Hülsenfruchtbau

Hülsenfruchtbau

Hülsenfruchtbau. Der Anbau der Hülsenfrüchte tritt unter den mitteleuropäischen Wirtschaftsverhältnissen wegen der unsichern Erträge gegenüber den Getreidefrüchten an Bedeutung zurück, während ihr Anbau im südlichen Europa, besonders in Spanien, bedeutende Ausdehnung gewinnt, weil die proteinreichen Samen dieser Pflanzen in jenen Gebieten ein Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung bilden. Außer den Samen, die verschroten auch als Viehfutter Verwendung finden, liefern die Hülsenfrüchte noch sehr nahrhaftes Futterstroh, das jedoch meist schwer einzubringen ist. In wirtschaftlicher Beziehung besitzen die Hülsenfrüchte großen Wert. Sie hinterlassen den Boden reicher an Stickstoff, da sie besonders auf sehr stickstoffarmem Boden die Fähigkeit besitzen, unter symbiotischer Beteiligung bestimmter Mikroorganismen und unter Bildung von Wurzelknöllchen den freien Stickstoff der Luft zu assimilieren. Die Ernterückstände bereichern daher den Boden mit organischer stickstoffhaltiger Substanz. Für den H. ungeeigneter Boden kann durch Bodenimpfung (s. Bodenmüdigkeit) geeignet gemacht werden. Vorzugsweise gebaut werden: Erbse, Linse (meist als Sommerlinse; die Winterlinse gedeiht nur in milden Lagen), Wicke, Acker- oder Pferdebohne (Vicia faba), Wicklinse, Linsenwicke, Platterbse, Kicher, Bohne, Sojabohne; bewährte Sorten sind: Prinz Albert, Mai, Stockerauer preußische Eckererbse; Heller-, Provencerlinse; Narbonner Wicke; blaue englische Ackerbohne, Mazagan, Windsorbohne etc. Über die Lupinen, die vorzugsweise zu Futter- und Gründüngungszwecken gebaut werden, s. Dünger und Düngung (S. 281), Futterbau und Lupine. Die Erbse liebt mäßig feuchte, warme Gegenden; trockne und nasse Lagen sind ihr nicht zuträglich, in rauhen Gegenden wird sie zu spät reif. Die Linse kann trockne Wärme eher vertragen. Die Wicke zieht dagegen kalte, feuchte Gegenden vor, die Pferdebohne mäßig feuchte Lagen. Die Erbse verlangt mäßig gebundenen Boden mit einigem Kalkgehalt, wie mergeligen durchlassenden Lehmboden. Ungeeignet sind strenger Lehm und Ton sowie lose moorige Böden. Auf phosphorsäurearmem Boden werden die Erbsen hartkochend. Die Linsen gedeihen am besten auf unkrautreinem, sandigem, lehmigem, lockerm, tätigem Boden, die Wicke auf mildem Lehmboden und die Pferdebohnen auf tiefgründigem Lehm- oder Tonboden, auf Marschboden, in aufgelassenen Teichen und in mäßig feuchten Steinbrüchen. Als Vorfrucht für Erbse dienen Getreide, gedüngte Kartoffeln, Kleestoppel, nach sich selbst gebaut tritt bald Erbsenmüdigkeit ein. Die Linse wird nach Kartoffeln, die Wicke meist zwischen zwei Getreidearten, die Pferdebohne häufig an Stelle der Brache gebaut. Die Hülsenfrüchte verlangen nur auf sehr stickstoffarmem Boden, um über die et ste Jugend hinauszukommen, geringe Stickstoffdüngungen, weil sie die Fähigkeit haben, sich den atmosphärischen Stickstoff nutzbar zu machen. Für Phosphorsäure- und Kalkdüngung sind sie sehr dankbar. Durch erstere wird bei den Erbsen das Hartkochen der Körner vermieden. Frischer Stallmist beeinträchtigt durch Begünstigung der Blattentwickelung, die leicht zu Lagerfrucht Veranlassung gibt, die Samenbildung; nur die steifstengeligen Pferdebohnen vertragen und lohnen die stärksten Stallmistdüngungen. Zur Saat werden blonde, nicht braungefärbte Erbsensamen einer sich nicht hartkochenden Sorte auszuwählen sein, die möglichst frühzeitig, schon Ende März, weil die jungen Pflanzen gegen Frost wenig empfindlich sind, ausgesät werden müssen. Die empfindlichern Linsen werden etwas später gebaut. An Saatgut werden nach Krafft auf das Hektar genommen von:

Tabelle

Bei feuchter Witterung und dichtem Stande tritt bei Erbse leicht Lagerfrucht ein, die durch das Stiefeln oder Stengeln, d. h. Einstecken von Stäben, einigermaßen verhindert wird. Die wegen ihres niedern Wuchses weniger dem Lagern ausgesetzten Linsen sind unbedingt zu jäten. Bei sorgfältiger Kultur hackt man die Hülsenfrüchte selbst mit der Hand, bei Pferdebohnen in der Regel mit der Pferdehacke. Überstreuen mit Gips befördert die Blattentwickelung, weniger den Hülsenansatz, ist daher nicht anzuraten. Die Hülsenfrüchte werden von mancherlei Pilzkrankheiten, besonders dem Meltau, befallen und von zahlreichen tierischen Feinden heimgesucht. Von letztern zwingen der Erbsenkäfer (Bruchus pisi), der Linsenkäfer (B. lentis) oft zum Aufgeben des Hülsen fruchtbaues. Die Pferdebohnen leiden häufig empfindlich durch schwarze Blattläuse (Aphis viciae), gegen die das Absicheln der befallenen Gipfel der Pflanzen mit einigem Erfolg anzuwenden ist. – Die Ernte findet nach der Getreideernte statt, wenn die ersten Hülsen reif geworden, weil sonst leicht viel Samenausfall eintritt. Erbsen und Linsen werden gewöhnlich ausgerauft oder mit der Sichel geschnitten und in Gebinden oder zweckmäßiger auf Kleepyramiden getrocknet. Bei Kleinkultur sucht man das Reisen der Hülsen durch das Pinzieren der Erbsen zu beschleunigen, indem man die Pflanzenspitzen abkneipt. Die Pferdebohnen werden oft erst im Oktober geschnitten, wenn die untersten Hülsen sich schwarz gefärbt haben. Zur Sortierung der Erbsen nach der Größe werden die Erbsensortiermaschine von Karges in Braunschweig oder die, um Reinigen der Rübenkerne verwendeten Rübenstoppel-Auslesemaschinen benutzt. Die Ernteverhältnisse stellen sich (nach Krafft) auf das Hektar wie folgt:

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Vgl. Fruwirth, Anbau der Hülsenfrüchte (Berl. 1898); Tschermak, Künstliche Erbsenkreuzung (in der »Zeitschrift für das landwirtschaftliche Versuchswesen in Österreich«, Wien 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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