- Ofen [2]
Ofen (hierzu Tafel »Metallurgische Öfen« mit Text), von mehr oder weniger feuerfesten Materialien eingeschlossener Raum, in dem meist durch Verbrennung Wärme entwickelt wird, die entweder in dem Raum selbst zu verschiedenartigen Zwecken benutzt, oder nach außen abgeleitet wird, um zu trocknen, zu heizen etc. Im Haushalt benutzt man Öfen verschiedener Art zum Kochen (s. Kochherde und Kochmaschinen) und zum Heizen (s. Heizung und Zimmeröfen), noch viel größer aber ist die Mannigfaltigkeit der in der Technik zu den verschiedensten Zwecken benutzten Öfen.
Die elektrischen Öfen sollen die Temperatur des elektrischen Lichtbogens von 3500°, die höchste, die uns zur Verfügung steht, für wissenschaftliche und technische Zwecke ausnutzen. Dazu schließt man die Kohlenstäbe, zwischen denen der Lichtbogen gezogen werden soll, in einen abgeschlossenen, aus feuerfestem Material hergestellten Raum ein und bringt in diesen die Körper, die man der Temperatur des Lichtbogens aussetzen will. Die Elektroden oder eine von ihnen macht man beweglich, oder legt in die Beschickung zwischen die Elektroden eine Reihe Kohlen- oder Graphitstückchen, oder setzt einen dünnen Kohlenstab ein, um den Lichtbogen ziehen zu können, der dann nach Abbrennen dieser Verbindungsstraßen bestehen bleibt. Auch kann man den O. mit Kryptol heizen, einem Gemisch von Kohle, Graphit, Sand, Ton und andern Silikaten, rohem Glassalz, Carborandum etc., das in eine halbzylinderförmige Vertiefung in der obern Fläche des aus Schamottesteinen aufgeführten Ofens gebracht und mittels des hindurchgeleiteten Stromes erhitzt wird. Die Elektroden kann man in horizontaler Richtung einander gegenüber oder nebeneinander aufstellen, man kann sie aber auch gegen die Lotrechte neigen und so um eine Achse drehbar befestigen, daß ihre Enden sich zu Beginn der Operation berühren, dann aber, indem sie beide der lotrechten Lage sich mehr nähern, voneinander entfernt werden können. Soll die Schmelzung in einem Kohlentiegel vorgenommen werden, so kann man diesen als Kathode benutzen und einen Kohlenstab als Anode hineinstellen (Despretz 1849, Wilh. Siemens 1879). Für kleinere Öfen werden die Elektroden aus massiver Kohle verfertigt, für größere nimmt man statt der einen eine Reihe paralleler Stäbe, die der Strom gleichzeitig durchläuft, oder setzt die Elektroden aus entsprechend geformten Stücken oder Stäben zusammen (s. unten). Die Wirkung des Bogens hat man auch durch Vorwärmen der Beschickung mittels verbrennender Gichtgase von Hochöfen zu unterstützen gesucht und um die Wirkung gleichmäßig nach allen Richtungen zu verteilen, den Bogen bei Anwendung des Tiegels als Kathode rotieren lassen. Seitdem Moissan 1892 gezeigt hat, daß der elektrische O. zur Herstellung von Karbiden geeignet ist, von denen die meisten bis dahin unbekannt waren, ist seine Benutzung immer allgemeiner geworden, und dies in um so höherm Grade, seitdem man gefunden hat, daß bei seiner Temperatur sich auch Metalle aus ihren Verbindungen oder Erzen abscheiden lassen. So haben sich namentlich an Orten, wo mächtige oder billige Wasserkräfte zur Verfügung stehen, am Niagara, am Rheinfall etc., große Industrien gebildet, die auf der Anwendung des elektrischen Ofens beruhen. Man benutzt ihn zur Darstellung von Karborundum, Calciumkarbid, Aluminium und hat auch Öfen für Zink- und Natriumgewinnung, Darstellung von Graphit, von Eisen und Stahl konstruiert etc. Die elektrischen Öfen verwerten nicht nur die elektrothermische Wirkung des Bogens, sondern auch die elektrolytische des ihn unterhaltenden starken Stromes, sie arbeiten kontinuierlich oder mit Unterbrechungen, um die Öfen abzukühlen und neu zu beschicken. Bei einigen sind Vorrichtungen zur Abkühlung der Elektroden getroffen, sonst weisen sie in ihren elektrischen Teilen wenig Unterschiede auf. Solche zeigen sie jedoch in reichlicher Menge hinsichtlich der für ihren jedesmaligen Zweck nötigen Anordnungen. Es mag genügen, zwei Konstruktionen zu beschreiben, von denen die eine mit;wei Elektroden arbeitet, die andre den Tiegel als eine Elektrode benutzt. Der erste ist einer der zehn elektrischen Öfen, in denen Acheson am Niagara unter einem Aufwand von 100–120 Ampere Stromstärke und 50 Volt Spannung jährlich je 200 Ton. Karborundum erzeugt.
Er ist in Fig. 1 halb im Durchschnitt, halb in der Ansicht dargestellt und besteht aus einem hohlen Parallelepiped aus Mauerwerk, das bei einer Grundfläche von 5,8 × 1,75 m eine Höhe von 1,5 m besitzt. In die Schmalseiten sind die Eisenplatten b eingesetzt, an die einesteils die Stromzuleitungsdrähte angeschraubt werden, und die andernteils mit Löchern zum Durchstecken der 60 die Elektroden bildenden Kohlenstäbe versehen sind. Zwischen diesen befindet sich eine Schicht a von gut zerkleinertem Graphit, während der übrige Raum mit einer Mischung aus Retortenkohle und Ton c angefüllt ist. Der O. arbeitet nicht kontinuierlich; um das Karborundum herauszunehmen, müssen jedesmal die Seitenmauern d abgebrochen werden, während die Quermauern e e mit den Elektroden stehen bleiben. Den Durchschnitt des zweiten dieser Öfen, den Siemens und Halske zur Fabrikation von Karbid angegeben haben, zeigt Fig. 2. Die eine Elektrode (a) bildet der Boden des Tiegels, die andre (b) ist röhrenförmig und hat eine Höhe von 1 m und 0,55 m Durchmesser.
Sie ist aus einer Anzahl mit Falzen ineinander greifender Kohlenstäbe hergestellt (Fig. 3) und mit einem Gemisch von Kalk und Kohle d umgeben. Das im geschmolzenen Zustand auftretende Karbid fließt in das mit einem Knie versehene Rohr c, in dem es erstarrt. Von Zeit zu Zeit wird es herausgenommen, und der O. kann also kontinuierlich im Betrieb bleiben. Bei e und f tritt der Strom ein und aus, das sich bei dem Prozeß bildende Kohlenoxyd gelangt durch die Elektrode b in das Blechrohr g, an dessen Ende es sich entzündet. Die beifolgende Tafel behandelt speziell die in der Metallurgie gebräuchlichen Öfen.
Über letztere vgl. Kerl, Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde (2. Aufl., Leipz. 1861–65, 4 Bde.) und Grundriß der allgemeinen Hüttenkunde (2. Aufl., das. 1880); Ledebur, Die Öfen für metallurgische Prozesse (Freiberg 1878); Schnabel, Lehrbuch der allgemeinen Hüttenkunde (2. Aufl., Berl. 1903); Borchers, Entwickelung, Bau und Betrieb der elektrischen Öfen (Halle 1897) und Die Leistungen der metallurgischen Öfen (das. 1905); Moissan, Der elektrische O. (deutsch von Zettel, Berl. 1897). Über die in den verschiedenen Zweigen der Technik, auch der Hüttenkunde, benutzten Öfen s. die betr. Artikel.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.