Sperlingsvögel

Sperlingsvögel

Sperlingsvögel (Passeres, hierzu Tafeln »Sperlingsvögel I-IV«), die artenreichste Ordnung der Vögel, Nesthocker von gewöhnlich kleinem Körper, mit Schnabel ohne Wachshaut und mit Wandel-, Schreit- oder Klemmfüßen. Sie leben meist im Gesträuch und auf Bäumen, fliegen vortrefflich und bewegen sich auf dem Boden hüpfend, seltener schreitend. Ihre Nester sind in der Regel kunstvoll; gebrütet wird ein- bis dreimal im Fahr und zwar von beiden Geschlechtern. Viele S. haben an dem untern Kehlkopf der Luftröhre (s. Vögel) einen Singapparat, nämlich zwei Paar Stimmbänder und mehrere zu ihrer Regulierung dienende Muskeln. Man teilt hiernach die S. wohl in Singvögel (O seines) und Schreivögel (Clamatores) ein. Sehr verschieden ist der Schnabel: bald breit, flach und tief gespalten, bald kegelförmig, bald dünn und pfriemenförmig etc. – Die Anzahl der lebenden Arten beträgt gegen 6000, die in etwa 900 Gattungen und 50 Familien gestellt werden; fossile S. sind nur aus den jüngsten Schichten (Diluvium) bekannt. Ganz oder nahezu kosmopolitisch sind wenige Familien (Schwalben, Raben, Bachstelzen, Drosseln); in Südamerika lebt fast ein Drittel aller Arten. Die wichtigsten Familien sind folgende:


1) Drosseln (Turdidae), Körper kräftig, Kopf groß, Hals kurz, Schnabel gerade, mit feichter Kerbe vor der Spitze, Flügel mittellang. Etwa 25 Gattungen mit 230 Arten; fehlen in Neuseeland. Sie zerfallen in mehrere Unterabteilungen: Wasserstare, Drosseln (Tafel I, Fig. 6) und Spottdrosseln.

2) Sänger (Sylviidae), Schnabel dünn, pfriemenförmig, Flügel mittellang, Gefieder weich, Außenzehe meist lang. Über 70 Gattungen mit etwa 650 Arten; fehlen in Amerika südlich von Brasilien. Von den 7 Unterfamilien sind bemerkenswert die Flüevögel, Sänger (Laubsänger, Gartensänger [Tafel I, Fig. 3], Goldhähnchen [Tafel I, Fig. 2] und Grasmücke) Schilfsänger, Nachtigallen (Nachtigall, Rotkehlchen, Blaukehlchen und Rotschwanz) und Steinschmätzer (Steinschmätzer, Steindrossel und Wiesenschmätzer). Letztere beiden Gruppen werden vielfach zu den Drosseln gerechnet.

3) Zaunkönige oder Schlüpfer (Buschschlüpfer, Troglodytidae), Schnabel schlank, pfriemenförmig, Flügel kurz, gerundet, Lauf lang. Etwa 20 Gattungen mit über 90 Arten; hauptsächlich in Amerika verbreitet (Tafel I, Fig. 1).

4) Baumläufer (Certhiidae), Schnabel schlank und lang, Hinterzehe lang und scharf bekrallt, Schwanz zuweilen mit Stemmfedern, die beim Klettern an Bäumen gebraucht werden. 5 Gattungen mit etwa 20 Arten; hauptsächlich in Europa und Asien (Tafel I, Fig. 4).

5) Spechtmeisen (Sittidae), ähnlich den vorigen, doch Schwanz stets weich. 6 Gattungen mit über 30 Arten; fehlen in Mittel- und Südamerika sowie im tropischen Afrika (Kleiber [Tafel I, Fig. 5]).

6) Meisen (Paridae), Schnabel kurz, fast kegelförmig, Flügel und Schwanz mittellang. 14 Gattungen mit über 90 Arten; zahlreich in der Alten Welt und in Nordamerika.

7) Pirole (Oriolidae), Schwanz lang, kegelförmig, Flügel lang, Schwanz mittellang. 14 Gattungen mit über 40 Arten; in der Alten Welt (Tafel II, Fig. 1).

8) Fliegenfänger (Muscicapidae), Schnabel kurz, hakig, Flügel lang. Über 40 Gattungen mit gegen 280 Arten; fehlen in Amerika gänzlich (Tafel II, Fig. 3).

9) Würger (Laniidae), Körper kräftig, Schnabel hakig, stark gezahnt, Schwanz meist lang. Räuberische Vögel; etwa 20 Gattungen mit 150 Arten, fehlen nur in Süd- und Mittelamerika sowie auf Neuseeland; am zahlreichsten in Afrika (Tafel IV, Fig. 3).

10) Raben oder Krähen (Corvidae), Körper sehr kräftig, Schnabel stark und groß, am Grund mit Bartborsten, Flügel mittellang, Füße groß. 30 Gattungen mit etwa 200 Arten; fast kosmopolitisch (fehlen nur auf Neuseeland). Von den 5 Unterfamilien sind bemerkenswert die Häher und Raben (Tannenhäher, Eichelhäher [Tafel II, Fig. 5), Elster [Tafel II, Fig. 2] und Rabe).

11) Paradiesvögel (Paradiseïdae), Schnabel lang, schlank, Flügel und Schwanz mittellang, einzelne Flügel oder Schwanzfedern oft enorm verlängert, Füße kräftig, Zehen groß. Etwa 20 Gattungen mit über 30 Arten; nur in Australien und auf den benachbarten Inseln (Paradiesvögel und Kragenvogel).

12) Honigsauger (Meliphagidae), Schnabel meist lang und spitz, Flügel mittellang, Schwanz lang und breit, Füße kurz, Zunge vorstreckbar, an der Spitze pinselförmig. Holen aus den Blumen Insekten und Nektar hervor. Über 20 Gattungen mit 140 Arten; nur in Australien und den benachbarten Inseln sowie Polynesien (Tafel II, Fig. 4).

13) Sonnenvögel (Nectariniidae), Schnabel lang, spitz, Flügel kurz, Füße ziemlich lang, Zunge vorstreckbar, röhrenförmig. Lebensweise wie bei der vorigen Familie. 11 Gattungen mit über 120 Arten; in den heißen Gegenden der Alten Welt.

14) Seidenschwänze (Ampelidae), Schnabel kurz, Flügel ziemlich lang. 4. Gattungen mit 8 Arten; in Europa, Nordasien, Nord- und Mittelamerika (Tafel II, Fig. 6).

15) Schwalben (Hirundinidae), Schnabel ziemlich kurz, mit sehr weiter Öffnung, Flügel lang, Schwanz gabelig, Zehen meist lang. 4. Gattungen mit über 90 Arten; kosmopolitisch, sogar im hohen Norden (Tafel III, Fig. 1 u. 2).

16) Stärlinge oder Trupiale (Icteridae), Schnabel lang, kegelförmig, Flügel spitz, Schwanz lang, abgerundet, Füße stark, mit langer Hinterzehe, Gefieder meist schwarz mit gelb oder orange. 24 Gattungen mit etwa 110 Arten; nur in Amerika (Trupial, Kuhvogel [Tafel III, Fig. 3]).

17) Tanagriden oder Tangaren (Tanagridae), Schnabel mit Zahn, Flügel mittellang, Beine kurz, Hinterzehe lang Fruchtfresser. Über 40 Gattungen mit gegen 300 Arten; in ganz Süd- sowie dem östlichen Teil von Nordamerika.

18) Finken (Fringillidae), Schnabel meist kegelförmig, stets am Grund mit einem Wulst, Flügel und Schwanz mittellang, Beine meist kurz. Über 80 Gattungen mit gegen 500 Arten, die in eine Anzahl Unterfamilien verteilt werden; fehlen nur in Australien, den benachbarten Inseln und Polynesien. Bemerkenswert sind die Ammern (Tafel III, Fig. 5), Kreuzschnäbel, Gimpel (Girlitz und Kanarienvogel), Finken (Kernbeißer [Tafel III, Fig. 4], Sperling, Fink, Leinfink, Hänfling, Stieglietz, Zeisig u. Grünfink) u. Papageifinken (Kardinal).

19) Webervögel oder Weberfinken (Ploceïdae), Schnabel stark, kegelförmig, Flügel meist mittellang, Schwanz meist kurz, bauen vielfach beutelförmige Nester. Etwa 30 Gattungen mit 250 Arten; in den Tropen Asiens und Afrikas sowie in Australien und Polynesien, aber nicht auf Neuseeland.

20) Stare (Sturnidae), Schnabel ziemlich lang, stark, Flügel lang, spitz, Schwanz meist lang, Beine kräftig, Hinterzehe lang. Etwa 30 Gattungen mit 130 Arten; in der Alten Welt, mit Ausnahme jedoch des australischen Festlandes (Star, Madenhacker und Hirtenstar [Tafel IV, Fig. 2]).

21) Lerchen (Alaudidae), Schnabel mittellang, gerade, Flügel lang und breit, Schwanz kurz, Hinterzehe mit langer, gerader Kralle. 15 Gattungen mit etwa 110 Arten; fast nur in der Alten Welt mit Ausnahme Australiens, besonders in Südafrika.

22) Bachstelzen (Motacillidae), Schnabel schlank, ziemlich lang, Flügel und Schwanz lang. 9 Gattungen mit etwa 80 Arten; nur in Polynesien nicht verbreitet (Tafel IV, Fig. 1).

23) Königswürger (Tyrannidae), Schnabel stark, lang und breit, Flügel lang, spitz, Beine stark. Über 70 Gattungen mit gegen 330 Arten; nur in Amerika (Tafel IV, Fig. 1).

24) Schwätzer oder Schmuckvögel, Fruchtvögel (Cotingidae), Schnabel ziemlich groß, Spitze hakig, Flügel lang, spitz, Beine kurz. Etwa 30 Gattungen mit über 90 Arten; in den Tropen Amerikas, hauptsächlich in den Wäldern des Amazonenstroms (Tafel IV, Fig. 4).

25) Leierschwänze (Menuridae), Schnabel mittellang, Flügel kurz, Beine lang, Schwanz mit sehr langen Federn, die äußern leierartig geschwungen. Nur Menura mit 2 Arten; im südlichen und östlichen Australien.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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