Harnack

Harnack

Harnack, 1) Theodosius, luther. Theolog, geb. 3. Jan. 1817 in St. Petersburg, gest. 23. Sept. 1889 in Dorpat, wurde daselbst 1843 Privatdozent der praktischen Theologie, 1845 außerordentlicher, 1848 ordentlicher Professor dieses Faches, 1853 in Erlangen, kehrte 1866 nach Dorpat zurück und trat 1873 in den Ruhestand. Unter seinen zahlreichen Schriften sind zu erwähnen: »Die Idee der Predigt, entwickelt aus dem Wesen des protestantischen Kultus« (Elberf. 1844); »Die Grundbekenntnisse der evangelisch-lutherischen Kirche« (Dorpat 1845); »Der christliche Gemeindegottesdienst im apostolischen und altkatholischen Zeitalter« (Erlang. 1854); »Die lutherische Kirche Livlands und die herrnhutische Brüdergemeinde« (das. 1860); »Luthers Theologie mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs- und Erlösungslehre« (Erlang. u. Leipz. 1862–86, 2 Tle.); »Die Kirche, ihr Amt, ihr Regiment« (Nürnb. 1862); »Praktische Theologie« (Erlang. 1877–78, 2 Bde.); »Katechetik und Erklärung des kleinen Katechismus Luthers« (das. 1882, 2 Bde.); »Über den Kanon und die Inspiration der Heiligen Schrift« (Dorpat 1885).

2) Adolf, protest. Theolog, Sohn des vorigen, geb. 7. Mai 1851 in Dorpat, studierte daselbst, wurde 1874 Privatdozent in Leipzig, hier 1876 außerordentlicher, 1879 ordentlicher Professor in Gießen, 1886 in Marburg, 1889 in Berlin, wo er 1890 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. H. ist der Führer derjenigen Gruppe unter den modernen Theologen, die, ausgehend von Albrecht Ritschl (s. d.) und gestützt auf kritische Durchforschung und Verarbeitung der Geschichte, eine Versöhnung des Christentums mit dem Bewußtsein der Gebildeten anstrebt. Außer zahlreichen Abhandlungen in den von ihm in Gemeinschaft mit O. v. Gebhardt herausgegebenen »Texten und Untersuchungen zur altchristlichen Literatur« (Leipz. 1882 ff.; bisher 26 Bde.), in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie und vielen wissenschaftlichen Zeitschriften, sowie einer größern Anzahl von Reden und Vorträgen (gesammelt u. d. T.: »Reden und Aufsätze«, Gieß. 1904, 2 Bde.) veröffentlichte H.: »Zur Quellenkritik der Geschichte des Gnostizismus« (Leipz. 1873); »De Apellis gnosi monarchica« (das. 1874); »Die Zeit des Ignatius und die Chronologie der antiochenischen Bischöfe« (das. 1878); »Das Mönchtum, seine Geschichte und seine Ideale« (6. Aufl., Gieß. 1903); »Martin Luther in seiner Bedeutung für die Geschichte der Wissenschaft und der Bildung« (3. Aufl., das. 1901); »Lehrbuch der Dogmengeschichte« (Freiburg 1886–90, 3 Bde.; 3. Aufl. 1894–97); »Grundriß der Dogmengeschichte« (3. Aufl., das. 1898); »Augustins Konfessionen« (3. Aufl., Gieß. 1903); »Geschichte der altchristlichen Literatur bis Eusebius« (bisher 2 Tle. in 3 Bdn., Leipz. 1893–1904); »Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin« (Berl. 1900, 3 Bde.; Ausgabe in 1 Bd. 1901); »Das Wesen des Christentums« (Leipz. 1900,50. Tausend 1903; übersetzt ins Dänische, Englische, Französische, Japanische, Italienische); »Die Aufgabe der theologischen Fakultäten und die allgemeine Religionsgeschichte« (Gieß. 1901); »Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten« (Leipz. 1902). Mit O. v. Gebhardt und Th. Zahn (s. d.) gab er die »Patrum apostolicorum opera« (Leipz. 1876–78, 3 Tle.; Ausgabe in 1 Bd., 3. Aufl. 1900) heraus; seit 1881 ist er Mitherausgeber der von Schürer (s. d.) 1876 begründeten »Theologischen Literaturzeitung«. Die preußische Orthodoxie hatte schon seiner Berufung nach Berlin heftigsten Widerstand entgegengesetzt und nahm später von Harnacks Schrift über »Das Apostolische Glaubensbekenntnis« (Berl. 1892, 27. Aufl. 1896; abgedruckt in den »Reden«) Anlaß zu erneutem Kampfe gegen seine akademische Tätigkeit, der durch die Veröffentlichung des »Wesens des Christentums« zu höchster Erbitterung gesteigert worden ist.

3) Axel, Mathematiker, Zwillingsbruder des vorigen, gest. 3. April 1888 in Dresden, studierte in Dorpat, habilitierte sich 1876 in Leipzig, wurde in demselben Jahr Professor an der Technischen Hochschule in Darmstadt und ging 1877 in gleicher Stellung nach Dresden. H. arbeitete besonders über die Fourierschen Reihen und über den Begriff der Funktion einer reellen Veränderlichen. Er schrieb: »Elemente der Differential- und Integralrechnung« (Leipz. 1881); »Grundlagen der Theorie des logarithmischen Potenzials und der Potenzialfunktion in der Ebene« (das. 1887); zwei Vorträge: »Naturforschung und Naturphilosophie« (das. 1885) und »Leibniz' Bedeutung in der Geschichte der Mathematik« (Dresd. 1887) und gab Hankels »Elemente der projektivischen Geometrie« (Leipz. 1875) sowie eine deutsche Bearbeitung von Serrets »Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung« (das. 1884–85, 3 Bde.; neue Ausg. von Bohlmann u. a. 1897–1904, 3 Bde.) heraus.

4) Otto, Literarhistoriker und Historiker, Bruder der vorigen, geb. 23. Nov. 1857 in Erlangen, studierte in Dorpat und Göttingen, bereiste Italien, Griechenland und Frankreich, war 1882–86 Gymnasialoberlehrer in Wenden (Livland), dann Realschuldirektor daselbst, 1889–91 Mitredakteur der »Preußischen Jahrbücher« in Berlin, lebte 1891–96 in Rom und folgte 1896 einem Ruf als ordentlicher Professor der Literatur und Geschichte an die Technische Hochschule in Darmstadt. Er schrieb: »Das karolingische und das byzantinische Reich« (Götting. 1880); »Das Kurfürstenkollegium bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts« (Gieß. 1883); »Goethe in der Epoche seiner Vollendung« (Leipz. 1887, 2. Aufl. 1901); »Die klassische Ästhetik der Deutschen« (das. 1892); »Deutsches Kunstleben in Rom im Zeitalter der Klassik« (Weim. 1896); »Schiller« (in Bettelheims »Geisteshelden«, Berl. 1898); »Essays und Studien zur Literaturgeschichte« (Braunschw. 1899); »Rom«, bisher nur Bd. 2: »Neuere Kunst seit Beginn der Renaissance, moderner Cicerone« (Stuttg. 1903). Ferner gab er in der Weimarischen Goetheausgabe Goethes Schriften über bildende Kunst (Bd. 46–49), den 5. Band der Schriften der Goethe-Gesellschaft (»Zur Nachgeschichte der italienischen Reise. Goethes Briefwechsel mit Freunden und Kunstgenossen in Italien«), eine Sammlung von Goethes »Ausgewählten Gedichten« in chronologischer Reihenfolge (Braunschw. 1901) sowie den »Faust« (für die Goetheausgabe des Bibliographischen Instituts) heraus und besorgte die 4., überarbeitete Auflage von Hettners »Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert« (Braunschw. 1893–94, 4 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Harnack — ist eine deutsche Familie, deren Angehörige unter anderem Theologen, Schriftsteller, Künstler, Politiker, Naturwissenschaftler, Mathematiker, Juristen und Filmschaffende waren. Theodosius Harnack (1817–1889), deutscher Theologe Anna Harnack… …   Deutsch Wikipedia

  • Harnack — is a surname and may refer to:* Adolf von Harnack (1851 ndash;1930), German liberal theologian and historian of religion * Arvid Harnack (1901 ndash;1942), anti Nazi resistance fighter * Carl Gustav Axel Harnack (1851 ndash;1888), German… …   Wikipedia

  • Harnack — Harnack, Adolf, prot. Theolog, Sohn des Theologen Theodosius H. (1817 89), geb. 7. Mai 1851 in Dorpat, 1876 Prof. in Leipzig, 1879 in Gießen, 1886 in Marburg, 1888 in Berlin; 1905 wurde er zum Generaldirektor der Königl. Bibliothek das. ernannt;… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Harnack [2] — Harnack, Otto, Literarhistoriker, geb. 23. Nov. 1857 in Erlangen, seit 1897 Prof. an der Techn. Hochschule in Darmstadt, seit 1904 in Stuttgart; schrieb: »Goethe in der Epoche seiner Vollendung« (2. Aufl. 1901), »Deutsches Kunstleben in Rom«… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Harnack —  Cette page d’homonymie répertorie des personnes (réelles ou fictives) partageant un même patronyme. Personnes Deux frères jumeaux : Adolf von Harnack, théologien protestant Axel Harnack, mathématicien Mathématiques Principe de Harnack …   Wikipédia en Français

  • Harnack — Hạrnack,   Adolf von (seit 1914), evangelischer Theologe, * Dorpat 7. 5. 1851, ✝ Heidelberg 10. 6. 1930; 1876 Professor in Leipzig, 1879 in Gießen, 1886 in Marburg, 1888 in Berlin; Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, in deren… …   Universal-Lexikon

  • Harnack — Hardenack. Bekannter Namensträger: Adolf von Harnack, evangelischer Theologe (19./20.Jh.) …   Wörterbuch der deutschen familiennamen

  • HARNACK (A. von) — Harnack a marqué de son empreinte toutes les recherches sur les origines chrétiennes à la fin du XIXe et au début du XXe siècle. Ses œuvres ont été très diversement appréciées. Certains ont vu en lui le maître qui a donné du christianisme… …   Encyclopédie Universelle

  • Harnack, Adolf von — ▪ German theologian and church historian in full  Adolf Karl Gustav von Harnack  born , May 7, 1851, Dorpat, Estonia, Russian Empire [now Tartus, Estonia] died June 10, 1930, Berlin, Germany  German theologian (theology) and historian; he was… …   Universalium

  • Harnack, Adolf von — ( 1851 19 30 )    liberal German theologian and New Testament scholar    Adolph von Harnack, the leading German theologian and church historian of his time, was a powerful proponent of using historical methods to clarify the Christian message.… …   Encyclopedia of Protestantism

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”