- Spektralanalyse
Spektralanalyse (hierzu die Tafeln »Spektralanalyse I u. II« in Farbendruck und Tafel III mit Text), Untersuchung des von einem Körper ausgesendeten oder von ihm durchgelassenen Lichtes durch Zerlegung desselben zu einem Spektrum durch Dispersion oder Beugung in der Absicht, die stoffliche Beschaffenheit des Körpers zu ergründen. Weißglühende feste Körper sowie die helleuchtenden Flammen der Kerzen, Lampen und des Leuchtgases, in denen feste Kohlenteilchen in weißglühendem Zustand schweben, geben kontinuierliche Spektren, in denen alle Farben vom Rot bis zum Violett vertreten sind, wenn auch nicht in gleicher Stärke. Die Lage des Energiemaximums ändert sich mit der Temperatur. Es liegt z. B. bei einem rotglühenden Körper (ca. 500°) im Ultrarot, beim Sonnenlicht (ca. 6000°) im Gelbgrün und würde bei ca. 8000° ins Ultraviolett fallen. Es wächst bei einem absolut schwarzen Strahler proportional der fünften Potenz der absoluten Temperatur, bei blankem Platin mit der sechsten Potenz derselben. Gase und Dämpfe können im allgemeinen nicht durch einfaches Erhitzen bis zu den technisch herstellbaren Temperaturen leuchtend gemacht werden, wohl aber durch elektrische Entladungen und chemische Reaktionen (Verbrennung). Im elektrischen Funken oder Lichtbogen sowie in Sauerstoffflammen von hoher Temperatur geben sie ein Linienspektrum, das aus einzelnen hellen Linien auf dunkelm oder schwach leuchtendem Grunde besteht, deren Lage und Gruppierung für die chemische Beschaffenheit des gasförmigen Körpers charakteristisch ist (Tafel I). Bringt man z. B. in die schwach leuchtende Flamme eines Bunsenschen Brenners eine in das Ohr eines Platindrahtes eingeschmolzene Probe eines Natriumsalzes (etwa Soda oder Kochsalz), so färbt sich die Flamme gelb, und im Spektroskop (Tafel III) erblickt man eine schmale gelbe Linie Diese Linie ist für das Natrium charakteristisch und verrät noch den dreimillionsten Teil eines Milligramms Natriumsalz. Diese Empfindlichkeit führte Bunsen, der mit Kirchhoff die S. seit 1860 zu einer chemischen Untersuchungsmethode ausgebildet hatte, zur Entdeckung von Rubidium und Cäsium auf spektralanalytischem Weg, und andre Forscher entdeckten mittels derselben Methode das Thallium, Indium, Gallium, Germanium, Scandium, Samarium und Europium sowie die Gase Helium, Neon, Krypton und Xenon. Auch bei Entdeckung des Radiums leistete die S. wesentliche Dienste. Wo die Temperatur der Bunsenschen Flamme zur Verflüchtigung (namentlich der meisten schweren Metalle) nicht ausreicht, bedient man sich des Ruhmkorffschen Funkeninduktors, dessen Funken man zwischen Elektroden, die aus dem zu untersuchenden Metall verfertigt oder mit einer Verbindung desselben überzogen sind, überschlagen läut, oder auch des elektrischen Lichtbogens, z. B. für Quecksilber der Quecksilberbogenlampe. Auch die Spektren der schweren Met alle sind durch charakteristische, oft sehr zahlreiche helle Linien ausgezeichnet; im Spektrum des Eisens z. B. ca. 4000.
Um Salze, die in Flüssigkeiten gelöst sind, im Induktionsfunken zu glühendem Dampf zu verflüchtigen, bringt man ein wenig von der Flüssigkeit auf den Boden eines Glasröhrchens, in den ein von einer Glashülle umgebener Platindraht eingeschmolzen ist, der mit seiner Spitze nur wenig über die Oberfläche der Flüssigkeit hervorragt (Fulgurator); der Induktionsfunke, der zwischen diesem und einem zweiten von oben in das Röhrchen eingeführten Platindraht überschlägt, reißt alsdann geringe Mengen der Lösung mit sich und bringt sie zum Verdampfen. Um ein Gas leuchtend zu machen, läßt man die Entladung des Induktionsapparats mittels der eingeschmolzenen Drähte a und b durch eine Geißlersche Spektralröhre (s. Abbildung) gehen, die das Gas in verdünntem Zustand enthält. Befindet sich z. B. Wasserstoffgas in der Röhre, so leuchtet ihr mittlerer enger Teil mit schön purpurrotem Lichte, dessen Spektrum aus drei hellen Linien besteht, einer roten, einer grünblauen und einer violetten. Dieselben Linien zeigt das Spektrum des Sirius und der Wega sowie der Sonnenprotuberanzen, so daß man schließen kann, daß diese im wesentlichen aus Wasserstoff bestehen. Viel komplizierter ist das Spektrum des Stickstoffs, das aus sehr zahlreichen hellen Linien und Bändern besteht. Die aus der Mündung der Bessemerbirne, in der dem geschmolzenen Gußeisen durch einen hindurchgetriebenen Luftstrom ein Teil seines Kohlenstoffs entzogen wird, hervorbrechende Flamme zeigt im Spektroskop ein aus hellen farbigen Linien bestehendes Spektrum, das im Laufe des Prozesses sich ändert und an dem gesteigerten Glanz gewisser grüner Linien den Augenblick erkennen läßt, in dem die Oxydation des Kohlenstoffs den gewünschten Grad erreicht hat und der Gebläsewind abgestellt werden muß. Die Linien im Spektrum der Gase werden mit zunehmender Dichte breiter, und schließlich geht das Spektrum in ein kontinuierliches über. Bei Wasserstoff z. B. werden zunächst die violette und blaue Linie breiter, und bei 60 mm Quecksilberdruck bilden sie ein fast kontinuierliches Spektrum, an dessen Ende nur noch die rote Linie isoliert ist. Bei 360 mm verschwindet auch diese Unterbrechung. Die Verbreiterung erfolgt meist einseitig, gewöhnlich gegen das rote Ende des Spektrums hin.
Änderung der Temperatur, der Entladungsform oder der chemischen Reaktion kann einen mehr oder minder sprungweisen Übergang in ein andres Spektrum hervorbringen. So gibt Calcium bei der Temperatur des Bunsenbrenners ein aus breiten Streifen bestehendes Spektrum, im elektrischen Funken dagegen ein aus seinen Linien bestehendes. Da im elektrischen Lichtbogen die Temperatur von der Achse nach außen bedeutend abnimmt, sieht man, falls der Spalt des Spektroskops quer zur Achse gerichtet ist, Linien von sehr verschiedener Länge, von denen die kurzen dem heißen Kern entsprechen, die langen der minder beißen Mantelschicht (Lokyer). Viele Stoffe geben bei niederer Temperatur ein Bandenspektrum an Stelle des Linienspektrums. Es besteht scheinbar aus breiten Banden, die auf einer Seite, Kante genannt, scharf begrenzt und sehr hell sind, gegen die andre hin an Intensität abnehmen und verwaschen auslaufen. Bei genauerer Untersuchung ergibt sich, daß sie meist aus sehr zahlreichen sehr seinen Linien bestehen, die auf der hellen Seite dicht gedrängt stehen, gegen die dunkle hin sich voneinander entfernen, aber bald konstante Abstände annehmen (kanneliertes Spektrum). Es ist ietzt gebräuchlich, die Lage der Linien durch ihre Wellenlängen zu fixieren, und man wählt hierzu als Einheit ein millionstel Millimeter, für das die Bezeichnung μμ eingeführt ist. Früher wurde häufig die Angströmeinheit = 0,1 μμ = 10-7 mm benutzt. Die Linien des Wasserstoffspektrums sind nach einem einfachen Gesetz, der sogen. Balmerschen Formel, angeordnet. Ihre Wellenlängen λ in μμ sind nämlich: λ = 364,720.n2/(n2-4), worin für n der Reihe nach alle ganzen Zahlen von 3 an einzusetzen sind. Für die Spektra der Alkalimetalle gilt eine ähnliche Formel: 1/λ = A-B/n2-C/n4, worin A, B, C Konstanten bedeuten, die von der Natur des Metalls abhängig sind. Einem Metall können zwei oder drei zusammengehörige Werte von A, B, C zugehören, von denen die eine Gruppe die Linien der sogen. Hauptserie bestimmt, die andre die der Nebenserien (harmonische Serien). Die Linien der Nebenserien sind, abgesehen von Li, doppelt oder drei sach. Die der ersten Nebenserie sind stärker, wenig scharf und leicht umkehrbar, die der zweiten schwächer, aber schärfer und nur nach dem roten Ende des Spektrums hin verbreitert. Der Saum einer Flamme, bez. des Lichtbogens sendet nach Lenard nur die Hauptserie des betreffenden Elementes aus, während die innern heißern Teile je nach der Temperatur die 2., 3., 4.,... Nebenserie aussenden. Mit wachsendem Atomgewicht verschieben sich die Serien nach dem roten Ende des Spektrums. Ähnliche Gesetzmäßigkeiten zeigen sich mehr oder weniger auch bei andern Metallen, und selbst bei Bandenspektren hat man solche aufgefunden, doch sind hier die Verhältnisse sehr verwickelt und lassen sich schwer übersehen, da sich die verschiedenen Serien überdecken.
Eine Komplikation tritt ferner dadurch ein, daß bei niedrigern Temperaturen auch die Verbindungen der Metalle (Oxyde, Chloride etc.) besondere Spektra aussenden, während diese in höherer Temperatur infolge von Dissoziation verschwinden. In einer Chlorflamme sind bei gleicher Temperatur die Linien andre als in einer Sauerstoffflamme. Wesentlich für genaue Untersuchungen ist die Verwendung von Rowlands Spiegelbeugungsgittern, bei denen nicht, wie in Glasprismen, Absorption eintritt. Auch Quarz- und Uriolglasprismen können zur Untersuchung ultravioletter Spektra Verwendung finden, für ultrarote Spektra Steinsalzprismen. Auch die dunkeln Absorptionsstreifen auf hellem Grunde, die farbige Körper im Spektrum durchgelassenen Tages- oder Lampenlichts hervorbringen, sind für die chemische Beschaffenheit dieser Körper charakteristisch und gestatten, sie spektralanalytisch zu erkennen. Das Spektrostop kann daher in vielen Fällen zur Nachweisung der Echtheit oder Verfälschung von Nahrungsmitteln, Drogen etc. dienen. Bemerkenswerte Beispiele von Absorptionsspektren zeigt Tafel II. Joddampf und Untersalpetersäuredampf geben außerordentlich zahlreiche seine Absorptionsstreifen. Das Mikrospektroskop, ein mit einem Prismensatz ausgerüstetes Mikroskop, gestattet, diese Untersuchungsmethode auf die kleinsten Mengen anzuwenden. Ebenso gestattet es, die geringsten Mengen Blut und etwaige pathologische Veränderungen desselben nachzuweisen. Die spektroskopische Untersuchung der Absorptionsspektren kann sogar dazu dienen, die Menge der in einer Lösung enthaltenen färbenden Substanz zu ermitteln (quantitative S.). Zu diesem Zweck dienen die Spektrophotometer (s. d.). Bei sehr niedriger Temperatur lösen sich die Absorptionsspektren mancher Kristalle in seine Banden auf. Gleiches gilt für das Emissionsspektrum mancher phosphoreszierender Stoffe, z. B. von Uransalzen. Mit Hilfe des Bolometers gelang es Rubens, ultrarote unsichtbare Strahlen des Spektrums bis zur Wellenlänge 0,661 mm zu beobachten (Reststrahlen, s. d.). Weniger geeignet ist das Bolometer für Strahlen geringer Wellenlänge wegen der geringern Intensität derselben. Auch die Photographie versagte früher bei sehr kurzen Wellen wegen deren starker Absorption in Luft, doch gelang es B. Schumann, im Vakuum mittels Flußspatprismen und gelatinefreier Bromsilberplatte aus dem Spektrum des Wasserstoffs einen Strahl auf der Platte zu fixieren, dessen Wellenlänge auf 100 μμ (0,0001 mm) geschätzt wurde. Vermutlich sind. Röntgenstrahlen unsichtbare Lichtstrahlen von noch kleinerer Wellenlänge. Seit 1898 ist man durch Verwendung von A. Michelsons Stufengitter (Glasplattenstaffel), Perot und Fabrys Interferometer und Summer und Gehrckes Interferenzspektroskop, welche die Erzeugung von Interferenzen sehr hoher Ordnung ermöglichen, imstande, selbst äußerst naheliegende Spektrallinien zu trennen, d. h. die genaue Struktur scheinbar einfacher Linien zu erforschen (die hellgrüne Quecksilberlinie z. B. erweist sich aus 21 Linien zusammengesetzt), mit solcher Genauigkeit, daß vorgeschlagen wurde, die Wellenlänge einer auf solche Weise genau bestimmten Spektrallinie als natürliche Längeneinheit zu wählen.
Schon Fraunhofer hatte beobachtet, daß die helle gelbe Linie des Natriumlichtes dieselbe Stelle im Spektrum einnimmt wie die dunkle Linie D des Sonnenlichtes. Kirchhoff zeigte nun, daß ein gas- oder dampfförmiger Körper genau diejenigen Strahlengattungen absorbiert, die er im glühendem Zustand selbst aussendet, während er alle andern Strahlenarten ungeschwächt durchläßt. Bringt man z. B. eine Spiritusflamme, deren Docht mit Kochsalz eingerieben ist, zwischen das Auge und ein Taschenspektroskop und blickt durch letzteres nach einer Lampenflamme, so erscheint die Natriumlinie dunkel auf hellem Grunde, weil die Natriumflamme für Strahlen von der Brechbarkeit derer, die sie selbst aussendet, undurchsichtig, für alle andern Strahlen aber durchsichtig ist, es ist also eine sogen. Linienumkehr eingetreten, aus dem Emissionsspektrum der Natriumflamme ist ein Absorptionsspektrum geworden. Die Sonne und die meisten Fixsterne haben aber derartige Absorptionsspektren, und es folgt daher aus dieser Tatsache, daß jene Himmelskörper einen aus sehr dichten glühenden Gasen bestehenden Kern von einer Temperatur von ca. 6000° besitzen müssen und über diesem eine Atmosphäre minder dichter glühender Gase lagern muß. die auf das von dem Kern ausgestrahlte weiße Licht eine absorbierende Wirkung ausübt. Durch Ausmessung der Absorptionslinien und Vergleichung mit den Linienspektren irdischer Stoffe erhalten wir hiernach Aufschluß über die Natur der Stoffe, die in den Atmosphären selbstleuchtender Himmelskörper vorkommen. So hat sich ergeben, daß die Fraunhofersche Linie 1). die bei stärkerer Dispersion als eine Doppellinie D1 und D2 erscheint, dem Natrium, C, F und G dem Wasserstoff, E dem Eisen etc. entspricht. Die Wellenlängen der hauptsächlichen Fraunhoferschen Linien sind in μμ:
Wenn man das Sonnenspektrum auf einem Schirm auffängt, der mit einer lichtempfindlichen Substanz überzogen ist, d. h. auf einer photographischen Platte (die hierzu geeigneten Apparate heißen Spektrographen), so schwärzt er sich allmählich, nur die den Fraunhoferschen Linien entsprechenden Stellen bleiben weiß. Der rote Teil des Spektrums wird nur langsam dunkel, viel schneller der blaue und violette, am schnellsten und stärksten aber diejenigen Teile, die jenseit des violetten Endes des sichtbaren Spektrums (λ = 400 μμ) liegen. In diesem chemischen oder ultravioletten Spektrum treten ebenfalls sehr viele Absorptionslinien auf, von denen man die stärksten mit J bis U bezeichnet hat. Nach Cornu kann man das ultraviolette Spektrum bis zur Wellenlänge 293 μμ verfolgen, dann bricht es plötzlich ab, und zwar liegt dies daran, daß unsre Atmosphäre Strahlen von noch kleinerer Wellenlänge vollkommen absorbiert. Das jenseit des roten Endes des sichtbaren Spektrums liegende ultrarote Spektrum hat Langley durch Untersuchung der Wärmewirkung mittels des Bolometers bis zur Wellenlänge 2030 μμ verfolgt. Von 714–987 μμ hat Abney die Lage von 590 Absorptionslinien in demselben bestimmt. Von dem Spektrum von 308–656 μμ hat Rowland eine sehr schöne Photographie mit Hilfe eines Reflexionsgitters hergestellt (»Photographic map of the normal solar spectrum, made with the concave grating«, Boston 1888, 10 Tafeln). – Außer den unzweifelhaft der Sonne angehörigen Spektrallinien gewahrt man im Sonnenspektrum noch andre dunkle Linien, die erst durch die absorbierende Wirkung der Erdatmosphäre entstanden sind und deshalb atmosphärische Linien heißen. Die Fraunhoferschen Linien A und B erscheinen um so dunkler, je tiefer die Sonne steht, und verraten dadurch ihren irdischen Ursprung; nach Angström rühren sie wahrscheinlich von der Kohlensäure unsrer Atmosphäre her. Andre dunkle Linien und Bänder zwischen A und D, namentlich ein Band unmittelbar vor D, sind dem Wasserdampf der Atmosphäre zuzuschreiben. Man nennt sie Regenbänder, weil sie durch ihr Dunklerwerden bevorstehende Niederschläge ankündigen. Vgl. Regenlinien. – Der Mond und die Planeten, die mit erborgtem Sonnenlicht leuchten, müssen natürlich ebenfalls die Fraunhoferschen Linien zeigen. Das Spektrum des Mondes stimmt mit demjenigen der Sonne vollkommen überein, ein neuer Beweis dafür, daß der Mond keine Atmosphäre hat. Venus, Mars, Jupiter und Saturn dagegen lassen in ihren Spektren deutlich den Einfluß ihrer Atmosphären erkennen, die unzweifelhaft Wasserdampf enthalten. Die Spektren der Fixsterne zeigen, ähnlich demjenigen unsrer Sonne, dunkle Linien, die jedoch unter sich und von denen im Sonnenspektrum zum Teil verschieden sind (vgl. Fixsterne, S. 640). Über Astrospektroskopie s. Astrophysik, S. 14. Über die Spektren der Kometen und Nebelflecke s. d.
Wenn eine Lichtquelle mit großer Geschwindigkeit, die mit derjenigen des Lichtes vergleichbar ist, sich uns nähert oder von uns entfernt, so müssen von jeder homogenen Lichtforte, die sie aussendet, im ersten Fall mehr, im letzten Fall weniger Schwingungen in der Sekunde auf das Auge oder das Prisma treffen, als wenn die Lichtquelle stillstände. Da aber die Farbe und die Brechbarkeit eines homogenen Lichtstrahls durch die Anzahl seiner Schwingungen bedingt sind, so muß jene im erstern Fall etwas erhöht, im letztern Fall etwas erniedrigt sein, d. h. die Spektrallinie, welche dieser Strahlenart entspricht, wird nach dem violetten Ende des Spektrums verschoben erscheinen, wenn die Lichtquelle sich nähert, dagegen nach dem roten Ende, wenn die Lichtquelle sich entfernt. Man nennt diesen Satz, der für jede Wellenbewegung gilt und für Schallschwingungen direktnachgewiesen ist, das Dopplersche Prinzip. Als Huggins die Linie F des Siriusspektrums mit der gleichnamigen Wasserstofflinie einer Geißlerschen Röhre verglich, konstatierte er eine meßbare Verschiebung der erstern gegen die letztere nach dem roten Ende hin und berechnete daraus, daß sich der Sirius mit einer Geschwindigkeit von 48 km in der Sekunde von der Erde entfernt. In dieser Weise können mittels des Spektroskops Bewegungen wahrgenommen und gemessen werden, die in der Gesichtslinie selbst auf uns zu oder von uns weg gerichtet sind, während ein Fernrohr nur solche Bewegungen wahrzunehmen gestattet, die senkrecht zur Gesichtslinie erfolgen. Für eine Anzahl hellerer Fixsterne sind auf diese Weise die Bewegungen in der Gesichtslinie ermittelt worden (vgl. Fixsterne, S. 639). Dabei sind allerdings Täuschungen nicht ausgeschlossen. So glaubte man aus den Verschiebungen, welche die Wasserstofflinien in dem Protuberanzenspektrum zeigen, daß bei Wasserstoffausbrüchen auf der Sonne Geschwindigkeiten bis zu 900 km in der Sekunde vorkommen; nach Julius wird aber die Existenz einer scharfen Begrenzung des gasförmigen Sonnenkörpers (die Temperatur liegt sicher über der kritischen, er kann also nicht fest oder flüssig sein) nur durch anormale Dispersion der Strahlen vorgetäuscht und ebenso die Form der Protuberanzen und die Verschiebung der Spektrallinien. Doch ist es gelungen, Werte für die Sonnenrotation selbst in hohen Breiten zu bestimmen (vgl. Sonne, S. 601) sowie sichere Aufschlüsse über die Konstitution des Saturnringes zu erhalten (vgl. Saturn). In neuester Zeit konnte J. Stark selbst die Geschwindigkeit der bewegten leuchtenden Atome bei Entladungsvorgängen, z. B. im Quecksilberdampf und namentlich in den sogen. Kanalstrahlen (s. d.), spektralanalytisch feststellen. Es folgt daraus, daß die Linienspektra durch bewegte positive Atomionen hervorgerufen werden. Die Bandenspektra zeigen den Dopplereffekt nicht, entstehen also auf andre Weise. Über die zur S. benutzten Apparate s. Tafel III mit Text. Vgl. Schellen, Die S. (3. Aufl., Braunschw. 1883, 2 Bde.); Roscoe, Die S. (deutsch, 3. Aufl. mit Schuster, das. 1890); Huggins, Ergebnisse der S. in Anwendung auf die Himmelskörper (deutsch mit Zusätzen von Klinkerfues, 3. Aufl., Leipz. 1873); H. W. Vogel, Praktische S. irdischer Stoffe (2. Aufl., Nördling. 1888); Lockyer, Das Spektroskop (deutsch, Braunschw. 1874) und Studien zur S. (deutsch, Leipz. 1878); Vierordt, Quantitative S. (Tübing. 1876); Kayser, Lehrbuch der S. (Berl. 1883), Über die Spektren der Elemente (mit Runge, das. 1888–91) und Handbuch der Spektroskopie (Leipz. 1900–05, 3 Bde.); Landauer, Die S. (Braunschw. 1896); Gänge, Lehrbuch der angewandten Optik (das. 1886); Konkoly, Handbuch für Spektroskopiker (Halle 1890); Scheiner, Die S. der Gestirne (Leipz. 1890) und Untersuchungen über die Spektra der hellern Sterne (das. 1895); Wislicenus, Abriß der Astrophotometrie und Astrospektroskopie (Berl. 1896); Formánek, Die qualitative S. anorganischer und organischer Körper (2. Aufl., das. 1905); Eder und Valenta, Beiträge zur Photochemie und S. (Halle 1904); Hagenbach und Konen, Atlas der Emissionsspektren der meisten Elemente (Jena 1905).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.