- Brühl [3]
Brühl, 1) Heinrich, Graf von, kursächsischer Premierminister unter August 111., Kurfürsten von Sachsen und König von Polen, geb. 13. Aug. 1700 in Gangloffsömmern, dem Stammsitz seiner Familie, bei Weißensee in Thüringen, wo sein Vater Geheimrat und Oberhofmarschall des Herzogs von Sachsen-Weißenfels war, gest. 28. Okt. 1763, wurde Page der Herzogin von Sachsen-Weißenfels, 1719 des Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen, August II., und stieg schnell zum Oberkammerherrn und im Staatsdienst vom Steuereinnehmer zum Wirklichen Geheimrat und Direktor des Departements des Innern (1731). Nachdem er dann Anfang 1733 August III. die Krone und Reichskleinodien Polens überbracht und ihm bei Besteigung des polnischen Thrones zur Seite gestanden, wußte er namentlich durch rücksichtslose Eröffnung von Geldquellen dessen unbegrenztes Vertrauen zu gewinnen. 1733 wurde er schnell nacheinander Kammerpräsident, Inspektor über sämtliche Staatskassen und Kabinettsminister, Chef des Departements der Zivilangelegenheiten, 1737 Chef des Departements der Militärangelegenheiten, 1738 der auswärtigen Angelegenheiten und Oberkämmerer, endlich 1746 Premierminister unter Beibehaltung der meisten Ämter und ihrer Einkünfte. Von nun an bildete er allein das Kabinett des Königs; alle andern Minister waren, wie Friedrich II. sich ausdrückte, als seine »Kommis« anzusehen. Kaiser Karl VI. erhob ihn, seine Brüder und seine Nachkommen (1737) in den Reichsgrafenstand; in der Lausitz und in Polen erhielt er nebst der Starostenwürde mehrere Herrschaften. Ohne besondere Fähigkeiten und ohne jede staatsmännische Einsicht verstand er doch seinen Herrn völlig zu leiten, sorgte für den Glanz des Hofes und vernachlässigte bei willkürlichster Kabinettsjustiz Landesverwaltung und Heerwesen. Die Staatsschuld war 1763 auf 42,5 Mill. Tlr. angewachsen. An Prunk überbot B. fast den König und füllte seine Paläste und Gärten (darunter das Brühlsche Palais und den Brühlschen Garten) mit den kostbarsten Sammlungen und einer großen Bibliothek, die nachher der königlichen Bibliothek zu Dresden einverleibt wurde. Während Sachsen im ersten Schlesischen Krieg auf Preußens Seite gestanden hatte, nahm B. seit 1743, durch die ihm von Friedrich d. Gr. gezeigte Verachtung zu tödlichem Haß gereizt, gegen im Stellung. Als Friedrich II. in Sachsen einrückte (August 1756), flüchtete B. mit dem König zuerst auf den Königstein, dann nach Polen. Nach dem Hubertusburger Frieden kam er (30. März 1763) mit seinem König nach Dresden zurück. Als der König 5. Okt. starb, legte B. sogleich seine Stelle nieder und starb drei Wochen später. Nach Abzug seiner Schulden hatte er ein Vermögen von 11/2 Mill. Tlr., aber mehr als 5,300,000 Tlr. veruntreut. Doch schlug der Administrator, Prinz Xaver, nach dem baldigen Tode des Kurfürsten Friedrich Christian (17. Dez. 1763) die Untersuchung nieder. Vgl. (v. Just i?) »Leben und Charakter des Grafen von B.« (Götting. 1760–1761, 3 Bde.); »Zuverlässige Lebensbeschreibung des Grafen von B. und des Kabinettsministers A. I. Fürsten von Sulkowski« (Frankf. u. Leipz. 1766); Becker, Der Dresdener Friede und die Politik Brühls (Leipz. 1902).
2) Karl Friedrich Moritz Paul, Graf von, Enkel des vorigen, geb. 18. Mai 1772 zu Pförten in der Niederlausitz, gest. 9. Aug. 1837 in Berlin, erhielt eine sorgfältige Erziehung und inmitten theatralischer und musikalischer Kunstübungen, die auf dem zu Pförten errichteten Familientheater stattfanden, mannigfache Anregung für seine Neigung zur Bühne. Er widmete sich erst dem Berg-, dann dem Forstfach, wurde aber nach einem Weimarer Aufenthalt, während dessen er unter anderm als Paläophron auf dem Hoftheater aufgetreten war, 1800 Kammerherr des Prinzen Heinrich von Preußen, später bei der Königin-Mutter, dann bei der Königin Luise, machte hierauf den Feldzug von 1813 als Major im Generalstab mit und war 1815–28 Generalintendant der königlichen Schauspiele zu Berlin. Als solcher wirkte er für die Errichtung einer deutschen klassischen Bühne, gewann gute Kräfte und verband in der Ausstattung historische Treue mit Schönheit (vgl. Al. Tille, Goethes Faust auf der deutschen Bühne, in der »Zeitschrift für Bücherfreunde«, Bd. 5, 1901). Mit Spiker verfaßte B. die »Darstellung des Festspiels Lalla Rookh, das auf dem am 27. Jan. 1821 im königlichen Schloß veranstalteten Maskenball gegeben wurde« (Berl. 1822, mit 23 Kupfern). Nachdem er 1828 seine Entlassung genommen, wurde er 1830 Generalintendant der königlichen Museen.
3) Gustav, deutsch-amerikan. Dichter und Altertumsforscher, geb. 31. Mai 1826 in Herdorf (Regbez. Koblenz), studierte in München, Halle und Berlin Medizin, siedelte 1848 nach Cincinnati über, wurde Arzt des Hospitals St. Mary und Professor am Miami Medical College und gab 1869–71 den »Deutschen Pionier« heraus. Als Frucht seiner Reisen in Nord- und Mittelamerika und seiner Altertumsforschungen ist das Werk »Die Kulturvölker Altamerikas« (New York 1875) zu betrachten. Seine unter dem Pseudonym Kara Giorg veröffentlichten »Poesien des Urwaldes« (Einsiedeln 1871) und »Abendglocken« (Chicago 1897) werden vom Deutschamerikanertum hochgeschätzt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.