Schellfisch

Schellfisch

Schellfisch (Gadus Gthr.), Gattung der Weichflosser und der Familie der Schellfische (Gadidae), Fische mit mehr oder weniger verlängertem, mit kleinen, weichen, zahnrandigen Schuppen bedecktem Körper, drei Rücken- und zwei Afterflossen, selbständiger Schwanzflosse, schmaler, an die Kehle gerückter Bauchflosse, einem Bartfaden an der Spitze der Unterkinnlade und großer Schwimmblase. Der Kabeljau (Kabliau, Gadus Morrhua L., s. Tafel »Fische IV«, Fig. 8), bis 1,6 m lang, bis 50 kg schwer, oberseits grau, braun oder olivengrün, gefleckt, unterseits gelblichweiß, mit breiter, weißer, häufig gefleckter Seitenlinie. An manchen Orten werden rote, graue, gelbe oder schwarze Varietäten gefangen. Der Kabeljau bewohnt das Atlantische Meer vom 40.° an und das Eismeer bis zu 75° nördl. Br., in einer kleinern Varietät (50 cm lang) als Dorsch (Bergenfisch, G. Calliaras L.) auch die Ostsee, hält sich hauptsächlich in den Tiefen dieser Meere auf, geht aber zur Fortpflanzung in ungeheuern Scharen (Bergen), die mehrere Meter hoch übereinander schwimmen, auf verhältnismäßig flach liegende Bänke, wie die von Neufundland und Rockall, und laicht an der östlichen Seite des Ozeans wegen des Golfstroms schon im Februar, an der westlichen im Mai und Juni in einer Tiefe von 45–90 m. Das Weibchen enthält 4 (9) Mill. Eier; die Jungen sind im dritten Jahre fortpflanzungsfähig. Er ist ungemein gefräßig, nährt sich von Fischen, Krebsen, Muscheln, folgt den Zügen der Heringe und sammelt sich zeitweise in unglaublicher Menge an den Neufundlandbänken, den Lofoten, der Doggerbank etc. Dort wird er leicht mit der Grundschnur und Handangel, an der norwegischen Küste in Netzen gefangen. Die gefangenen Tiere werden enthauptet, ausgeweidet und der Länge nach in zwei Hälften zerschnitten, die man auf Gerüsten an der Luft trocknet (Stockfisch); andre werden gesalzen und auf Klippen getrocknet (Klippfisch) oder eingesalzen in Fässer verpackt (Laberdan). Die Lebern werden auf Lebertran, andre Abfälle auf gewöhnlichen Tran und Fischguano verarbeitet. Aus den Schwimmblasen fertigt man Leim, und der gesalzene Rogen dient als Köder beim Sardinenfang. In neuerer Zeit gelangt der schmackhaftere Dorsch in größern Quantitäten auch in die Binnenstädte Deutschlands. Seine hauptsächliche Bedeutung hat der S. als Fastenspeise in katholischen Ländern. Etwa 4000 Schiffe sind in der dreimonatigen Fangzeit an den Lofoten und im Westfjord versammelt und bereiten dort die obengenannte Ware, während von den englischen Fischereigründen der Fisch meist frisch ins Land verschickt wird. Norwegen liefert durchschnittlich im Jahre 52 Mill. Kabeljaus. Auf den Weltmarkt kommen jährlich etwa 150 Mill. getrocknete und gesalzene Kabeljaus. Viele der früher ergiebigsten Gründe, wie die Doggerbank, die Süd- und Westküste Islands etc., sind mehr oder weniger unergiebig geworden; die großartigste Fischerei wird aber schon seit fast 300 Jahren an den Küsten von Neufundland, Neuschottland und Neuengland betrieben. Die Zahl der jährlich gefangenen Kabeljaus wird auf 400–600 Mill. Stück geschätzt; in Europa beschäftigt sein Fang etwa 100,000 Menschen. In Schottland hat man Kabeljaus längere Zeit in Salzwasserteichen gehalten, mit allerlei Muscheln gefüttert und gute Resultate erzielt. In Nordamerika hat man den Kabeljau durch künstliche Erbrütung großer Massen von Eiern an Küstenstrichen eingeführt, denen er früher fehlte. Der S. (G. Aeglefinus L., s. Tafel »Fische IV«, Fig. 4), bis 90 cm lang und bis 8 kg schwer, gestreckter gebaut, am Rücken bräunlich, an den Seiten silbergrau, mit schwarzer Seitenlinie und schwarzem Fleck hinter der Brustflosse, am Bauch weißlich, lebt überall in Scharen in der Nordsee, findet sich seltener und nur bis Kiel hinab in der Ostsee und kommt im Februar und März hart an die Küste, um zu laichen. Man fängt ihn viel mit Grundleine und Handangel, weniger mit Netzen und bringt ihn frisch auf die Märkte Englands, Nordwestfrankreichs, Deutschlands, Hollands und Norwegens; sein Fleisch, das man auch einsalzt und räuchert, ist sehr geschätzt. Der Wittling (Merlan, G. Merlangus L.), 30–60 cm lang, ohne Bartfaden, hell braungrau, an den Seiten und am Bauch weiß, mit dunkeln Flecken an der Wurzel der Brustflossen, findet sich in den westeuropäischen Meeren von den Orkneys bis Portugal, minder häufig in der Nord- und Ostsee bis zur Danziger Bucht, tritt bei weitem nicht so massenhaft auf wie die vorigen, kommt aber in Scharen im Januar und Februar den Küsten sehr nahe; sein Fleisch gilt als besonders wohlschmeckend. Der Köhler (G. carbonarius L.) ist dunkel gefärbt, bewohnt besonders die nördlichen Meere, findet sich aber auch in der Nord- und Ostsee. Er liebt felsigen Grund in nicht zu großer Tiefe und lauert versteckt auf Beute: Heringe, Kruster etc. Die Laichzeit währt von Dezember bis Februar. Sein Fleisch ist wenig geschätzt, es kommt gesalzen und getrocknet in den Handel. Junge Köhler sind schmackhafter. In Seewasserteichen wird er sehr zahm. Die Gattung Merluccius Gthr. (Meer- oder Seehecht) umfaßt Fische mit zwei Rückenflossen, einer Afterflosse, gesonderter Schwanzflosse, gut entwickelten Bauchflossen, ohne Bartfäden. Der Kummel (Kalmul, Hechtdorsch, M. vulgaris Flem.), 1,25 m lang, bis 16 kg schwer, oberseits braungrau mit schwarzen Punkten, an den Seiten heller, am Bauch silberweiß, bewohnt das Mittelmeer und den Atlantischen Ozean bis 62° nördl. Br., verirrt sich bisweilen in die Ostsee, weilt in der Fortpflanzungszeit vom Januar bis April am Boden des Meeres, folgt den Pilcharden und Anschovis auf ihrem Zug an die Küsten, ist äußerst gefräßig und wird in Massen gefangen und zu Stock- und Klippfisch verarbeitet.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Schellfisch — Schellfisch,der:⇨Dorsch …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Schellfisch — Sm erw. fach. (16. Jh.) Stammwort. Übernommen aus dem Niederdeutschen. Mndd. schellevisch zu schelle Schale, Hülse (Schale1), weil das Fleisch dieses Fisches blätterig ist. ✎ Böthlingk, O. IF 7 (1897), 273f. deutsch s. Schale1, s. Fisch …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Schellfisch — Schellfisch: Mnd. schellevisch (entsprechend niederl. schelvis) wird im 16. Jh. ins Hochd. übernommen. Der Nordseefisch heißt nach seinem muschelig blätternden Fleisch (zu mnd. schelle »Hülse, Schale«; vgl. 2↑ Schale) …   Das Herkunftswörterbuch

  • Schellfisch — Schẹll|fisch 〈m. 1〉 Knochenfisch mit sehr schmackhaftem u. zartem, lockerem Fleisch: Gadidae [<mnddt. schellevisch; zu Schelle „Hülse, Schale“, nach seinem schuppenförmigen, blätterigen Fleisch] * * * Schẹll|fisch, der; [e]s, e [aus dem… …   Universal-Lexikon

  • Schellfisch — 1. Einen Schellfisch auswerfen, um einen Kabeljau zu fangen. In dem Sinne: Die Wurst nach der Speckseite werfen. Holl.: Een aal (schelvisch, spiering) uitwerpen, om een kabeljaauw te vangen. ( Harrebomée, II, 246a.) *2. Er wirft einen Schellfisch …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Schellfisch, der — Der Schếllfísch, des es, plur. die e, eine Art Kabliau oder Dorsch, welcher silberfarbig, und sehr schmackhaft ist, und häufig in der Nordsee gefangen wird; Gadus Aeglefinus L. Er hat den Nahmen ohne Zweifel von seinen zwar kleinen, aber sehr… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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