Webervögel

Webervögel

Webervögel (Ploceïdae Sund.), Familie der Sperlingsvögel, schlank gebaute Vögel mit starkem, konischem Schnabel, vorn getäfeltem, an den Seiten geschientem Lauf und meist kurzem, abgerundetem, zuweilen verlängertem Schwanz, sind über Südasien, Indien, den Indischen Archipel, Australien und Afrika verbreitet und bauen meist künstliche, beutelförmige Nester. Man teilt die Familie in drei Unterfamilien: Prachtfinken (Spermestinae Cab.), Witwenvögel (Widafinken, Viduanae Cab.) und echte W. (Ploceïnae Cab.). Letztere sind große oder mittelgroße Finken mit meist kräftigem, mittellangem, schlankem Schnabel, hochläufigen, langzehigen Füßen, langen, stumpfen Flügeln, mittellangem, leicht gerundetem Schwanz und oft sehr prächtigem Gefieder. Sie finden sich in Afrika nördlich bis zum 18.°, auf den westlichen und südöstlichen afrikanischen Inseln und in Südasien, leben auch während der Brutzeit gesellig, schlagen sich später in große Flüge zusammen und unternehmen auch ausgedehnte Wanderungen. Ihre Brutansiedelungen zeigen große Mannigfaltigkeit und bedeutende Kunstfertigkeit. Meist findet man 20–30 und oft viel mehr Nester auf einem Baum. Manche W. bauen ihre Nester so dicht aneinander, daß die ganze Ansiedelung wie ein einziger Bau erscheint; andre errichten sehr große Nester mit mehreren Nistkämmerchen für verschiedene Paare (s. Tafel »Nester II«, Fig. 3). Sie brüten mehrmals im Jahre. Die Männchen sind fortwährend mit dem Bau von Nestern beschäftigt und errichten auch solche für sich allein, während die Weibchen brüten. Das Baumaterial besteht aus Grashalmen, Reisig, Wurzelfasern. Bei aller Geselligkeit sind die W. nicht friedfertig, Gesang ist ihnen versagt. Sie nähren sich von Sämereien und Kerbtieren. Bei herannahender Nistzeit erhalten die Männchen ein prachtvolles Hochzeitskleid, während die Weibchen beständig grau bleiben. In Vogelstuben beginnen sie alsbald den Bau ihrer Nester und brüten auch zum Teil. Zur Gattung Viehweber (Textor Temm.) gehört der Büffelweber (T. erythrorhynchus Sm.) in Südafrika, 24 cm lang, schwarz, mit weißen Säumen auf den vordern Flügeldeckfedern und den Schwingen und mennigrotem Schnabel. Ihm ähnlich ist der etwas größere Alektovogel (T. alecto Temm.) in Mittelafrika, mit gelblich weißem Schnabel. Der Viehweber (T. Dinamelli Horsf.) in Innerafrika und Abessinien, 20 cm lang, ist an Kopf und Unterseite weiß, Mantel, Schwingen und Schwanz schokoladebraun, alle Federn lichter gesäumt, ein kleiner Fleck am Flügelbug, Bürzel und Schwanzdecken sind scharlachrot. Diese W. leben besonders auf Viehweiden, und der Büffelweber sucht die Parasiten vom Rücken der Büffel und in deren Kot. Sie bauen Nester von 1–2 m und mehr Durchmesser und legen darin Nistkammern für 3–8 Paare an. Das Gelege besteht aus 3–4 Eiern. Die Edelweber (Hyphantornis Gray) in Afrika und Südasien bauen auf Bäumen in großen Brutansiedelungen meist ovale Nester mit kreisrundem Einflugloch von unten, sehr dichtem Dach und leichtem, durchsichtigem Lager für die 3–5 Eier. Hierher gehört der Maskenweber (H. abyssinicus Gm.), 17 cm lang, mit schwarzem Kopf und Kehle, an den Kopfseiten mit orangebrauner Binde, am Nacken, Hinterhals, Rücken, den untern Flügeldecken und der Unterseite hochgelb, an der Unterbrust bräunlichgelb. Er wohnt in Nordost- und Ostafrika, und hier findet sich auch der kleinere Goldweber (Goldvogel, H. galbula Rüpp.), der am Vorderkopf hell rotbraun, am Oberkopf, Hals und Unterseite gelb, oberseits olivengelb, auf dem Bürzel lebhafter, auf den Flügeln dunkler braun, mit gelber Querbinde, auf dem Schwanze bräunlich olivengelb gefärbt ist. Der schwarzköpfige Weber (H. textor Gm., s. Tafel »Stubenvögel II«, Fig. 7), an Kopf und Kehle schwarz, Nacken und Brustband braun, oberseits gelb, unterseits hellgelb, bewohnt West-, Mittel- und Nordafrika. Die Ammerweber (Ploceus Cuv.), in Afrika und Asien, bilden große Brutansiedelungen auf Bäumen, an Hausdächern, im Buschwerk und Röhricht. Der Bayaweber (P. Baya Blyth.), 15 cm lang, oberseits dunkelbraun und weiß, unterseits fahlweiß, auf der Brust hellbrau überlaufen, am Gesicht und Vorderhals schwarz, am Oberkopf gelb, lebt in Indien, auf Ceylon, Malakka und Java, baut ein retortenähnliches, sehr festes Nest aus Palmen und schleppt kleine Lehmklumpen hinein, an welche die Eingebornen allerlei Fabeleien geknüpft haben. Der Blutschnabelweber (Dioch, P. sanguinirostris L.), 13 cm lang, fahlrot, am Kopfe schwarz, auf dem Mantel grünlich schwarzbraun, an der Unterseite fahlweiß, mit braunen Augen, dunkel purpurrotem Schnabel und rötlichbraunen Füßen, bewohnt den größten Teil West- und Innerafrikas, kommt in außerordentlich starken Flügen vor und nistet auf Bäumen. Das Gelege besteht aus 3–4 blaugrünlichen Eiern. Die Feuerfinken (Euplectes Sws.) wohnen und brüten in Getreidefeldern, im Gestrüppe oder Röhricht und bauen ihre Nester zwar auch gesellig, aber über einen größern Raum verbreitet dicht über den Grund und aus Halmen oder Rohrblättern sehr locker zusammengefügt. Der Feuerfink (Orangevogel, E. franciscana Isert.), 12 cm lang. ist außer der Paarungszeit wie das Weibchen beständig sehr einfach sperlingsartig gefärbt, im Hochzeitskleid aber werden die Federn weich und samtartig und in der Steuergegend förmlich zerschlissen und auffallend lang. Der Vogel ist dann an Stirn, Wangen, Brust und Bauch schwarz, im übrigen lebhaft rot, auf den Flügeln braun, mit fahlbrauner Zeichnung. Er bewohnt alle Durra- und Duhnfelder wasserreicher Gegenden von Mittelnubien bis Innerafrika und schweift nach der Ernte mit den Jungen im Lande umher. Vgl. Ruß, Die W. und die Widafinken (Magdeb. 1884).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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