- Leuchtstoffe
Leuchtstoffe (Leuchtmaterialien), Körper von sehr verschiedener Beschaffenheit, die mit leuchtender Flamme verbrennen und gewissen Anforderungen bezüglich ihrer Verwertbarkeit zu häuslichen und gewerblichen Zwecken entsprechen. Abgesehen von der elektrischen Beleuchtung wird das künstliche Licht stets durch einen Verbrennungsprozeß erzeugt. Die bei letzterm entwickelte Wärme genügt zur Erzielung einer sehr hohen Temperatur, und es ist bekannt, daß alle Körper bei hinreichend starkem Erhitzen helles Licht ausstrahlen. Manche Gase, wie Wasserstoff, Kohlenoxyd, Methan, auch mit Luft gemischtes Leuchtgas, Spiritus brennen mit sehr schwach leuchtender Flamme; erhitzt man aber in dieser seinen Platindraht, so gerät er in lebhaftes Glühen und strahlt intensives Licht aus. Gleiches geschieht beim Drummondschen Licht, dei dem in der schwach leuchtenden, aber sehr heißen Knallgasflamme ein Zylinder aus Kalk, Magnesia oder Zirkonerde erhitzt wird. Bei der Verbrennung des Magnesiums erhält man ein blendendes Licht, weil das Verbrennungsprodukt, die Magnesia, in seiner Verteilung in der Flamme zu intensivem Glühen gelangt. Unsre gewöhnlichen L. bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und zersetzen sich in der Flamme in ein Gasgemisch, das, ähnlich dem Leuchtgas, aus Wasserstoff, Kohlenoxyd, Methan, Äthylen etc. besteht. Die drei ersten Gase verbrennen mit schwach leuchtender, aber sehr heißer Flamme, und in dieser wird das Äthylen zersetzt. Es scheidet sich Kohlenstoff in sehr seiner Verteilung ab, gelangt zu lebhaftem Glühen und strahlt Licht aus, verbrennt dann aber im äußern Teil der Flamme zu Kohlensäure. Die Leuchtkraft der Flamme ist in erster Linie abhängig von der Gegenwart solcher Kohlenwasserstoffe, die beim Erhitzen Kohle abscheiden. Methan, das auf 1 Teil Wasserstoff 3 Teile Kohlenstoff enthält, verbrennt mit nichtleuchtender Flamme. Äthylen, Paraffin, Wachs, Stearinsäure geben bei ruhiger Luft eine gut leuchtende, nicht rußende Flamme und enthalten auf 1 Teil Wasserstoff 6 Teile Kohlenstoff. Wachs, Walrat, Stearinsäure geben ein helleres Licht als Talg, weil sie weniger Sauerstoff enthalten. Terpentinöl mit 7,5 Teilen, Benzol mit 12 und Naphthalin mit 15 Teilen Kohlenstoff auf 1 Teil Wasserstoff verbrennen an der Luft mit rußender Flamme, wenn man nicht künstlich Luft zuführt oder wasserstoffreichere Körper zumischt (z. B. Alkohol zu Terpentinöl). Sie eignen sich aber umgekehrt dazu, der nichtleuchtenden Flamme des leichten Kohlenwasserstoffs Leuchtkraft zu geben (vgl. Leuchtgas, S. 464). Führt man einer Flamme zu viel Luft zu, oder entzündet man etwa ein Gemisch von Leuchtgas mit Luft, so wird die Leuchtkraft der Flamme geschwächt oder ganz vernichtet. Dies ist zurückzuführen auf die energische Verbrennung des leuchtenden Kohlenstoffs, der auch im Innern der Flamme den zu seiner Verbrennung nötigen Wasserstoff findet. Eine Übersicht der L. und der Beleuchtungsarten gibt die folgende Zusammenstellung:
A. Der glühende Körper wird von der Flamme selbst geliefert und besteht aus Kohlenstoff.
I. Vergasung und Zersetzung erfolgt durch die Flamme selbst.
a) Feste L. (Kerzenbeleuchtung): Talg, Wachs, Walrat, Stearinsäure, Paraffin.
b) Flüssige L. (Lampenbeleuchtung): pflanzliche und tierische Fette, besonders Rüböl, Baumöl, Kokosöl, Walratöl, Tran; Mineralöle, wie Erdöl, Photogen, Solaröl, Schieferöl, Ligroin; ferner Kamphin, Fuseröle, Alkohol für Arbeiten in komprierter Luft, Schwefelkohlenstoff unter Zuführung von Stickstoffoxyd.
II. Die Vergasung erfolgt getrennt nach Ort und Zeit (Gasbeleuchtung): Steinkohlen, Braunkohlen, Torf, Holz, Mineralöle, Harz, Fette und mancherlei Abfallstoffe.
B. Der glühende Körper wird von der Flamme selbst geliefert, besteht nicht aus Kohlenstoff: Magnesium.
C. Der glühende Körper wird nicht von der Flamme geliefert: Kalklicht (Drummondsches Licht), Gasaglühlicht, Platingas etc.
Die Lichtstärke einer Flamme wird auf photometrischem Weg (s. Photometrie) bestimmt, indem man sie mit einer in ihrer Lichtstärke möglichst konstanten Lichtquelle vergleicht. Zugleich ermittelt man den Konsum an Leuchtmaterial und erhält dann als Produkt aus Lichtstärke (H) und Stoffverbrauch (G) in einer bestimmten Zeit die Leuchtkraft (L). Letztere steht im geraden Verhältnis zur Lichtstärke (H), dagegen im umgekehrten zum Stoffverbrauch (G), und es ist mithin L = H/G. Bezieht man die Leuchtkraft auf gleiche Kosten, so erhält man den Leuchtwert. Hat man z. B. für zwei L. A und B die Intensität H zu 1 und 3 und den Konsum G zu 12 und 30 g für eine Stunde gefunden, so verhält sich die Leuchtkraft L von A:B = 1/12: 3/30 = 1:1,2. Kosten nun 100 g von A 20 Pf. und 100 g von B 15 Ps., so betragen die Beleuchtungskosten für eine Stunde, ohne Rücksicht auf die Lichtstärke, für A (20.12)/100 = 2,4 und für B (30.15)/100 = 4,5 Pf.
Um die Beleuchtungseffekte auf gleiche Lichteffekte zurückzuführen, braucht man die vorher erhaltenen Zahlen nur durch die Lichtstärke zu dividieren und erhält dann für A 2,4/1 = 2,4, für B 4,5/1,2 = 3,75 Pf. Da die bei gleichen Kosten hervorgebrachten Lichtmengen, also der Leuchtwert, sich umgekehrt verhalten wie die Beleuchtungskosten bei gleichen Effekten, so ist der Leuchtwert für B, wenn man den für A = 1 setzt, 2,4:3,75 = x:1 und x = 0,64 Pf. Vgl. Beleuchtung.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.