Cellīni

Cellīni

Cellīni (spr. tschell-), Benvenuto, ital. Goldschmied und Bildhauer, geb. 3. Nov. 1500 in Florenz als Sohn des Architekten Giovanni C., gest. daselbst 13. Febr. 1571, sollte sich der Musik widmen, zeigte aber mehr Neigung für die Plastik und kam in seinem 13. Jahr zu dem Goldschmied Michelangelo di Viviano, später zu Marciano in die Lehre, führte aber bald wegen seiner Rauflust, seiner Unverträglichkeit und seines rastlosen Ehrgeizes ein unstetes Wanderleben zwischen Florenz und Rom, wo er 1523 längern Aufenthalt nahm. Clemens VII. nahm ihn wegen seiner doppelten Fähigkeit als Goldschmied und Musikus in seine Dienste. In dieser Zeit übte sich C. auch im Stahlstempelschneiden, in der Treibarbeit, im Tauschieren und in der Kunst des Emaillierens. 1527 unterbrachen die kriegerischen Vorfälle in Rom seine Künstlertätigkeit; der Herzog von Bourbon, der die Stadt plündern ließ, soll nach Cellinis Behauptung, zu dessen Charaktereigenschaften auch große Prahlsucht gehörte, durch seine Büchsenkugel und der Prinz von Oranien durch einen seiner Kanonenschüsse gefallen sein. Dann hielt sich C. bald in Florenz, bald in Mantua, bald wieder in Rom auf, von wo er, eines Mordes mit Unrecht verdächtigt, auf kurze Zeit nach Neapel floh, bis Clemens VII. ihn wieder aufnahm. Dessen Nachfolger Paul IV. stellte ihn als Stempelschneider bei der Münze an. Eine zweite Flucht (nach Florenz) hatte einen wirklichen Mord, den er an einem ihm feindlichen Mailänder Goldschmied begangen, zum Grunde. C. wurde nun Münzmeister des Herzogs Alexander zu Florenz und vollendete hier eine Reihe trefflicher Münzen und Medaillen, bis ihn der Papst durch einen Ablaßbrief wiedergewann. 1537 ging C. nach Frankreich an den Hof Franz' I., kehrte aber aus Heimweh bald wieder nach Rom zurück, wo er der Entwendung von Edelmetall aus dem päpstlichen Schatz angeklagt und zu lebenslänglicher Hast verurteilt, jedoch auf Fürsprache des Kardinals Ippolito d'Este nach 2 Jahren freigelassen wurde. Derselbe Kardinal soll ihn auch zur Modellierung des berühmten Salzgefäßes, das er später für König Franz I. von Frankreich in Gold ausführte, und das jetzt eine Zierde des kunsthistor. Hofmuseums in Wien ist (s. Tafel »Goldschmiedekunst«, Fig. 8), veranlaßt haben. 1540 ging C. wieder nach Frankreich, wo er im Dienste des Königs bis 1545 tätig war. Von seinen dort ausgeführten Arbeiten ist nur mit Sicherheit das kolossale Bronzerelief einer liegenden, von Tieren umgebenen nackten Frauengestalt, der sogen. Nymphe von Fontainebleau, für das dortige Schloß bestimmt, nachzuweisen (jetzt im Louvre zu Paris). Obwohl ihm Franz I. sehr gewogen war und ihm das Schloß Le Petit Nesle geschenkt haben soll, mußte er doch 1545 den Intrigen seiner Gegner weichen. Vom Herzog Cosimo I. in Florenz freundlich aufgenommen, fertigte er für diesen 1550 die Statue des Perseus mit dem Medusenhaupt, eins seiner besten Werke in Erz, jetzt in der Loggia de' Lanzi zu Florenz (s. Tafel »Bildhauerkunst X«, Fig. 7). Hier versuchte er sich auch in Marmor und arbeitete eine Gruppe: Apollon und Hyacinth, und eine Statue des Narcissus. In den letzten Jahren seines Lebens, von denen seine Selbstbiographie schweigt, lebte C. mit der äußern Welt mehr in Frieden und trat 1558 selbst in den geistlichen Stand, den er aber bald wieder verließ, um noch im 60. Jahr zu heiraten. Er hinterließ bei seinem Tode zwei Töchter und einen Sohn. Von seinen Arbeiten in Silber und Gold ist wegen der Kostbarkeit des Stoffes wenig auf uns gekommen; die große Mehrzahl der ihm zugeschriebenen ist unecht. Im Escorial ist ein lebensgroßes Kruzifix in Marmor von vortrefflicher Arbeit, vermutlich dasjenige, das der Großherzog Cosimo erhielt, und das letzte Werk, dessen C. in seiner Biographie gedenkt. In keiner seiner Schöpfungen ist Cellinis Geist so kräftig ausgeprägt wie in seiner Selbstbiographie, mit der uns Deutsche zuerst Goethe durch seine Übersetzung bekannt machte (1803). Sie erschien in zahlreichen Ausgaben (zuerst 1728; später von Tassi: »Vita ed opere«, Flor. 1729; von Choulant, Leipz. 1833–35, 3 Bde.; von Guasti, Flor. 1891; von Bacci, Mail. 1900) und Übersetzungen bis in die neueste Zeit. Diese Lebensbeschreibung ist ebenso ausgezeichnet durch die heitere Unbefangenheit, mit der C. seine Tugenden wie seine Schwächen darstellt, wie durch die Lebendigkeit und Natürlichkeit der Sprache, leidet aber auch stark durch die Prahlerei des Autors. Seine »Trattati dell' oreficeria e della scultura« erschienen 1568. Sie wurden neu von Milanesi herausgegeben (Flor. 1856), übersetzt von Brinkmann (Leipz. 1867). Vgl. A. v. Reumont, Cellinis letzte Lebensjahre, in Raumers »Historischem Taschenbuch«, 1847; Derselbe, Beiträge zur italienischen Geschichte, Bd. 3 (Berl. 1854); I. Arneth, Studien über B. C. (Wien 1859); E. Plon, B. C., orfèvre, medailleur, sculpteur (Par. 1882, Nachtrag 1884); Mabellini, D elle rime di B. C. (Flor. 1885); Molinier, B. C. (Par. 1894).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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