- Konkurrenz
Konkurrenz (franz. concurrence, v. lat. concurrere, zusammen [d. h. miteinander, um die Wette] laufen, nach einem gemeinsamen Ziele laufen) oder Wettbewerb entsteht, wenn sich gleiche Interessen auf einen und denselben Gegenstand richten und jedes den übrigen zuvorzukommen sucht. In der Volkswirtschaft konkurrieren die Käufer einer Warenark miteinander, indem sie, um Befriedigung zu finden, einander überbieten. Mehrung der K. der Käufer wird deshalb eine Preissteigerung bewirken. Von den Verkäufern sucht sich jeder die Abnahme der eignen Waren und Leistungen zu sichern, was durch Erniedrigung des Preises oder auch durch Verbesserung in der Leistung ermöglicht werden kann. Im allgemeinen hat die freie K. eine wohltätige Wirkung. Sie erhält den Preis auf derjenigen Höhe, bei der eine vollständigere Deckung des Bedarfs ohne zu hohen Gewinn oder Verlust der Produzenten in angemessener Weise ermöglicht wird. Die Preissteigerung, die sie bei relativem Mangel veranlaßt, hat wirtschaftliche Einschränkung des Bedarfs auf der einen, Mehrung des Angebots auf der andern Seite zur Folge. Bei relativem Überfluß ruft die K. eine Erniedrigung des Preises hervor, infolgedessen mehr Bedarfe wirtschaftliche Deckung finden können und die zu teuern Produktionen allmählich ausgestoßen werden. Die K. in der Leistung ist ein vorteilhafter Sporn wirtschaftlichen Fortschrittes, indem jeder sich bestrebt, durch technische Vervollkommnung, Kostenersparung, Verbesserungen in dem Produktionsprozeß, Erzeugung besserer Qualitäten oder auch dadurch, daß er den Wünschen der Konsumenten in quantitativer, zeitlicher und örtlicher Beziehung vollständiger nachkommt, sich Absatz und Gewinn zu sichern. So bewirkt die K., zumal wenn die Verbesserungen allmählich Gemeingut werden, eine regelmäßigere, billigere und vollständigere Marktversorgung. Nicht immer ist die K. eine vollkommen freie. Man hat vielfach wirtschaftliche Freiheit und freie K. als identisch bezeichnet. Allein das ist nicht richtig. Auch bei wirtschaftlicher Freiheit kann die freie K. durch Vereinbarungen (Arbeiterkoalitionen, Unternehmerverbände, Kartelle, Verabredungen von Käufern wie Verkäufern) oder durch Eingreifen des Staates (Privilegien, Zunftzwang etc.) künstlich beschränkt werden, aber auch natürliche Grenzen im relativen Mangel von Produktionsmitteln, Alleinbesitz gewisser technischer Kenntnisse, des zureichenden Kapitals u. dgl. finden. Die freie K. führt zu einem Siege der begabtern Kräfte über die schwächern, doch ist dies an und für sich volkswirtschaftlich nicht nachteilig, wenn auch dem einzelnen hieraus ein Schade erwächst. Bedenklicher ist dagegen der Umstand, daß die wirtschaftliche Kraft nicht allein durch die eignen Fähigkeiten bedingt wird, daß Verteilung des Besitzes, Wirtschafts- und Eigentumsordnung ebenfalls dem einen einen bedeutenden Vorsprung vor dem andern verleihen und infolgedessen gerade bei freier K. zu einer schroffern Ausgestaltung der Klassenverschiedenheiten (Sieg des Großbetriebes und damit leicht Aufhebung der K.) führen können. Außerdem aber entfesselt die freie K. alle wirtschaftlichen Kräfte, die bösen wie die guten. Gewissenlosigleit, laxe Geschäftsmoral, unsolide Arbeit, trügerische Reklame und Humbug können dabei leicht auf Kosten der Ehrlichkeit, Tüchtigkeit oder auch ungenügenden Kenntnis obsiegen, ohne daß dabei immer gegen die Bestimmungen des Strafrechts verstoßen zu werden braucht. Wenn darum auch im allgemeinen der Wettbewerb im Interesse einer tüchtigen Ausbildung und Entwickelung der wirtschaftlichen Kräfte freizulassen ist, so ist die K. doch auf vielen Gebieten, sofern hier nicht durch freie Vereinigungen genügender Schutz geschaffen wird, von Staats wegen zu beschränken (Konzessionierungen, Arbeiterschutz, Zwangskassen etc.). In Fällen, in denen Mangel an K. die Ausbeutung ermöglicht, können Taxen (Eisenbahntarife, Taxen für Dienstmänner, Droschken etc.), wo die Auswüchse der K. den soliden Geschäftsmann oder den vielfach schutzlosen Konsumenten bedrohen, wo eine ungesunde K. früherer Geschäftsangehöriger durch Verrat von Geschäftsgeheimnissen u. dgl. droht, können zivil- und strafrechtliche Maßregeln am Platze sein; in manchen Betrieben (Eisenbahnwesen) kann sich die Übernahme auf den Staat, bez. die Gemeinde als rätlich erweisen. So hat man, obwohl im allgemeinen an dem Prinzip der wirtschaftlichen Freiheit festhaltend, doch in den Gesetzgebungen der modernen Kulturstaaten erhebliche Ausnahmen der eben bezeichneten Art geschaffen. In Deutschland wurde die Zahl dieser Ausnahmen in den letzten Jahren durch das Nahrungsmittelgesetz und die Arbeiterschutzgesetzgebung vermehrt.
Gegen eine schädliche K. der eignen Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten und Handlungsgehilfen, solange sie im Dienste sind, gewährt dem Kaufmann das deutsche Handelsgesetzbuch, § 60, 61, 76, gegen die des eignen Gesellschafters während der Dauer des Gesellschaftsverhältnisses § 112, 113 Schutz. Außerdem bestimmt § 9 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, daß mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk. oder mit Gefängnis bis zu 1 Jahr bestraft wird, wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse während der Dauer des Dienstverhältnisses an andre zu Zwecken des Wettbewerbs, oder um dem Geschäftsinhaber Schaden zuzufügen, mitteilt. Zuwiderhandlungen verpflichten außerdem zu Schadenersatz. Gegen die K. ausgetretener Handlungsgehilfen und Arbeiter sucht sich der Geschäftsherr durch hohe Konventionalstrafen zu sichern, die von jenen zu zahlen sind, falls sie vor Ablauf einer bestimmten Zeit oder innerhalb eines bestimmten Gebietes in ein Geschäft gleicher Art als Gehilfen oder Teilnehmer eintreten oder ein solches neu gründen (Konkurrenzklausel, s. d.). Diese Klausel ist auch vom deutschen Handelsgesetzbuch, § 74, anerkannt; jedoch darf in ihr keine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Angestellten liegen, sie darf sich nur auf höchstens 3 Jahre erstrecken und ist ungültig, wenn das Dienstverhältnis ohne Schuld des Angestellten endet, bez. nichtig, wenn der Angestellte bei Abschluß des Vertrags minderjährig war. Hierher gehört auch das Gesetz vom 12. Mai 1894, das analog der französischen Gesetzgebung gegen die Concurrence déloyale (»unlautern Wettbewerb«) einen größern Schutz der Warenbezeichnungen durch Eintragung derselben in eine Zeichenrolle gewährt, indem es jede zum Zweck der Täuschung vorgenommene Aneignung fremder Warenzeichen, Verpackungs- und Ausstattungsarten etc. mit Strafe bedroht. Über die noch energischere Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs durch das vorhin erwähnte Reichsgesetz vom 27. Mai 1896 s. Unlauterer Wettbewerb. Ebenso kann vorübergehend auch die freie K. im internationalen Handelsverkehr durch Änderung der Zollpolitik beschränkt werden, indem fremden Konkurrenten durch Auslegung und Erhöhung von Zöllen der Wettbewerb mit der heimischen Produktion auf dem inländischen Markt erschwert wird. Vgl. Freihandel.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.