- Kuppelei
Kuppelei (lat. Lenocinium), die vorsätzliche Vermittelung und Beförderung der Unzucht. Die K. erscheint als strafbares Vergehen (einfache K.), wenn sie gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch Vermittelung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit zur Unzucht begangen wird, und wird nach § 180 des deutschen Strafgesetzbuches mit Gefängnis nicht unter einem Monat bis zu 5 Jahren bestraft, auch kann zugleich auf Geldstrafe von 150 bis 6000 Mk. sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden; sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Gefängnisstrafe auf einen Tag ermäßigt werden. Als Verbrechen, dessen bloßer Versuch schon strafbar ist, erscheint die K. (schwere K.) dann, wenn dabei 1) hinterlistige Kunstgriffe angewendet wurden, oder 2) wenn der Schuldige zu den verkuppelten Personen in dem Verhältnis des Ehemanns zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden (wenn auch volljährigen) Personen steht. Die K. wird alsdann mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft; auch kann zugleich auf Geldstrafe von 150–6000 Mk. und auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden (§ 181). Im zweiten Falle tritt beim Vorhandensein mildernder Umstände jedoch Gefängnisstrafe ein, neben der auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk. erkannt werden kann. Die Anwendung dieser Strafbestimmungen führt, solange die Frage der Prostitution (s. d.) ihrer Lösung entbehrt, zu unerträglichen Folgerungen. So ist das Vermieten von Wohnungen an Prostituierte, sobald der Vermieter Kenntnis von dem Treiben seiner Mieterin hat, das Halten von Bordellen trotz polizeilicher Genehmigung stets als K. aufzufassen. Dennoch wird nur in Ausnahmefällen (auf Denunziation hin) gegen das eine wie gegen das andre strafgerichtlich eingeschritten, dann aber zumeist ein für das Rechtsbewußtsein des Volkes höchst bedenklicher Widerspruch zu dem Vorgehen der Polizei geschaffen, die ihrerseits die Prostitution nicht nur duldet und überwacht, sondern auch regelt und schützt. Der K. nahe verwandt ist das Delikt der Zuhälterei (§ 181a), das durch die Lex Heinze (benannt nach dem in Berlin geführten Prozeß gegen den Zuhälter Heinze) vom 25. Juni 1900 ins Reichsstrafgesetzbuch kam. Bestraft wird hiernach eine männliche Person (Zuhälter), die von einer Frauensperson unter Ausbeutung ihrer gewerbsmäßig betriebenen Unzucht ganz oder teilweise ihren Lebensunterhalt bezieht oder einer solchen Person hierbei gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz Schutz gewährt oder ihr sonst hierbei förderlich ist. Die Strafe beträgt mindestens einen Monat Gefängnis. Gefängnis nicht unter einem Jahr tritt ein, falls der Zuhälter Ehemann der Frauensperson ist oder sie durch Gewalt oder Drohungen zur Unzucht angehalten hat. In beiden Fällen kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Stellung unter Polizeiaufsicht und Überweisung an die Landespolizeibehörde ausgesprochen werden.
Hierher gehört auch die Bestimmung des § 48 des Auswanderungsgesetzes vom 9. Juni 1897, nach der mit der gleichen Strafe, die § 181 verhängt, derjenige bestraft wird, der eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, unter arglistiger Verschweigung dieses Zweckes zu solcher Auswanderung verleitet. Die Bestrebungen der Mächte, durch internationales Übereinkommen eine wirksame Bekämpfung des Mädchenhandels herbeizuführen, sind besonders durch die im Juli 1902 in Paris abgehaltene Konferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels (traité des blanches) gefördert worden. Am 18. Mai 1904 haben Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Portugal, Rußland, Belgien, Niederlande, Schweden-Norwegen, Dänemark und die Schweiz ein diesbezügliches Übereinkommen getroffen, dem sich später auch Österreich-Ungarn und Brasilien angeschlossen haben. Das Übereinkommen ist für die Staaten, die es bis dahin ratifiziert haben, und das sind die oben genannten mit Ausnahme von Portugal und den Niederlanden, am 18. Juli 1905 in Kraft getreten; Staaten, die später beitreten wollen, haben dies Frankreich mitzuteilen. Nach dem Übereinkommen soll in den einzelnen Vertragsstaaten eine Behörde eingesetzt werden, die alle Nachrichten über die Anwerbung weiblicher Personen zum Zwecke der Unzucht im Auslande zu sammeln hat. Ferner sollen durch einen Überwachungsdienst auf den Bahnhöfen, in den Einschiffungshäfen und während der Fahrt die Begleiter von Frauen und Mädchen, die der Unzucht zugeführt werden sollen, ausfindig gemacht werden. Personen, die als Veranstalter, Begleiter oder Opfer des Mädchenhandels verdächtig sind, sollen den Behörden des Reiseziels und den beteiligten diplomatischen und konsularischen Vertretern mitgeteilt werden. Hierbei leisten sich die Vertragsstaaten gegenseitig Hilfe, verpflichten sich insonderheit, die Identität und den Personenstand von Prostituierten fremder Staatsangehörigkeit festzustellen und die Behörden des Heimatstaates zum Zwecke der etwaigen Heimschaffung zu benachrichtigen, bei Mittellosigkeit derartiger Opfer für ihre zuverlässige Unterbringung in Unterstützungsanstalten oder bei Privatpersonen bis zur Heimbringung Sorge zu tragen und nach Möglichkeit die sofortige Zurücksendung derjenigen zu fördern, die entweder selbst ihre Heimschaffung verlangen, oder von Personen, unter deren elterlicher Gewalt sie stehen, zurückgerufen werden. Endlich sollen die Bureaus und Agenturen, die sich mit der Stellenvermittelung für Frauen und Mädchen nach dem Auslande befassen, überwacht werden. So dankenswert auch dies Übereinkommen ist, so muß doch gleichzeitig im Interesse des reisenden Publikums verlangt werden, daß die Durchführung der angegebenen Schutz- und Vorsichtsmaßregeln nur erfahrenen Personen übergeben wird, weil eine ungeschickte Handhabung leicht zu sehr unangenehmen Zwischenfällen führen kann. Vgl. Schrank, Der Mädchenhandel und seine Bekämpfung (Wien 1904); weitere Schriften von Schidlof (Berl. 1904), Heymann-Dvoràk (das. 1904), Mexin (Basel 1904).
Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (§ 132) ist die K. Verbrechen, wofern dadurch eine unschuldige Person verführt wurde, oder wenn Eltern, Vormünder, Erzieher oder Lehrer sich derselben gegen ihre Kinder, Mündel oder die ihnen zur Erziehung oder zum Unterricht anvertrauten Personen schuldig machen. Die Strafe ist schwerer Kerker von 1–5 Jahren; die Übertretung der K. wird mit strengem Arrest von 3–6 Monaten, nötigenfalls auch mit Orts- und Landesverweisung bestraft.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.