Chokand

Chokand

Chokand (Kokan), ehemaliges Chanat in Zentralasien, jetzt Hauptstadt der Provinz Ferghana im russisch-zentralasiat. Generalgouvernement Turkistan, am Karasu, linkem Nebenfluß des Sir Darja, mit (1897) 54,452 Einw., eine durchaus moderne Stadt, die schönste Zentralasiens, mit breiten Straßen, großen Plätzen, einem großen, in maurischem Stil erbauten Palast, ehemals Residenz des Chans, jetzt des russischen Gouverneurs, einem Basar, dem schönsten Turkistans, in dem alle Produkte Zentralasiens zu finden sind, und starker Garnison. – Nach dem großen Mongolensturm kamen hier die Uzbeken zur Herrschaft. Timur entthronte die Dschengisiden; seine Nachkommen regierten lange, Baber war der letzte. Als dieser von Obeidullah (1511) geschlagen war, verlor C. seine Selbständigkeit, die es erst nach dem Sturz der Schaibaniden (s. Bochara) wiederherstellte. Von der schlaffen Regierung der letzten Aschtarchaniten (s.d.) waren die Herrscher Chokands, seit 1700 völlig unabhängig, wenig beunruhigt. Mit dem Auftreten des Hauses Mangit (s.d.) änderte sich aber das Verhältnis: Mir Maasum führte wegen Chodshent einen blutigen Krieg, und sein Enkel Nasrullah suchte sich Chokands zu bemächtigen, dem Mohammed Ali-Chan von C. durch Grenzerweiterung und durch Hebung des innern Wohlstandes einen gewissen Glanz verliehen hatte. Daraus entstanden seit 1841 langwierge Kämpfe, in denen Mohammed den Tod fand. Mohammeds Enkel, Chudajar-Chan, der seine Residenz in Samarkand aufgeschlagen hatte, vermochte dem Vorschreiten der Russen keinen Damm entgegenzusetzen: die Stadt Turkistan (23. Juni), Tschimkant (4. Okt. 1864) und Taschkend (29. Juni 1865) fielen in ihre Hände. Jetzt nahm sich Mozaffar ed-din von Bochara Chudajars an, eroberte das östliche C. und setzte ihn hier als Chan ein. Gegen die Russen aber verlor er die Schlacht bei Jirdschar 20. Mai 1866; am 5. Juni fiel auch Chodshent. Chudajar mußte die Talgegend des Sir Darja von Mehrem ab abtreten, seine Städte den Russen öffnen und eine Kontribution zahlen. Die äußere Politik wurde ausschließlich von Taschkent aus geleitet; in den innern Angelegenheiten blieb er indes sein eigner Herr. Infolge seiner Bedrückungen empörte sich jedoch 1875 sein Volk und zwang ihn, auf russisches Gebiet zu fliehen; an seiner Stelle wurde sein Sohn Nassr eddin von dem Kiptschaken Abd er Rahmân zum Herrscher von C. eingesetzt. Darauf überschritten die Aufständischen die russische Grenze. Aber das Gefecht bei Teljan, die Einnahme der Festen Machram und C. zwangen Nassr ed-din zur Abtretung des rechten Ufers des Sir Darja von der russischen Grenze bis zum Naryn. Bald brachen aber im südlich vom Sir Darja gelegenen Gebiete Unruhen aus. Pulat-Bek wurde von Abd er Rahmân zum Chan ausgerufen, nach der Einnahme von Andidschan 20. Jan. 1876 jedoch mit diesem gefangen genommen und die Ruhe wiederhergestellt. Nassr ed-din kehrte als Chan zurück, geriet jedoch bald wieder in die Hände der russenfeindlichen Partei. Daraufhin wurde 3. März das bisherige Chanat C. als Ferghana dem Generalgouvernement Turkistan einverleibt. Vgl. Vambéry, Geschichte Bocharas (Stuttg. 1872); Derselbe, Reise in Mittelasien von Teheran nach Chiwa, Bochara und Samarkand (2. Aufl., Leipz. 1873); Krahmer, Rußland in Mittelasien (das. 1898); Nalivkin, Geschichte des Chanats C. (russ.; franz. von Dozon, Par. 1889); Schurtz im 2. Band von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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