Mazzīni

Mazzīni

Mazzīni, Giuseppe, ital. Agitator, geb. 22. Juni 1805 in Genua, gest. 10. März 1872 in Pisa, widmete sich dem Rechtsstudium, ward Advokat in Genua und arbeitete daneben für den »Indicatore Genovese« und nach dessen Unterdrückung 1829 für den »Indicatore Livornese«, der dasselbe Schicksal hatte. Als Carbonaro verraten, saß M. 1830 mehrere Monate im Kerker zu Savona. Freigelassen, aber verbannt, begab er sich nach Marseille, forderte den König Karl Albert von Sardinien in einem berühmten Brief zur Befreiung Italiens auf und gründete den Bund des Jungen Italien sowie die Zeitung »La giovine Italia«, um für die geeinigte Republik Italien und für Freiheit und Gleichheit durch die Presse und durch Verschwörungen zu wirken (vgl. Junges Europa). Nachdem zwei Verschwörungen, in Genua und Savoyen, welch letztere M. 1834 von Genf aus leitete, mißglückt waren, wurde er in Sardinien in contumaciam zum Tode verurteilt und 1836 auch aus der Schweiz verwiesen. Nach langem Umherirren ließ er sich 1842 in London nieder, gab dort eine Zeitung unter dem Namen »L'Apostolato popolare« heraus und unterhielt eine lebhafte Korrespondenz mit italienischen Unzufriedenen. Nach dem Aufstand in Mailand im März 1848 begab sich M. dahin und gründete daselbst ein Journal, »L'Italia del popolo«, und einen politischen Klub, den »Circolo nazionale«; doch wurde er von den Gemäßigten in den Hintergrund gedrängt. Nach der Kapitulation Mailands im August 1848 trat er in die Garibaldische Legion ein, mußte aber bald auf Schweizer Gebiet flüchten. Sobald er von der Flucht des Großherzogs von Toskana gehört hatte, begab er sich nach Florenz, wurde in Livorno zum Abgeordneten gewählt und von der provisorischen Regierung nach Rom geschickt, um mit der dortigen Republik Verbindungen anzuknüpfen. Hier ward er im März 1849 mit Armellini und Saffi zum Triumvir ernannt und leitete die Verteidigung der Republik gegen die Franzosen. Nach dem Fall Roms (3. Juli) ging er nach der Schweiz und später nach London, wo er mit Kossuth, Ledru-Rollin und Ruge zum Zweck republikanischer Agitation das »Comitato europeo« gründete, während er durch eine Anleihe (Mazzinische Anleihe) unter den Radikalen aller Länder die Mittel zu einer neuen Schilderhebung in Italien zu erlangen suchte. Der unbesonnene Mailänder Insurrektionsversuch vom 6. Febr. 1853 sowie die Bewegungen in Genua 29. und 30. Juni 1857 waren sein Werk. Beim Beginn des italienischen Krieges 1859 erklärte er sich gegen das Bündnis Sardiniens mit Frankreich. Dagegen unterstützte er Garibaldis Expedition nach Sizilien und feuerte ihn an, auch Rom und Venedig durch einen Handstreich zu befreien. Nach Garibaldis Gefangennahme bei Aspromonte (August 1861) sagte er sich und seine Partei von der Monarchie für immer los. 1866 wurde er in Messina zum Abgeordneten in das italienische Parlament gewählt; die Wahl wurde zweimal für ungültig erklärt und erst, als sie zum drittenmal wiederholt war, anerkannt, von M. aber 7. Febr. 1867 wegen seiner republikanischen Überzeugung abgelehnt. Erst kurze Zeit vor seinem Tode kehrte M. nach Italien zurück. Nach seinem Tode feierte die italienische Presse seine Verdienste um Italien in schwungvollen Worten, und die italienische Kammer sprach offiziell ihren Schmerz über sein Ableben aus. Sein Begräbnis zu Genua, wo ihm 1882 ein Denkmal errichtet wurde, war feierlich. M. war lange Zeit der Schrecken der Polizei; er war ein schwärmerischer Idealist, der mit bewunderungswürdiger Selbstverleugnung und Ausdauer, wenn auch oft mit den bedenklichsten und nicht zu rechtfertigenden Mitteln, für seine Ziele wirkte. Eine Ausgabe seiner »Scritti editi ed inediti« erschien in Mailand, später in Rom (1861–1891, 18 Bde.), in Auswahl deutsch von L. Assing (Hamb. 1868, 2 Bde.) und englisch (»Life and writings of Jos. M.«, Lond. 1870–91, 6 Bde.). Briefe Mazzinis gaben unter andern Giurati (Turin 1887), Melegari (Par. 1895) und Mazzatinti (Rom 1905) heraus. Vgl. Simoni, M., histoire des conspirations mazziniennes (Par. 1870); Nardi, Giuseppe M., la vita, gli scritti e le dottrine (Mail. 1872); Mario, M. nella sua vita e nel suo apostolato (das. 1885); A. Boullier, Victor Emmanuel e M. (Par. 1885); Graf v. Schack, Joseph M. und die italienische Einheit (Stuttg. 1891); Linton, Recollections of M. and his friends (Lond. 1892); Oxilia, G. M. uomo e letterato (Flor. 1902); King, Mazzini (Lond. 1903); Donaver, Vita di G. M. (Flor. 1903); Peretti, Gli scritti letterari di G. M. (Tur. 1904); A. Luzio, Mazzini (Mail. 1905); Momigliano, G. M. e le idealità moderne (das. 1905). – Sein Vetter Andrea M., der als politischer Flüchtling in Paris lebte und 1849 in Marseille starb, hat sich unter anderm durch das Werk »De l'Italie dans ses rapports avec la liberté et la civilisation moderne« (Par. 1847, 2 Bde.) bekannt gemacht.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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