Einrede

Einrede

Einrede (lat. Exceptio, »Ausnahme«, Einwendung), im weitesten Sinne jede mündliche Verteidigung gegen einen Angriff. Im Zivilprozeß heißt E. im weitern Sinne die Verteidigung des Beklagten gegen die Klage. Im engern und eigentlichen Sinne versteht man unter E. ein Vorbringen, das die Wahrheit der in der Klage behaupteten Tatsachen an und für sich nicht bestreitet, aber andre Tatsachen anführt, durch die der klägerische Anspruch ganz oder teilweise beseitigt werden soll. Einreden dieser Art sind z. B. die E. der Zahlung, der Stundung, der Verjährung, der rechtskräftig entschiedenen Sache etc. Unter dilatorischen oder verzögerlichen Einreden versteht man diejenigen, die nicht eine gänzliche Befreiung des Beklagten von dem erhobenen geklagten Anspruch, sondern nur eine einstweilige Abweisung der Klage bezwecken. Eine solche E. ist z. B. die E. der Stundung oder der noch nicht eingetretenen Fälligkeit. Zuweilen werden unter dilatorischen Einreden auch solche verstanden, die eine Abweisung der Klage in der angebrachten Art (oder eine absolutio ab instantia, s. Ab instantia absolvieren) bewirken sollen, also z. B. die E. der mangelnden Fähigkeit, vor Gericht auftreten zu können. Peremtorische oder zerstörliche Einreden nennt man diejenigen, durch die eine Zerstörung des der Klage zu Grunde gelegten Rechts für immerdar herbeigeführt werden soll. Dazu gehört z. B. die E. der Zahlung. Eine weitere Unterscheidung ist die zwischen sachlichen und prozessualen Einreden, zu denen insbes. die prozeßhindernden Einreden gehören, deren Geltendmachung von der Verpflichtung, zur Hauptsache zu verhandeln, befreit. Die Zivilprozeßordnung (§ 274 ff.) führt folgende prozeßhindernde Einreden auf: Die E. des unzuständigen Gerichts, der Unzulässigkeit des Rechtswegs, die E., daß die Entscheidung des Rechtsstreits durch Schiedsrichter zu erfolgen habe, die E. der Rechtshängigkeit, der mangelnden Sicherheit für die Prozeßkosten, die E., daß die zur Erneuerung des Rechtsstreits erforderliche Erstattung der Kosten des frühern Verfahrens noch nicht erfolgt sei, sowie die E. der mangelnden Parteifähigkeit, der mangelnden Prozeßfähigkeit oder der mangelnden gesetzlichen Vertretung. Die prozeßhindernden Einreden sind nach § 274 gleichzeitig und vor der Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Nach dem Beginne der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache dürfen sie nur vorgebracht werden, wenn der Beklagte auf die betreffende E. nicht wirksam verzichten kann, oder wenn er glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden nicht im stande war, sie vor der Verhandlung zur Hauptsache geltend zu machen. Einreden andrer Art dürfen nach § 278, wie sonstige Angriffs- und Verteidigungsmittel, bis zum Schluß derjenigen mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, auf die das Urteil ergeht. Wenn der Beklagte es lediglich in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit unterlassen hat, seine Verteidigungsmittel früher vorzubringen, können sie auf Antrag zurückgewiesen werden (§ 279). Jedoch darf der Beklagte noch in der Berufungsinstanz Einreden geltend machen, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden. Die Bemängelungen der Zulässigkeit oder Wirkung eines vom Gegner vorgebrachten Beweismittels werden Beweiseinreden genannt (s. Beweis, S. 801). Auch im Strafverfahren wird bisweilen der Ausdruck E. zur Bezeichnung von Verteidigungsmitteln des Beschuldigten gebraucht, z. B. bei Beleidigungen von der E. der Wahrheit gesprochen (s. Beleidigung). Vgl. Einwendung und Prozeßvoraussetzungen. Vgl. Albrecht, Die Exzeptionen des gemeinen teutschen Zivilprozesses (Münch. 1835); O. Bülow, Die Lehre von den Prozeßeinreden und die Prozeßvoraussetzungen (Gießen 1868); Schwalbach, Die Prozeßvoraussetzungen im Reichszivilprozeß (im »Archiv für die zivilische Praxis«, 1880, Bd. 63, S. 390–430); Langheineken, Anspruch und E. nach dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (Leipz. 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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