Wurst [1]

Wurst [1]

Wurst, aus gehacktem Fleisch und Fett, Leber, Lunge, Herz, Gehirn, Schweineschwarte, oft unter Zusatz von Gewürzen, Salz, Salpeter, Grütze, Semmel, Reis, Rosinen etc. bereitete, in Därme, Magen, Blasen oder in Schläuche aus Pergamentpapier gefüllte, schließlich oft auch geräucherte Speise, von der es zahlreiche Sorten gibt. Die meisten Würste werden aus Bestandteilen des Schweines hergestellt, weniger kommen Rind-, Pferde-, Esel-, Maultier-, Schaffleisch, Gänse- und Wildleber, seltener Geflügel, Fische, Krebse zur Verwendung. Man unterscheidet: 1) rohe Fleischwürste, die nur geräuchert werden (Zervelat-, Schlack-, Mett-, Knackwurst etc.); 2) Kochwürste (Leberwurst, Blutwurst); 3) gekochte Fleischwürste (Schwartenmagen, Preßkopf, Zungenwurst); 4) Bratwürste, in der Pfanne oder auf dem Rost gebraten; 5) Brühwürste, die nach dem Räuchern noch kurze Zeit gekocht werden (Frankfurter, Wiener Würste). Vortreffliche Fleischwurst liefern Braunschweig, Gotha, Göttingen, ganz Thüringen, Mecklenburg, Holstein, Pommern, die Hansastädte; Brühwürste: Frankfurt a. M., Offenbach, Mainz, Darmstadt, Wien etc.; Bratwürste: Nürnberg, Koburg. Italien liefert Salami, Mortadella di Bologna, Trient und Debreczin ebenfalls Salami; Frankreich die Würste von Bayonne, Lyon, Arles; Spanien die Garbangeswürstchen. Sehr häufig versetzt man Fleischwurst mit Mehl (15–25 Proz.), wodurch es gelingt, der W. 60–70 Proz. Wasser einzuverleiben. Solche Zervelatwurst wird auf dem Schnitt schnell grau und fault leicht. Auch Blut- und Leberwürste faulen, wenn sie nicht hinreichend gekocht sind, und entwickeln dann das Wurstgift (s. d.). Um der W. eine frische Farbe zu erteilen, färbt man sie oft mit Teerfarbstoffen. Die ersten Nachrichten über W. finden sich in der »Odyssee« (Geißmagen, mit Fett und Blut gefüllt, werden gebraten). Bei den Gastmählern der alten Griechen bildeten kleine, auf dem Rost gebratene Würste sowie gefüllte Saumagen in einer Tunke aus Essig, Kümmel und Silphium neben Eiern und Austern die Vorspeise. Ganze gebratene Schweine, mit den feinsten Würstchen gefüllt, galten als Triumph der Kochkunst. In Rom waren Würste eine der beliebtesten Speisen und wurden in zahlreichen Sorten hergestellt. Die alte Kirche verbot das Wurstmachen als heidnische Sitte, doch wurden im Mittelalter zur Verherrlichung festlicher Tage große Würste in feierlicher Prozession umhergetragen, soz. B. in Braunschweig eine solche von 800 Ellen, in Königsberg 1701 von 2000 Fuß Länge. Seit dem 13. Jahrh. bereitete man Würste nicht nur aus Schweinefleisch, sondern aus gemischtem Fleisch aller Art und würzte dieselben mit Fenchel nebst »andern guten Gewürzen«. Im 14. und 15. Jahrh. gelangten mit Safran und Zimt gewürzte Würste zur Berühmtheit, und im 17. Jahrh. galten als feinste Delikatesse Würste aus einer Mischung von Kalb- und Hühnerfleisch, angemacht mit Milch, Ambra, Moschus und mancherlei andern Gewürzen. Vgl. auch Artikel »Fleisch« und »Fleischzerkleinerungsmaschinen« und über Wurstfabrikation die Schriften von Eppner (6. Aufl., Leipz. 1905), Merges (2. Aufl., Wien 1903), Heß (3. Aufl., Zür. 1889), Iversen (4. Aufl., Leipz. 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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