- Erbeinsetzung
Erbeinsetzung, die Zuwendung seines Vermögens oder eines Bruchteils hiervon seitens eines Erblassers an einen Dritten, den sogen. Bedachten (§ 2087 des Bürgerlichen Gesetzbuches); die Bezeichnung als Erbe ist nicht notwendig, jedoch muß die E. so erfolgen, daß die Person des Eingesetzten mit Sicherheit festgestellt werden kann. Ist diese Feststellung jedoch durchaus unmöglich, so fehlt es an einer wirksamen E. Gleich andern Rechtsgeschäften kann jedoch auch die E. unter einer Bedingung (s. d.) oder Befristung (s. Frist) geschehen. Ist durch die E. nicht die ganze Erbschaft erschöpft, so tritt bezüglich des übrigen Teiles die gesetzliche Erbfolge ein. Sollen die eingesetzten Erben nach dem Willen des Erblassers die alleinigen Erben sein, so tritt bei Überschreitung der Erbschaft eine verhältnismäßige Minderung, bei Nichterschöpfung derselben eine verhältnismäßige Erhöhung und bei Nichtangabe der Bruchteile eine gleichmäßige Bestimmung derselben ein. Sind die einen der Erben auf Bruchteile, die andern ohne solche eingesetzt, so haben die letztern den Rest der Erbschaft gleichmäßig zu teilen; erschöpfen dagegen die Bruchteile bereits die Erbschaft, so hat eine verhältnismäßige Minderung derselben in der Aleise zu geschehen, daß jeder der ohne Bruchteil eingesetzten Erben wenigstens so viel erhält, als der mit dem geringsten Bruchteil Bedachte. Setzt der Erblasser für den Fall des Wegfalls eines Erben einen andern als Erben ein (Ersatzerbe), so erhält dieser die auf jenen fallende Erbschaftsquote, sind die Erben dagegen gegenseitig als Ersatzerben eingesetzt, oder sind für einen wegfallenden die übrigen eingesetzt, so erben sie, mangels besonderer Bestimmungen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile als Ersatzerben, befinden sich untei diesen wechselseitig eingesetzten Erben solche, die auf einen gemeinschaftlichen Erbteil eingesetzt sind, so sind diese im Zweifel zunächst Ersatzerben unter sich, und ihnen insgesamt sind erst die übrigen Miterben substituiert. Vgl. auch Anwachsungsrecht. Wie der Erblasser bei Wegfall des einen Erben einen andern als Ersatzerben bestimmen kann, so hat er auch das Recht, einen Erben in der Weise einzusetzen, daß dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein andrer Erbe gewesen ist. Der erstere heißt dann der Vorerbe, der letztere der Nacherbe. Der Zweck einer derartigen Bestimmung ist meist die Erhaltung und Sicherung des Vermögens für die Nacherben bei Unzuverlässigkeit des Vorerben. Ist nichts andres bestimmt, so geht die Erbschaft mit dem Tode des Vorerben auf den Nacherben über, da jedoch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch die Zahl der Nacherben unbeschränkt ist und infolgedessen eine unbegrenzte Festlegung der Erbschaft möglich wäre, bestimmt § 2109, daß mit Ausnahme von zwei Fällen die Einsetzung eines Nacherben mit dem Ablauf von 30 Jahren nach dem ersten Erbfall unwirksam werden solle, falls nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Um das vom Erblasser erstrebte Ziel, Erhaltung des Vermögens, zu erreichen, sind dem Vorerben eine Reihe von Beschränkungen in der Benutzung und Verfügung der Erbschaft auferlegt. So darf erz. B. über Grundstücke nur so weit verfügen, als dadurch nicht offensichtlich das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt wird. Ist dies der Fall, so sind derartige Verfügungen beim Eintritt der Nacherbfolge unwirksam. Ähnlichen Beschränkungen unterliegt er bezüglich Schenkungen, die er macht, bezüglich der Kündigung von Hypothekenforderungen, der Verwertung von Inhaberpapieren etc. Kurz, sein ganzes Tun und Lassen wird durch die erzwingbare Pflicht bestimmt, das Stammvermögen möglichst ungeschmälert dem Nacherben zu erhalten, es sei denn, daß der Nacherbe nur auf das, was übrigbleibt, eingesetzt wurde. Befürchtet der Nacherbe, daß der Vorerbe seinen Pflichten nicht nachkommt, so kann er unter anderm die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses, die Ausstellung eines Wirtschaftsplanes, die Stellung einer Sicherheitsleistung verlangen, ja er ist sogar in der Lage, die Entziehung des Verwaltungsrechtes und der Verfügungsgewalt durch Einsetzung eines Erbschaftsverwalters gegen den Vorerben durchzusetzen. Bei Konkurs des Vorerben ist eine Veräußerung von Nachlaßgegenständen nur so weit zulässig, als dadurch die Rechte des Nacherben nicht beeinträchtigt werden (Bürgerliches Gesetzbuch, § 2115, und Konkursordnung, § 128). Die Rechte des Vorerben erlöschen mit dem Eintritt des Falles der Nacherbenfolge, und der Nacherbe tritt im wesentlichen an die Stelle des Vorerben.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.