) dermaleinst erscheinen in einer neuen schönern Ausgabe, durchgesehen und verbessert von dem Verfasser«. Durch eifrige Förderung von Erziehungsanstalten wirkte er für die Bildung der Jugend und für die Belehrung der Handwerker, während er die moralische, geistige und politische Bildung des Volkes durch die Presse, durch Volksschriften und vorzüglich durch seine »Pennsylvanische Zeitung« und seinen vortrefflichen »Volkskalender« zu heben suchte. Berühmt ist der in Frankreich auf ihn gedichtete Vers:
Eripuit coelo fulmen, sceptrumque tyrannis.
(Er entriß dem Himmel den Blitz, den Tyrannen das Zepter.)
1856 wurde ihm in Boston ein Standbild errichtet. Sammlungen von Franklins Werken erschienen zu London 1793 in 2 Bänden und 1806 in 3 Bänden, vollständiger von Franklins Enkel William Temple F. (das. 1818–19) und von Sparks (neue Ausg., Chicago 1882, 10 Bde., mit Biographie); die vollständigste Ausgabe besorgte Bigelow (1887–89, 10 Bde.); eine deutsche Bearbeitung lieferte A. v. Binzer (Kiel 1829, 4 Bde.). Franklins kleinere Schriften und die Korrespondenz wurden mehrfach herausgegeben, seine Autobiographie, bis zum J. 1757 reichend, von Bigelow (Philad. 1868 u. ö., zuletzt New York 1900; deutsch von F. Kapp, 4. Aufl., Berl. 1882, und von K. Müller in Reclams Universal-Bibliothek). Von neuern Biographien sind hervorzuheben die von Parton (New York 1864, 2 Bde.), Mc. Master (»Benjamin F. as a man of letters«, Boston 1887), Hale (»F. in France«, das. 1887–88, 2 Bde.), Morse (das. 1889) und Robins (New York 1898); Ford, Franklin Bibliography (das. 1897).
2) Sir John, berühmter engl. Seefahrer, geb. 16. April 1786 in Spilsby (Lincolnshire), gest. 11. Juni 1847, nahm 1801 als Seekadett teil an dem Bombardement von Kopenhagen, begleitete 1801–03 Flinders (s.d.) auf seiner Entdeckungsreise nach Australien, focht 1805 auf dem Bellerophon bei Trafalgar, wurde 1815 vor New Orleans bei der Wegnahme eines amerikanischen Kanonenboots verwundet und kommandierte 1818 bei der Nordpolexpedition des Kapitäns Buchan die Brigg Trent. 1819 unternahm er im Auftrag der Regierung mit Richardson und Back eine Expedition zu Lande nach den Mündungen des Kupferminenflusses, erreichte sie von Fort York aus im Juli 1821, untersuchte die Küste ostwärts bis zum Kap Turnagain, entging aber auf der Rückkehr nach Fort York durch die Barren Grounds mit Mühe dem Hungertode. Zum Kapitän befördert, unternahm er 1825–27 mit Back und Richardson eine neue, erfolgreiche Reise, auf der er den Mackenzie bis zur Mündung hinabfuhr und die Eismeerküste westwärts bis Point Beechey und durch Richardson ostwärts bis zum Kupferminenfluß erforschte. Nach seiner Rückkehr zum Ritter und Doktor der Rechte an der Universität Oxford ernannt, befehligte er 1830–33 das Linienschiff Rainbow im Mittelmeer, war 1836–43 Gouverneur auf Vandiemensland und übernahm 1844 die Leitung einer Polarexpedition, die durch die Baffinbai und den Lancastersund auf dem von Parry eingeschlagenen Wege zur Beringstraße vordringen sollte. Mit den Schiffen Erebus und Terror unter den Kapitänen Crozier und Fitzjames und einer Bemannung von 138 Personen verließ die Expedition 19. Mai 1845 die Themse und wurde zuletzt 26. Juli in der Melvillebai von dem Walfischfängerkapitän Danner angesprochen, der Franklins letzte hoffnungsfrohe Briefe an die Admiralität mitnahm. Als drei Jahre lang keine weitern Nachrichten von der Expedition einliefen, beunruhigte man sich ernstlich um das Schicksal Franklins und seiner Gefährten, und zahlreiche Hilfsexpeditionen (Franklinexpeditionen, s. Nordpolarexpeditionen) wurden abgesandt. Aber erst 1850 fand man auf der Beechey-Insel die ersten Spuren der Vermißten, drei Gräber mit Inschriften, die bewiesen, daß die Expedition hier den ersten Winter von 1845–46 zugebracht hatte. Weitere Nachrichten erhielt John Rae (s.d.) 1853 auf der Boothia-Halbinsel von Eskimos, die berichteten, daß vor einigen Jahren eine Anzahl weißer Männer jenseit des Großen Fischflusses durch Mangel an Lebensmitteln umgekommen sei; auch tauschte Rae mehrere unzweifelhaft der Franklinexpedition zugehörige Gegenstände ein. Die englische Admiralität gab nun weitere Nachforschungen auf. Lady F. (gest. 48. Juli 1875 in London) aber rüstete 1857 das kleine Schraubenschiff Fox unter Befehl des Kapitäns M'Clintock aus, das im Mai 1859 auf King William-Land ein von den Offizieren Crozier und Fitzjames herrührendes Schriftstück vom 25. April 1848 auffand, wonach die beiden Schiffe Erebus und Terror 12. Sept. 1846 nahe der Nordwestküste von King William-Land vom Eis eingeschlossen und nach dem Tode Franklins 22. April 1848 verlassen worden waren. Die Überlebenden, 105 an der Zahl, wollten unter Croziers Kommando den Großen Fischfluß erreichen, waren aber unterwegs dem Klima und den Strapazen erlegen. 1879 hat die Expedition unter Schwatka (s.d.) weitere Spuren und Überreste gefunden, aber keine Schriften. F. veröffentlichte: »Narrative of a journey to the shores of the Polar Sea in the years 1819–1822« (Lond. 1823, 2 Bde.; deutsch, Weim. 1824, 2 Bde.) und »Narrative of a second expedition to the shores of the Polar Sea 1825–1827« (Lond. 1828; deutsch, Weim. 1829). Vgl. A. H. Markham, Life of Sir John F. and the North West Passage (Lond. 1891); Traill, Life of Sir John F. (das. 1896).
3) Otto von, Rechtshistoriker, geb. 27. Jan. 1831 in Berlin, studierte in Breslau und Berlin, habilitierte sich nach neunjähriger juristischer Praxis 1860 für deutsches und öffentliches Recht in Breslau und wurde 1863 ordentlicher Professor in Greifswald, 1873 in Tübingen. Schon als Student schrieb er: »Die deutsche Politik Friedrichs I., Kurfürsten von Brandenburg« (Berl. 1851) und erhielt für dieses Erstlingswerk die Medaille für Wissenschaft und Kunst. Von seinen sonstigen Werken sind zu nennen: »Magdeburger Weistümer für Breslau« (Bresl. 1856); »De justitiariis curiae imperialis« (das. 1860); »Beiträge zur Geschichte der Rezeption des römischen Rechts in Deutschland« (Hannov. 1863); »Das Reichshofgericht im Mittelalter« (Weim. 1867–69, 2 Bde.); »Sententiae curiae regiae. Rechtssprüche des Reichshofs im Mittelalter« (Hannov. 1870); »Das königliche Kammergericht vor dem Jahr 1495« (Berl. 1871); »Das deutsche Reich nach Severinus von Monzambano« (Greifsw. 1872); »Geschichte und System des deutschen Privatrechts« (Tübing. 1878, 2. Aufl. 1892); »Die freien Herren und Grafen von Zimmern« (Freib. i. Br. 1884). Seit 1897 ist er Mitherausgeber des »Archivs für die zivilistische Praxis.«
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.