- Dahomé
Dahomé (Dahomey), franz. Besitzung, ehemaliger Negerstaat in Nordwestafrika (s. Karte »Guinea« und Karte »Togo«), 152,000 qkm groß mit etwa 1 Mill. Einw, grenzt im W. an das deutsche Togogebiet, im O. an die britische Lagoskolonie und umfaßt die beiden Vasallenstaaten Abomé und Allada nebst den andern Erwerbungen im Hinterlande. Hinter einem schmalen, sandigen Küstenstrich ziehen sich Lagunen hin, in deren größte der das Land von N. nach S. durchfließende Wheme oder Oagbo mündet und dann von dort aus in mehreren Mündungsarmen ins Meer tritt. Darauf folgt ein dichtbewaldetes Plateau bis zum großen, 10–12 km breiten Lamasumpf, dann Reihen niedriger Hügel an beiden Ufern des Wheme, endlich das Quellgebiet dieses Flusses, das Gebirgsland Mahé. Waldungen aus Wollbäumen und Palmen wechseln mit ausgedehnten Savannen ab. Das Klima ist an der Küste durch die Ausdünstungen der Lagunen sehr ungesund, wird aber nach dem Innern zu erträglicher. Pflanzen- und Tierwelt sind die des übrigen tropischen Afrika. Die Bevölkerung bestand ursprünglich aus Ejo, die indes fast vollständig ausgerottet sind, heute aber aus Ewe. Ihre Sprache, das Ewe (grammatisch dargestellt von Schlegel, Stuttg. 1857), ist nach Fr. Müller mit den übrigen Sprachen der Küste von Guinea verwandt; nach Lepsius schließt sie sich durch den Gebrauch von Nominalpräfixen auch an den großen südafrikanischen Bantusprachstamm an. Die Religion ist der gröbste Fetischismus: die Ewe erkennen einen guten und einen bösen Geist an, verehren aber besonders den letztern, den sie fürchten. Die Fetischgötter, aus rotem Ton geformt, stehen am Eingang der Städte und Dörfer, wo jeder Kaufmann den Zehnten und die heilige Gabe abliefern muß. Man verehrt auch Schlangen sowie Leoparden und Affen. Die Priester und Priesterinnen werden selbst vom Könige geehrt. Erstere, deren Kopf fast immer auf der rechten Seite rasiert ist, kleiden sich sehr reich; die Priesterinnen schmücken ihr Haar mit Kauris und Perlen. Menschenopfer waren bei den Hoffesten und Begräbnissen üblich (s. unten). Der Glaube an ein Fortleben nach dem Tod unter glücklichen Verhältnissen ist allgemein. Musik (Tamtam, Elefantenzähne, Kalebassen, Rohrflöte, Harfe) und Tanz sind sehr beliebt. Hauptbeschäftigung ist der Ackerbau; man baut Mais, Hirse, Maniok, Bohnen, Yams, süße Bataten und Erdnüsse sowie alle Arten von Gemüsen. Ölpalmen hat man in zahllosen Mengen rings um die Dörfer gepflanzt. Die Haupterzeugnisse sind Palmöl, Palmkerne, Kokosnüsse, Kolanüsse, Kautschuk. An der Küste bei Porto Novo werden gut gedeihende Versuchspflanzungen von Kaffee, Kakao und Kautschuk betrieben, und im Bezirk Abomé-Kalavi sind Kautschukpflanzungen angelegt. Als Haustiere hält man in großer Menge Schafe, Ziegen, große Schweine, Truthühner, Hühner, Enten, Gänse, Tauben und Perlhühner. Der Gewerbfleiß liefert Baumwollengewebe, harte Tongefäße in Gestalt von Kalebassen, eiserne Klingen und Ackergeräte, Leder, vegetabilische Seide, Farbwaren etc. Aus dem roten Ton, aus dem fast durchweg der Boden besteht, fertigt man harte Blöcke zum Aufbau der Mauern und Häuser. Man versteht auch Stoffe zu sticken und zwar mit europäischer Wolle und Seide. Der Handel, an dem Deutschland an erster Stelle teil hat, geht über Kotonu, Porto Novo, Whydah und Grand Popo. Die Einfuhr betrug 1902: 17,090,386, die Ausfuhr 13,669,226; am Gesamthandel war Frankreich mit 7,914,000 Fr. beteiligt. Haupteinfuhrgegenstände sind Zeuge, Branntwein, Salz, Pulver, Tabak; Hauptausfuhrartikel sind Palmkerne und Palmöl, daneben getrocknete Fische, Mais, Tiere, Kolanüsse, Erdnüsse, Elfenbein, Kautschuk. Der Schiffsverkehr betrug 1899: 441 Dampfer von 398,500 Ton., davon waren 183 deutsche, 126 englische, 123 französische und 9 italienische. Von 20 Postanstalten wurden 1900: 196,957 Briefsendungen befördert. Eine etwa 1000 km lange Telegraphenlinie geht von Porto Novo nach Carnotville, Kuanda, Diapaga, Fada N'Gurma; Zweiglinien führen von Diapaga über Botu nach Say am Niger, etwa 400 km, und von Carnotville über Paraku, Nikki, Kandi nach Madecali am Niger, etwa 400 km. Eine Eisenbahn, die von Porto Novo über Abomé nach Carnotville führen soll, befindet sich im Bau. Als Münze dienen die Kauris, deren 2000 den Wert von 1 span. Taler haben. Die Staatsform war früher eine absolute Monarchie, doch ist jetzt die Macht der Könige nur gering. Die Kolonie ist administrativ in das eigentliche D. und in Ober-D. (Haut-Dahomey) eingeteilt; letzteres zerfällt in die Distrikte Borgu mit der Station Paraku, Djugu-Kundé mit Djugu, Gurma mit Fada N'Gurma und Moyen Niger mit Kandi. Das Budget der Kolonie wurde für 1903 mit 3,766,575 Fr. festgesetzt. Der Verwaltungsrat besteht nach dem Dekret vom 11. Okt. 1899 aus dem Gouverneur und 6 Mitgliedern, davon 3 Beamte und 3 angesehene Einwohner, die vom Gouverneur auf zwei Jahre ernannt werden. Hauptstadt des nördlichen Königreichs ist Abomé (s.d.), Sommeraufenthalt des Königs das 10 km südlich gelegene Canna, zu dem eine gute Straße führt; noch weiter südlich jenseit des Lamasumpfes liegt der wichtige Handelsplatz und die Hauptstadt des südlichen Reiches, Allada, mit 15–18,000 Einw.
D. war vor dem 17. Jahrh. unbedeutend; sein Hauptort, das Dorf Dahif (Darhiff), lag nahe bei Abomé, das 1625 der Häuptling Tacoodonu (Takudua) eroberte und zur Hauptstadt eines Reiches machte, das durch Eroberung von Allada 1724, von Whydah 1727 und der Küste 1772 bedeutend erweitert wurde; später unterwarfen sich auch die Mahé im Norden. Allada ward Ende des 18. Jahrh. die Hauptstadt, anderen Stelle jedoch dann wieder Abomé trat. Als Ende des 18. Jahrh. der Sklavenhandel von der Westküste Afrikas einen lebhaften Aufschwung nahm, beteiligte sich D. eifrig daran. Damit trat das Land in Berührung mit den Europäern, die bald Vorstellungen gegen die jährlichen, nur durch systematischen Sklavenraub zu ermöglichenden Menschenschlächtereien erhoben. König Gezo (Gheso; gest. 1858) schaffte diese auch ab; doch führte sie sein Nachfolger Bahadung sogleich wieder ein. Portugal, dem das Fort Ajuda bei Whydah gehört, übernahm 1885 das Protektorat, konnte aber die Menschenopfer auch nicht beseitigen, legte seine Schutzherrschaft 22. Dez. 1887 nieder und räumte den Franzosen das Feld, die bereits 1878 die Schutzherrschaft über Kotonu, 1883 über Porto Novo übernommen und 1885 Groß-Popo besetzt hatten. Sie erlangten 1890 von König Behanzin das Besatzungsrecht von Whydah und die Abtretung der ganzen Küste gegen 20 Mill. Frank jährlich. Als aber der König, der nach dem schnell steigenden Handelsverkehr der Küstenhäfen von Frankreich übervorteilt zu sein glaubte, diesem im Frühjahr 1892 den Krieg erklärte, schlug Oberst A. A. Dodds die Truppen des Königs wiederholt und vertrieb ihn 17. Nov. aus seiner Hauptstadt. Anfang 1893 wurde D. der französischen Kolonie Golfe de Bénin einverleibt und ein Gouverneur in Whydah eingesetzt. Vgl. außer den ältern Werken von Norris (1790), Dalziel (»History of D.«, 1793), Forbes (1851), R. F. Burton (1864, neue Ausg. 1893, 2 Bde.): Foa, Le Dahomey. Histoire, géographie, etc. (Par. 1894); Aublet, La guerre an D. (das. 1894–95); Poirier, Campagne du D.1892–1894 (das. 1894); D'Albeca, La France an D. (das. 1895); Toutée, Du D. au Sahara (das. 1899); »D. et Dépendances« (das. 1900); A. de Salinis, La Marine an D., Campagne de la »Naïade« 1890–1892 (das. 1901); Heudebert, Promenades an D. (das. 1902); Henrici, Karte der Sklavenküste (Berl. 1891).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.