Baden [2]

Baden [2]

Baden, 1) (Baden- Baden) Hauptstadt des bad. Kreises B. (1042 qkm [18,92 OM.] mit (1900) 148,656 Einw.), im Tale der Oos, im nördlichen Schwarzwald, an der Staatsbahnlinie Oos-B., 181 m ü. M., ist einer der glänzendsten und besuchtesten Badeorte Europas. Obwohl die alte Hauptstadt Badens, ist die Stadt jetzt in ihrem größern Teile eine ganz moderne Anlage, reich an prachtvollen Hotels und in edlem Stil gebauten Villen und Privatwohnungen. Unter den drei katholischen Kirchen enthält die gotische Stadtpfarrkirche (aus dem 15. Jahrh.), auf dem Platz eines römischen Tempels, die Grabmäler von 14 Mitgliedern des markgräflich badischen Hauses sowie neue, schöne Glasgemälde. Die evangelische Kirche ist von 1864–76 nach dem Plan von Eisenlohr im gotischen Stil neu erbaut; die russische Kirche enthält herrliche Freskomalereien; die griechische Kapelle auf dem Michaelsberg, mit goldener Kuppel, ist eine prachtvolle Schöpfung Klenzes. Auch die anglikanische Kirche (im normännischen Stil) und die Grabkapelle (von Hübsch) auf dem Friedhof sowie die Synagoge sind neuere Bauten. Als sonstige Hauptgebäude sind das Konversationshaus (1822–24 im Renaissancestil erbaut), die Trinkhalle (ein 85 m langer Arkadenbau, nach Hübsch' Plan 1830–42 ausgeführt, mit einer Galerie berühmter Fresken von Götzenberger) zu erwähnen. Über der Stadt erhebt sich das sogen. Neue Schloß, die sommerliche Privatwohnung des Großherzogs von Baden, vom Markgrafen Jakob 1479 auf römischen Fundamenten angelegt und nach der Zerstörung durch die Franzosen (1689) in seiner jetzigen Form hergestellt.

Wappen von Baden-Baden.
Wappen von Baden-Baden.

Die Thermen Badens (Temperatur und Bestandteile s. Tabelle »Mineralwässer VIII b«), seit den Zeiten der Römer bekannt, entspringen in der sogen. Hölle aus Gneis und Granit einer- und Tonschiefer anderseits und liefern etwa 750,000 Lit. in 24 Stunden. Sie werden benutzt als Bäder, Dusche, Einspritzung bei Krankheiten des Uterinsystems, in Form von Thermaldämpfen, auch als Getränk und zur Bereitung von Pastillen. Das Wasser der Murquelle wird auch mit Lithiumkarbonat verstärkt und mit Kohlensäure imprägniert. Man verwendet die Thermen besonders bei chronischem Rheumatismus und Gicht, bei Lähmungen, Neuralgien, alten Wunden, Hautkrankheiten etc., innerlich bei chronischen Katarrhen aller Art, Harngries etc. In der Nähe entspringen auch drei schwache Stahlquellen. B. hat auch Einrichtungen für Inhalationen, Kaltwasserkur, römisch-irische und elektrische Bäder, Heilgymnastik etc. Wegen des gleichmäßigen, wenig feuchten, milden Klimas wird B. häufig auch als Winteraufenthalt gewählt. Über dem »Ursprung« befindet sich das ältere Dampfbad; das »Friedrichsbad« ist die eleganteste derartige Anstalt in Europa. Ebenfalls großartig ist das Kaiserin Augusta-Bad, zugleich Frauenbad. Wannenbäder mit Thermalwasser finden sich in den meisten Gasthäusern; für mittellose Kurgäste dient das Landesbad. Unter den Anlagen nimmt die »Promenade« mit ihren Verkaufsläden den ersten Platz ein. 1901 wurde B. von 72,299 Badegästen besucht. Die Zahl der Einwohner beträgt (1900) 15,718 Seelen, darunter 4275 Evangelische und 190 Juden. B. ist Sitz eines Bezirksamtes, eines Amtsgerichts, eines Hauptsteueramtes, eines Forstamtes und hat ein Gymnasium, Realgymnasium mit Oberrealschule, Handels- und Gewerbeschule und ein Kunstmuseum. Die Industrie beschränkt sich auf Holzschnitzerei und Zigarettenfabrikation. Die Umgegend Badens ist überaus schön und anmutig. Der nächste Spaziergang ist die Lichtenthaler Allee mit dem Denkmal der Kaiserin Augusta; sie führt nach dem Cistercienser-Nonnenkloster Lichtenthal (s. d.). Ein Seitental der Oos führt zum Geroldsauer Wasserfall. Andre Punkte der Umgegend sind: das alte Schloß Hohenbaden (1689 durch die Franzosen zerstört), mit großartigen Ruinen und prachtvoller Aussicht, die Trümmer der Burg Alteneberstein, der Staufen- oder Merkuriusburg, mit Aussichtsturm, das Schloß Eberstein (Privateigentum des Großherzogs), die Yburg, der Badener Höhturm und der Fremersberg mit Aussichtsturm sowie der Ort Iffezheim (Rennbahn für die berühmten Pferderennen), die Luftkurorte Plättig, Sand, Hundseck etc.

Geschichte. B., ursprünglich Aquae, seit Caracalla Aquae Aureliae, Hauptort der Civitas Aquensis, wurde wahrscheinlich unter Hadrian gegründet, im 3. Jahrh. von den Alemannen zerstört und wird erst 676 wieder erwähnt. Es wechselte oft die Herren: nacheinander waren es die Mönche des Klosters Weißenburg, die Grafen von Kalw, etwa um 1052 die Zähringer, von denen sich der jüngere Zweig zuerst 1112 Markgrafen von B. nannte. Durch den Bau des Neuen Schlosses (1479) und die Erhebung zur Hauptstadt dee Markgrafschaft Baden-Baden (1533) hob sich B. immer mehr, bis es 1689 von den Franzosen fast ganz zerstört wurde. Markgraf Ludwig Wilhelm verlegte 1706 die Residenz nach Rastatt.

Karte der Umgebung von Baden-Baden.
Karte der Umgebung von Baden-Baden.

Die erste Grundlage zue heutigen Bedeutung Badens als Badeort wurde durch die französischen Emigranten gelegt, die zur Zeit der großen Revolution nach B. kamen. 1808 erstand das Gesellschaftshaus, 1822 das Konversationshaus, seit 1840 eine Menge großartiger Hotels, und 1843–47 wurde das Schloß umgebaut. Seit der Mitte des 19. Jahrh. ward B. Mode- und Weltbad und blieb es auch, nachdem 1872 die Hasard spiele verboten waren. Vgl. Löser, Geschichte der Stadt B. (Bad. 1891); Schnars, B. und Umgegend (11. Aufl., das. 1900); Seefels, Badens Bäder und der Gebrauch derselben vor 200 Jahren (Lahr 1872); »B. und seine Kurmittel« (hrsg. vom Ärztlichen Verein, Bad. 1886); Frey, B. als Kurort (11. Aufl., das. 1894); weitere Schriften von Biermann, Frech, Gilbert, Heiligenthal, Rheinboldt, Wätzel u. a.

2) (B. bei Wien) Stadt und beliebter Badeort in Niederösterreich, liegt 27 km südlich von Wien an der Schwechat, am Ausgang des lieblichen Helenentals, 241 m ü. M., an der Südbahnlinie Wien-Triest. B. hat prachtvolle Villen, reizende Gärten und schöne Umgebung. Hervorragende Gebäude sind die gotische Pfarrkirche (15. Jahrh.), die evangelische Kirche, das Kaiserhaus (mit Hofkirche), das Rathaus (mit Archiv),das Kurhaus (1886), die auf einer Anhöhe des Helenentals vom Erzherzog Karl 1823 erbaute Weilburg, jetzt dem Erzherzog Friedrich gehörig, mit gotischer Hauskapelle und die neuen Villen der Erzherzöge Rainer und Cugen. B. ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft u. eines Bezirksgerichts, hat ein Real-Obergymnasium, ein städtisches Museum, Sparkasse, Theater, Arena und Trabrennbahn. An Humanitätsanstalten befinden sich hier: ein Wohltätigkeitshaus (mit 242 Betten), ein allgemeines Krankenhaus, ein Militärbadehaus, ein Beamtenkurhaus u. a. Die Zahl der Einwohner von B. beträgt mit den Vorstädten Gutenbrunn und Leesdorf (1900) 12,447, mit dem zum Kurbezirk gehörigen Weikersdorf 17,873; ihre hauptsächlichste Erwerbsquelle ist der Fremdenverkehr, daneben auch ausgezeichneter Weinbau und Weichselrohrerzeugung.

Wappen von Baden bei Wien.
Wappen von Baden bei Wien.

Ferner besitzt B. eine Automobilfabrik, ein Gaswerk, elektrische Zentralanstalt und elektrische Straßenbahn (ins Helenental u. nach Vöslau). Zu Promenaden dienen der schöne Stadtpark, der Kalvarienberg (prächtige Aussicht), der Doblhoffpark, die Alexandrowitschen, Langschen und Schönfeldschen Anlagen, die Anlagen nächst der Weilburg, das Jägerhaus, die Hauswiese etc. Die umliegenden Berge sind mit Ruinen gekrönt (Rauheneck, Scharfeneck, Rauhenstein). Weitere Ausflüge bilden die Krainerhütte, das Eiserne Tor (831 m) mit Aussichtsturm und großartiger Fernsicht, Mayerling, Heiligenkreuz, Vöslau etc. Die Wiener Wasserleitung überschreitet das Helenental unmittelbar hinter der Stadt mit einem großen Aquädukt. Das Klima ist mild und gesund. Die Mineralquellen von B. gehören zu den erdig-salinischen Schwefelthermen und haben eine Temperatur von 27–36° (vgl. die chemische Analyse in der Tabelle »Mineralwässer VII«). Man zählt 13 selbständige Quellen, von denen die Hauptquelle, der Ursprung, täglich 8700 hl liefert. Die Quellen werden zum Baden, die Ursprungquelle auch zum Trinken verwendet; sie wirken hauptsächlich gegen Gicht, Rheumatismen, Neuralgien etc. Die Väder sind meist Vollbäder für beide Geschlechter; doch gibt es auch Separatbäder, ferner eine Mineral- und eine Kaltwasserschwimmanstalt, Einrichtungen für Schlammbäder, Dampfbäder, Molken- und Traubenkur u. a. Die besteingerichteten Badeanstalten sind das neue Kurhaus im Stadtpark, das Frauen- und Karolinenbad, das Herzogs- und Antonsbad, das Johannesbad, die Mineralschwimmanstalt und die Kuranstalt Gutenbrunn. Im Stadtpark und im Helenental befinden sich Kaltwasserheilanstalten. Die Kurfrequenz belief sich 1901 auf 23,879 Personen. B. ist auch besuchter Sommeraufenthalt und Ausflugsort der Wiener. – Die Bäder waren als Aquae Pannonicae schon den Römern bekannt. Im 11. und 12. Jahrh., als die Babenberger ihre Residenz in der Nähe nahmen, hoben sie sich wieder. Zwar hatte der Ort (seit 1480 Stadt) durch die Ungarn unter M. Corvinus und 1529 und 1683 durch die Türken viel zu leiden und wurde im letztern Jahr fast gänzlich zerstört; aber immer wieder erstand er aus den Trümmern. 1812 litt die Stadt durch einen großen Brand; seitdem aber nahm sie einen fortgesetzten Aufschwung. Vgl. »Der Kurort B. bei Wien« (hrsg. von der Kurkommission, Wien 1900); Wettendorfer, Der Kurort B. (2. Aufl., das. 1898); Schwarz, Die Heilquellen von B. (4. Aufl., das. 1902); Rollett, Beiträge zur Chronik der Stadt B. (Baden 1880–1300, 13 Tle.).

3) (B. in der Schweiz) Badeort im schweizer. Kanton Aargau, an der Limmat und der Eisenbahn Zürich-Aarau, 388 m ü. M., in geschützter Lage, mit römischen Überresten, den Trümmern des einst berühmten Schlosses »Stein zu B.«, einer katholischen und einer evang. Kirche, Baumwollspinnerei, Fabrik elektrischer Maschinen, Weinbau und (1900) 6109 Einw. Die kalkhaltigen Schwefelquellen von 46,2–48,7° entspringen unterhalb des Städtchens: 14 auf der linken (große Bäder) und 5 auf der rechten Seite der Limmat (kleine Bäder, Ennetbaden). Die Quellen werden als Getränk wie in Form von Bädern und Inhalationen gegen Rheumatismen und Gicht, chronische Kehlkopf- und Lungenkatarrhe mit Erfolg angewendet. Die Zahl der Kurgäste beläuft sich jährlich auf ca. 20,000 Personen. – B. wird schon von Tacitus als Badeort erwähnt. Im 11. und 12. Jahrh. war es der Sitz der jüngern Linie der Lenzburger, die sich danach Grafen von B. nannten. Zur Zeit der österreichischen Herrschaft befand sich zeitweilig auf dem »Stein« das herzogliche Hoflager. 1415 wurde B. mit dem übrigen Aargau von den Eidgenossen erobert, wobei der Stein in Flammen ausging. Nach der Reformation war es bis 1712 der regelmäßige Sitz der eidgenössischen Tagsatzung. Hier fand 1526 das Religionsgespräch statt, wo Ökolampadius und B. Haller mit Eck disputierten, und 7. Sept. 1714 der Friede zu B. zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendigte. Vgl. Minnich, B. in der Schweiz (3. Aufl., Baden 1873); Fricker: Geschichte der Stadt und Bäder zu B. (Aarau 1880), Der Thermalkurort B. (Zürich 1880) und Anthologia ex Thermis Badensibus (Aarau 1883); Welti, Die Urkunden des Stadtarchivs zu B. (Bern 1896–99, 2 Bde.); Welti und Merz, Die Stadtrechte von B. und Brugg (Aarau 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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