Handflügler

Handflügler

Handflügler (Chiroptera, Flatterer, Flattertiere), eine Ordnung der Säugetiere, gekennzeichnet durch den Besitz einer Flughaut, wie sie in ähnlicher Weise nur bei wenigen andern Säugetieren (dem Pelzflatterer, Flugbeutler und Flattereichhorn) vorkommt. Oberarm und Finger (mit Ausnahme des Daumens) sind sehr lang und von der Flughaut umgeben, die sich an den Seiten des Körpers bis zum Fuß herabzieht und das ganze Bein nebst dem Schwanz einhüllt, nur der Fuß sowie an der Hand der Daumen sind von ihr ausgeschlossen. Die Krallen an den Zehen und am Daumen dienen den Tieren zu unbehilflichem Kriechen auf dem Erdboden. Der Flug ist rasch, jedoch gewöhnlich kurz und von dem der Vögel sehr verschieden. Der Körper ist gedrungen, der Hals kurz, der Kopf gestreckt, mit weitem Rachen, kräftigem, vollständigem Gebiß und bisweilen mit eigentümlichen Hautanhängen an Nase und Ohren. Mit Ausnahme der Flughaut und des Gesichts ist der Körper dicht behaart. Das Knochengerüst ist leicht gebaut; der Brustkorb erinnert an den der Vögel. Von den Sinnesorganen sind die Augen weniger, dagegen die übrigen entsprechend der nächtlichen Lebensweise sehr gut entwickelt. Besonders empfindlich, weil sehr nervenreich, ist die Flughaut (einen senkrechten Durchschnitt der Flughaut einer Fledermaus zeigt Tafel »Fledermäuse I«, Fig. 6). Geblendete Fledermäuse weichen allen in verschiedenen Richtungen ausgespannten Fäden mit der größten Geschicklichkeit und Sicherheit aus. Die Flughaut erscheint als eine Hautduplikatur, gebildet durch die Verlängerung sowohl der dorsalen als der ventralen Rumpfhaut. Epidermis und Malpighische Schichtbindehäute bleiben getrennt und bekleiden die beiden Oberflächen der Flughaut, die beiderseitigen Lederhäute sind zu einer einzigen Membran aus welligem Bindegewebe mit zahlreichen eingestreuten Bindegewebskörperchen verschmolzen, und in dieser liegen eingebettet die elastischen Balken, quergestreifte Muskeln, Blutgefäße, Haarbälge und deren Anhangsdrüsen, Nerven und deren Endigungen. Die meisten H. leben von Insekten, einige außereuropäische greifen auch Vögel und Säugetiere an und saugen deren Blut; andre nähren sich von Früchten. In den gemäßigten Klimaten halten sie einen regelmäßigen Winterschlaf, wobei die Temperatur ihres Blutes langsam sinkt. Die Begattung erfolgt im Herbst, die Befruchtung des bis dahin gereiften Eies jedoch erst im Frühjahr. Die (ein bis zwei) Jungen werden aus den beiden Brustdrüsen gesäugt und können auch während des Fluges von der Mutter mit herumgetragen werden. Die H. finden sich am zahlreichsten in wärmern Gegenden; in der kalten Zone fehlen sie ganz. Auch auf ozeanischen Inseln, wo keine andern Säugetiere heimisch sind, kommen sie vor. Man kennt etwa 400 Arten und bringt sie in viele Gattungen, jedoch ist die Ausstellung der letztern sowie ihre Vereinigung zu Familien hier schwieriger als bei den andern Ordnungen der Säugetiere. Einteilung: 1) Fruchtfresser (Frugivora), repräsentiert durch die Familie der Flederhunde (s. d.; Pteropidae), Bewohner der tropischen Gegenden der Alten Welt und Australiens, ziemlich große Tiere mit hundeartigem Kopf, kleinen Ohren und kurzem Schwanz. Hierher unter andern Pteropus (Flederhund); 2) Insektenfresser (Insectivora) oder Fledermäuse s. d. und Tafel »Fledermäuse I u. II«. – Fossile H. finden sich schon im Eocän von Europa und Nordamerika vor, weichen jedoch von den lebenden nur wenig ab.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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