Britisches Museum

Britisches Museum

Britisches Museum (engl. British Museum), ein großartiges Nationalinstitut in London, das verschiedenartige, ebenso ausgedehnte wie reichhaltige wissenschaftliche und artistische Sammlungen enthält. Sir Hans Sloane (s.d.), der mit einem Aufwand von 50,000 Pfd. Sterl. eine naturwissenschaftliche Sammlung zustande gebracht hatte, verfügte testamentarisch, daß dieselbe der Regierung für 20,000 Pfd. Sterl. angeboten werden solle. Das Parlament nahm dieses Vermächtnis noch im Todesjahr Sloanes (1753) an und betraute einen Ausschuß von Vertrauensmännern (Trustees of the British Museum) mit Ausstellung der Sammlungen und Verwaltung der zur Verfügung gestellten Gelder. Diese Trustees erwarben das Montague-Haus für 10,240 Pfd. Sterl., und die Sammlung wurde dem Publikum 15. Jan. 1759 eröffnet. Damals bildete das Museum nur drei Abteilungen (Druckschriften, Handschriften und naturgeschichtliche Abteilung), aber das rasche Anwachsen der Sammlungen, teils infolge von Vermächtnissen, teils infolge von Ankäufen, veranlaßte die Trustees, neue Abteilungen zu gründen (so diejenige für Altertümer 1801, für Botanik 1823 etc.), und als die beschränkten Räumlichkeiten des alten Montague-Hauses nicht mehr ausreichten, schritt man zum Bau eines ganz neuen Museums. Dieser Neubau wurde 1823–57 nach den Plänen Sir Robert Smirkes und (soweit es die Lesehalle betrifft) des jüngern Sidney Smirke ausgeführt und seit 1879 infolge eines Vermächtnisses von W. White durch Anbau eines Flügels im SO. erweitert. Durch Ankauf benachbarter Grundstücke 1895 ist die für das Museum verfügbare Fläche auf 5,3 Hektar erweitert worden. Das jetzige Museum nimmt die Stelle des alten Montague-Hauses wieder ein. Die Hauptfassade ist 112 m lang und mit 44 ionischen Säulen verziert. Das Giebelfeld des Portikus, zu dem eine 38 m breite Freitreppe hinanführt, ist mit Skulpturen R. Westmacotts verziert, die den Entwickelungsgang der Menschheit in Künsten und Wissenschaften darstellen sollen. Im innern Hof des ein Viereck bildenden Baues wurde nach dem Vorschlag Thomas Watts' 1854–57 die neue Lesehalle errichtet, ein großartiger Rundbau von 42,6 m Durchmesser und mit einer 32,8 m hohen Kuppel. Die Wände bis unter die Kuppel sind zur Ausstellung von Büchern verwendet, und drei leicht gebaute Galerien ermöglichen den Zutritt zu denselben. Sie steht Lesern von 9 Uhr morgens bis 8 Uhr abends offen und ist elektrisch beleuchtet. Wegen des schnellen Anwachsens der Sammlungen hat man seit 1882 die naturwissenschaftlichen Sammlungen in einem in South Kensington errichteten Neubau untergebracht.

Seit Gründung des Museums sind an 7 Mill. Pfd. Sterl. auf dasselbe verwendet worden, wobei der enorme Wert der Geschenke noch nicht mit in Anrechnung gebracht ist. In jüngerer Zeit belaufen sich die Jahresausgaben auf 138,000 Pfd. Sterl., wozu noch Bewilligungen für besondere Anschaffungen und Baukosten kamen. Die Anzahl der Besucher wechselt je nach den Jahren ungemein. In den Ausstellungsjahren 1851 und 1862 erreichte sie ihren Höhepunkt mit 2,524,754 und 895,077 Personen, wobei die Besucher der Lesezimmer ausgeschlossen sind. Was die Verwaltung betrifft, so nimmt ein Teil der Trustees seine Stellung ex officio ein, teilweise vertreten sind die Familien Sloane, Cotton, Harley, Townley, Elgin und P. Knight, denen das Museum große Schenkungen verdankt, teils werden sie auf Lebenszeit gewählt. An der Spitze des Museums steht als oberster Beamter der Principal librarian. Jede der zwölf Abteilungen der Sammlung steht unter Obhut eines Bewahrers (Keeper), der von Gehilfen und Aufwärtern unterstützt wird. Das neue naturhistorische Museum steht unter einem besondern Superintendenten. Die zwölf Abteilungen sind: gedruckte Bücher, Manuskripte, orientalische Bücher und Manuskripte, ägyptische und assyrische Altertümer, griechisch-römische Altertümer, Münzen, britische Altertümer des Mittelalters, Kupferstiche und Zeichnungen, Zoologie, Botanik, Geologie und Mineralogie.

Die Bibliothek (s. Tafel »Bibliothekgebäude II«, Fig. 2,111,5, IV, 5) zählte 1838 erst 235,000 Bände, jetzt über 2 Mill. Den Grund zu ihr legte Sloanes Sammlung naturwissenschaftlicher Werke. Dazu kam Sir I. Banks' Bibliothek (16,000 Bände), Georgs 111. Bibliothek, von seinem Sohn geschenkt (65,000 Bände), Th. Grenvilles Bibliothek (20,240 Bände). Jetzt beträgt der jährliche Zuwachs 46,000 Bände, und die noch vorhandenen Lücken sucht man so gut wie möglich auszufüllen. Neben dem fast 3000 Foliobände umfassenden Hauptkatalog wird ein gedruckter Katalog (600 Bände) hergestellt und ist fast vollendet. Unter den Handschriftensammlungen (zusammen 55,000 Bände) sind diejenigen von Harley und Cotton hervorzuheben. Die naturwissenschaftlichen Sammlungen sind seit den Tagen Cooks und Vancouvers durch englische Reisende in allen Teilen der Welt bereichert worden. Die Altertümersammlung enthält die unschätzbaren Elgin Marbles vom Parthenon (1816 für 35,000 Pfd. Sterl. angekauft), Sir W. Hamiltons Vasensammlung, die Townley Marbles. Den Grund zur Sammlung orientalischer Altertümer bilden die 1801 von Abercromby aus Ägypten gebrachten Schätze (worunter der berühmte Stein von Rosette); sie sind in jüngster Zeit namentlich durch die von Layard, Rawlinson, Birch, G. Smith u. a. in Assyrien und Babylonien erworbenen Gegenstände bereichert worden. Vgl. Cowtan, Memoirs of the British Museum (Lond. 1871).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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