Kristalloptik

Kristalloptik

Kristalloptik, Lehre von den optischen Eigenschaften der Kristalle. Die regulär kristallisierenden Körper verhalten sich gegenüber dem Licht wie die amorphen Substanzen, sie sind isotrop, während alle nicht zum regulären Kristallsystem gehörigen kristallisierten Körper anisotrop und doppeltbrechend sind (s. Doppelbrechung). Das Licht kommt nach Huygens, der zuerst eine allseitig befriedigende Theorie des Lichtes aufstellte, zustande durch Transversalschwingungen des Äthers, der die Zwischenräume zwischen den Molekülen eines Körpers erfüllt; es kann sich nicht fortpflanzen, ohne auf die Moleküle einzuwirken und wiederum von ihnen eine entsprechende Einwirkung zu erfahren. Diese Einwirkung gibt sich einerseits in einer Schwächung des Lichtes (Absorption), anderseits in einer Änderung seiner Fortpflanzungsgeschwindigkeit kund. Die letztere (v) ist abhängig von der Elastizität (e) des Äthers und von seiner Dichte (d) derart, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit um so größer ist, je größer die Elastizität des von der Lichtbewegung ergriffenen Äthers ist, und je weniger dicht die Ätherteilchen aneinander gelagert sind (v=√(e/d)). Die neue elektromagnetische Lichttheorie führt die Fortpflanzung des Lichtes auf elektrische und magnetische Zustände des Äthers zurück. Ihr gegenüber besitzt die Huygenssche Auffassung aber den Vorzug größerer Einfachheit, letztere genügt zudem vollkommen zur Erklärung aller kristalloptischen Erscheinungen; wir werden deshalb den folgenden Betrachtungen die Huygenssche Theorie zugrunde legen. Nach der Annahme Fresnels kann die Ätherelastizität (oder optische Elastizität) nach verschiedenen Richtungen innerhalb eines Kristalls verschieden sein, während die Dichte d für ein bestimmtes Medium konstant ist. Bei demselben isotropen Körper ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit nach allen Richtungen die gleiche, weil in ihm die Elastizität des Äthers nach allen Richtungen die gleiche ist; sie ist dagegen bei verschiedenen isotropen Medien eine verschiedene, und zwar in den Medien mit größerer Dichtigkeit des Äthers (optisch dichtere Medien) eine geringere als in den optisch dünnern Medien. Das Verhältnis der Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichtes in verschiedenen isotropen Medien ist gleich dem Brechungsverhältnis (s. Brechung, S. 368); wird also der Brechungsexponent oder Brechungsindex μ einer isotropen Substanz, den man von derselben leicht bestimmen kann (s. Prisma), nicht auf die Luft, sondern auf den luftleeren Raum bezogen (absoluter Brechungsexponent), und wird die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in dem luftleeren Raum = 1 gesetzt, so gilt für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes v in dieser Substanz die Relation μ = 1/v = √(d/e) oder v= 1/μ, d. h. die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in einer isotropen Substanz ist umgekehrt proportional dem absoluten Brechungsexponent derselben, und eine optisch dichtere Substanz besitzt einen größern Brechungsindex als eine optisch dünnere.

Die Dispersion oder Farbenzerstreuung (s. d.), welche die Substanzen in mehr oder weniger hohem Grade zeigen, deutet an, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der im weißen Licht enthaltenen verschiedenfarbigen Lichtstrahlen innerhalb der Substanzen verschieden ist oder sein kann.

Bei einer isotropen Substanz, bei der die Elastizität des Äthers nach allen Richtungen die gleiche ist, ist auch der Brechungsexponent und somit die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes nach allen Richtungen gleich. Bei optisch anisotropen (doppeltbrechenden) Substanzen ist dagegen der Brechungsexponent und somit auch die Lichtgeschwindigkeit und die Ätherelastizität in verschiedenen Richtungen im allgemeinen verschieden. Die Ätherelastizität ändert sich bei diesen anisotropen Medien aber nicht willkürlich mit der Richtung, sondern in gesetzmäßiger Weise derart, daß sie bei den optisch einachsigen (tetragonalen und hexagonalen) Kristallen in der Richtung der optischen Achse (der geometrischen Hauptachse) entweder ihren größten (optisch positive Kristalle) oder ihren kleinsten (optisch negative Kristalle) Wert besitzt und in allen Richtungen rings um die Achse, die gleiche Winkel mit der letztern einschließen, die gleiche ist. Das Gesetz der Änderung der Elastizität in den Kristallen wird durch eine Oberfläche, die Elastizitätsfläche, dargestellt, deren Radienvektoren proportional der Ätherelastizität in den betreffenden Richtungen sind, und die, da die Elastizität in der vorher angegebenen Weise mit der Lichtgeschwindigkeit und somit auch mit den Brechungsexponenten zusammenhängt, aus den Brechungsexponenten konstruiert werden kann (Fresnel setzt übrigens die Radienvektoren der Elastizitätsfläche nicht, wie es hier der Einfachheit halber geschieht, direkt proportional der Ätherelastizität, sondern proportional der Quadratwurzel aus der Ätherelastizität). Während die Elastizitätsfläche bei den isotropen regulären Kristallen eine Kugel ist, ist sie bei den optisch einachsigen Kristallen ein Rotationsellipsoid, dessen Rotationsachse der Hauptachse oder der optischen Achse entspricht. Dagegen ist bei den optisch zweiachsigen Kristallen, wie die Theorie lehrt und die Erfahrung bestätigt, die Ätherelastizitätsfläche ein dreiachsiges Ellipsoid, dessen Hauptachsen (Elastizitätsachsen, Hauptschwingungsrichtungen) den auseinander senkrecht stehenden Richtungen der größten (a) und der kleinsten (c) und einer mittlern (b) Elastizität (und den für Ätherschwingungen nach diesen Richtungen gültigen Hauptbrechungsexponenten, dem kleinsten [α], größten [γ] und mittlern [β]) entsprechen. Die durch den Mittelpunkt der Elastizitätsflächen gelegten Schnitte geben in ihren Radien unmittelbar die relativen Größen der Elastizität in der Richtung der Radien an. Sind die Schnitte Kreise, wie das bei dem Rotationsellipsoid mit dem Schnitte senkrecht zur Rotationsachse der Fall ist, so sind alle Radien gleich, d. h. die Elastizität ist in solchen Schnitten (und in allen parallel verlaufenden Ebenen) nach allen Richtungen gleich groß. Die Richtung senkrecht auf einem derartigen Kreisschnitt nennt man optische Achse. Ein Lichtstrahl, der parallel der optischen Achse durch ein Medium geht, also bei den optisch einachsigen Kristallen parallel der Hauptachse, trifft rings um seine Fortpflanzungsrichtung, senkrecht zu dieser, allenthalben die gleiche Elastizität (wie das bei allen Strahlen in einem isotropen Medium der Fall ist) und geht deshalb als gewöhnlicher Lichtstrahl durch den Kristall hindurch; die optisch einachsigen Kristalle sind also in der Richtung der Hauptachse einfach brechend.

In einem dreiachsigen Ellipsoid sind neben den im allgemeinen elliptischen Schnitten (Fig. 1) zwei Kreisschnitte möglich; das sind die beiden Schnitte, die durch die Achse der mittlern Elastizität b (yoy der Figur) und durch denjenigen Radius des durch die Achsen a (xox) u. c (zoz) gelegten elliptischen Schnittes (xzxzx) gehen, der, in seiner Größe zwischen a und

Fig. 1. Dreiachsiges Ellipsoid.
Fig. 1. Dreiachsiges Ellipsoid.

c stehend, genau die Größe b besitzt; hier sind also zwei optische Achsen (die Senkrechten zu den beiden Kreisschnitten yk1yk1y und yk2yk2y) vorhanden, die stets in der durch die Achse der größten (a=xox) und die Achse der kleinsten (c=zoz) Elastizität gelegenen Ebene, dem sogen. Hauptschnitt ac, gelegen sind so daß die Halbierungslinie des zwischen den optischen Achsen gelegenen spitzen Winkels (optischen Achsenwinkels), die sogen. erste Mittellinie, entweder mit der Achse a (bei den optisch negativen Kristallen) oder mit der Achse c (bei den optisch positiven Kristallen) zusammenfällt. Da die Größen a, b, c (ebenso wie die entsprechenden Hauptbrechungsexponenten α, β, γ) für verschiedene Farben (Wellenlängen) sich voneinander unterscheiden derart, daß auch ihr Verhältnis für verschiedene Farben ein verschiedenes ist, ist die von diesen Größen abhängige Lage der beiden Kreisschnitte und demnach auch die der beiden optischen Achsen für verschiedene Farben etwas abweichend, d. h. die beiden optischen Achsen der optisch zweiachsigen Kristalle unterliegen der Dispersion. Alle andern Schnitte als die genannten Kreisschnitte sind sowohl bei dem Elastizitätsellipsoid der optisch einachsigen als der optisch zweiachsigen Kristalle Ellipsen. Wenn ein gewöhnlicher Lichtstrahl auf einem anisotropen Kristall senkrecht gegen einen derartigen elliptischen Schnitt auffällt, wird er die Ätherschwingungen, durch die er zustande kommt, nicht mehr in allen Azimuten ausführen können, sondern seine Schwingungen werden sich, da er in dem anisotropen Kristall auf verschiedene Ätherelastizität trifft, auf die zwei Richtungen beschränken, in denen die Elastizität ihren größten und ihren kleinsten Wert besitzt, also auf die beiden Ebenen (Schwingungsebenen), die durch die Fortpflanzungsrichtung des Lichtstrahls und die Richtung der größten, bez. kleinsten Elastizität des zur Fortpflanzungsrichtung senkrecht stehenden Schnittes gelegt werden können. Es entstehen also zwei senkrecht gegeneinander polarisierte Lichtstrahlen, von denen sich der eine in der Richtung der größern Elastizität schwingende mit der größern Geschwindigkeit (entsprechend einem kleinern Brechungsexponenten), der andre in der Richtung der kleinern Elastizität schwingende mit einer kleinern Geschwindigkeit (entsprechend einem größern Brechungsindex) fortpflanzt.

Bei einem optisch einachsigen Kristall schwingt der eine von den beiden durch Doppelbrechung entstehenden polarisierten Strahlen, der ordentliche Strahl, parallel derjenigen Richtung des in Betracht kommenden elliptischen Schnittes, die zugleich senkrecht zu der Rotationsachse des Ellipsoids (der Hauptachse) steht; und da in diesen Richtungen, einerlei wie auch der Strahl gegen die Hauptachse geneigt ist, gleiche Elastizität herrscht, so pflanzt sich der ordentliche Strahl in demselben Medium stets mit derselben Geschwindigkeit fort, d. h. er hat stets den gleichen Brechungsexponenten (ω). Der andre der beiden entstandenen Strahlen, der außerordentliche Strahl, pflanzt sich je nach seiner Neigung gegen die Hauptachse mit verschiedener Geschwindigkeit fort: mit der gleichen (v = 1/ω) wie der ordentliche Strahl, wenn er in der Richtung der Hauptachse durch den Kristall geht (dann findet also, wie oben ausgeführt, gar keine Doppelbrechung statt); mit einer nur wenig von jener verschiedenen, wenn er wenig geneigt gegen die Hauptachse den Kristall durchdringt; aber mit einer am meisten von jener abweichenden Geschwindigkeit, v = 1/ε, wenn seine Ätherschwingungen der Hauptachse selbst parallel verlaufen, d. h. wenn er 90° gegen die Hauptachse geneigt durch den Kristall hindurchgeht. Der Brechungsexponent des außerordentlichen Strahls variiert demnach in seinen Werten zwischen wund e;für diejenigen Strahlen, die senkrecht gegen die Hauptachse gerichtet sind, ist er = ε (Hauptbrechungsexponent des außerordentlichen Strahles) und am meisten verschieden von dem Brechungsexponent ω des ordentlichen Strahles. Bei den optisch einachsigen Substanzen entstehen also durch Doppelbrechung zwei Strahlen, von denen der eine, der ordentliche, senkrecht, der andre, der außerordentliche, parallel zu einer durch den Strahl und die Hauptachse (oder optische Achse) gelegten Ebene schwingt; jede derartige Ebene wird optischer Hauptschnitt genannt. Betrachtet man z. B. durch ein nicht zu dünnes Spaltungsstück von durchsichtigem Kalkspat eine kleine runde, vor eine Lichtquelle gesetzte Öffnung in einem Schirme, so erkennt man zwei Bilder o und e (Fig. 2), von denen das eine, das außerordentliche (e), parallel dem Hauptschnitt, der die Rhombenfläche in der Richtung der kurzen Diagonale schneidet, schwingt, das andre, das ordentliche (o), aber senkrecht dazu, wie man sich mit Hilfe einer parallel der Säulenachse geschnittenen Turmalinplatte (s. Polarisation des Lichtes) oder eines Nicolschen Prismas (s. Doppelbrechung, S. 124) leicht überzeugen kann.

Fig. 2. Kalkspatplatte.
Fig. 2. Kalkspatplatte.

Platten von optisch zweiachsigen Kristallen, die nicht senkrecht zu einer der optischen Achsen geschnitten sind, verwandeln ebenfalls einen auf sie auffallenden gewöhnlichen Lichtstrahl in zwei senkrecht gegeneinander polarisierte Lichtstrahlen, von denen der einem der Richtung der größten, der andre in der Richtung der kleinsten Elastizität desjenigen Schnittes schwingt, der senkrecht zu der Fortpflanzungsrichtung des Strahles durch den Kristall gelegt werden kann.

Nur bei sehr wenigen anisotropen Substanzen ist der Unterschied der Brechungsindizes der beiden in denselben durch Doppelbrechung entstehenden Strahlen so groß wie bei dem Kalkspat, wo für gelbes (Natrium-) Licht ω (=1,6583) und ε (=1,4864) sich um 0,1719 unterscheiden; in der Regel ist er bei weitem kleiner (z. B. beim Quarz, wo ω=1,544, ε=1,553, nur 0,009); bei einer gleichdicken Platte fallen daher die beiden durch Doppelbrechung entstehenden Bilder so nahe zusammen, daß man mit bloßem Auge sie nicht mehr zu unterscheiden vermag. Trotzdem lassen sich auch in diesem Falle die wenigstens in dünnen Lamellen genügend durchsichtigen anisotropen Kristalle und isotropen Medien leicht voneinander trennen; aber man muß sich dazu der Polarisationsapparate (s. Kristalloptischer Universalapparat, Fig. 2) oder eines Mikroskops mit Polarisationsvorrichtung bedienen. Bei dem Gebrauche dieser Apparate stellt man zunächst die um die Achse des Instruments drehbaren Polarisator und Analysator gekreuzt, d. h. so, daß ihre Schwingungsebenen senkrecht gegeneinander orientiert sind und demgemäß das durch den Polarisator gegangene Licht von dem Analysator nicht durchgelassen, sondern »ausgelöscht« wird. Die zu untersuchenden Kristalle oder die aus demselben geschnittenen oder gespaltenen Platten werden auf den zwischen dem Polarisator und Analysator befindlichen, um die Achse des Instruments drehbaren Objekttisch gelegt. Gehört die Platte einem einfach einbrechenden, isotropen Körper an, so wird der aus dem Polarisator austretende Strahl in der Platte ebensowenig eine Änderung erfahren wie in der Luft, es wird also das Gesichtsfeld dunkel bleiben, auch wenn die Platte auf dem Objekttisch gedreht wird. Gehört die Platte dagegen einem anisotropen Kristall an, so erscheint dieselbe bei einer vollen Umdrehung von 360° viermal abwechselnd hell und dunkel, ausgenommen diejenigen Platten, die senkrecht gegen die optische Achse geschnitten sind; diese bleiben dunkel, weil der durch sie hindurchgehende Strahl keine Doppelbrechung erfährt.

Das viermalige Hell- und Dunkelwerden der doppeltbrechenden Platte erklärt sich in folgender Weise: die im Polarisationsinstrument übereinander liegenden Teile, der Polarisator, die doppeltbrechende Platte und der Analysator, seien durch die drei in Fig. 3 nebeneinander gestellten Bilder angedeutet. Der aus dem Polarisator austretende Strahl, der parallel dem Hauptschnitt PP schwingt, fällt senkrecht auf die Unterseite der Platte und wird in dieser, in der die Schwingungsrichtungen (Achse der größten und kleinsten Elastizität) parallel u. senkrecht zu SS sein mögen, zerlegt in zwei Strahlen, die parallel und senkrecht zu SS schwingen.

Fig. 3. Polarisator, doppeltbrechende Platte und Analysator.
Fig. 3. Polarisator, doppeltbrechende Platte und Analysator.

Diese gelangen an den Analysator, der sie, weil sie schräg gegen den Hauptschnitt AA schwingen, in dieser Form nicht hindurchläßt, wohl aber diejenigen ihrer Komponenten, die parallel zu AA sind. Dadurch wird Helligkeit entstehen. Dunkelheit tritt aber bei der Drehung der Platte dann ein, wenn ihre Schwingungsebenen den beiden Nicolhauptschnitten parallel sind; das vom Polarisator herkommende, parallel PP schwingende Licht trifft alsdann die Platte in einer Stellung, in der eine derartige Schwingung ungestört durchgehen kann, und gelangt in derselben Ebene schwingend an den Analysator, der es nicht durchläßt, sondern auslöscht. Bei der Dunkelstellung einer doppeltbrechenden Platte zwischen gekreuzten Nicols fallen also die Schwingungsebenen in der Platte, bez. die Achsen der größten und der kleinsten Elastizität der parallel der Platte verlaufenden Ebene, mit den Nicolhauptschnitten zusammen; man nennt sie daher auch die Auslöschungsrichtungen. Ihre Lage in einer anisotropen Kristallplatte genau zu ermitteln durch Messung des Winkels, den sie mit der geradlinigen, durch den Schnitt mit den anliegenden Kristallflächen gebildeten Umrissen der Platte oder mit vorhandenen geradlinigen Spaltrissen in der Platte bilden, ist eine Hauptaufgabe der Kristallographie.

Um derartige Winkelmessungen zu ermöglichen, ist in dem Brennpunkte des Okulars, bez. im Okularrohr an allen Polarisationsinstrumenten ein Fadenkreuz angebracht, dessen Fäden bei richtiger Justierung des Instruments parallel den Hauptschnitten des Polarisators und des Analysators verlaufen, und ferner am kreisförmigen Rande des drehbaren Objekttisches eine Kreisteilung, die es ermöglicht, an einem feststehenden, die Kreisteilung berührenden Nonius den Winkel abzulesen, um den man den Objekttisch mit der auf demselben festliegenden oder mit Klammern befestigten Platte dreht. Ist nun der Winkel, den die Fäden und somit die Nicolhauptschnitte mit den geradlinigen Umrissen oder Spaltrissen der Kristallplatte in dem Moment bilden, wo das Maximum der Dunkelheit (oder Auslöschung) eintritt, 0 oder 90°, so spricht man von einer geraden Auslöschung; andernfalls ist die Auslöschung eine schiefe, und dann nennt man den Winkel, den diese letztere mit einer Kante der Kristallplatte bildet, die Auslöschungsschiefe gegen jene Kante.

Die genaue Bestimmung der Auslöschungsrichtungen ist deshalb von großer Wichtigkeit, weil sie so gelegen sind, daß durch sie die einer Kristallfläche zukommende geometrische Symmetrie niemals gestört wird; eine Gerade, in der eine Kristallfläche von der zu ihr senkrechten geometrischen Symmetrieebene getroffen wird, gibt immer eine Auslöschungsrichtung an. Im tetragonalen und hexagonalen Kristallsystem zeigen deshalb alle Flächen eine Auslöschungsrichtung parallel ihrer horizontalen Schnittlinie mit der Basis; speziell die Prismenflächen besitzen somit die eine Auslöschung senkrecht, die andre parallel der Hauptachse. Im rhombischen System haben die Prismen und Pinakoide eine gerade (parallel den Symmetrieachsen verlaufende) Auslöschung, ebenso im monoklinen System die Flächen der Orthodomenzone (parallel der Orthoachse), während im triklinen System keine Fläche mehr eine gerade Auslöschung besitzt. Zugleich folgt hieraus, daß die Hauptachsen des Elastizitätsellipsoids a, b, c im rhombischen System mit den geometrischen Symmetrieachsen zusammenfallen, daß im monoklinen System nur noch die Orthoachse einer Hauptachse des Elastizitätsellipsoids entspricht und die beiden andern Hauptachsen in der Symmetrieebene (für verschiedene Farben etwas verschieden, also dispergiert) gelegen sind, wo sie durch Bestimmung der Schwingungsrichtungen nach der oben angegebenen Methode leicht bestimmt werden können, und daß im triklinen System gar keine Beziehung zwischen der Lage der Hauptachsen a, b, c und den Kristallkanten und -Achsen existiert. Die Auslöschungsschiefe auf bestimmten Flächen schwankt bei Kristallen derselben Mineralgattung nur innerhalb sehr enger Grenzen, während bei Kristallen verschiedener Mineralien oft sehr große Unterschiede vorhanden sind; es kann die Auslöschungsschiefe deshalb oft zur Unterscheidung sonst ähnlicher Mineralien, wie Augit und Hornblende, benutzt werden. Da die Auslöschungsschiefe von der chemischen Konstitution abhängig ist, kann sie auch bei der Erkennung und Auseinanderhaltung der einzelnen Glieder isomorpher Reihen im monoklinen und triklinen System Verwendung finden; besonders wichtig ist sie für die Unterscheidung der Mineralien der Plagioklasreihe.

Die Untersuchung im Polarisationsinstrument dient auch zur schnellen und sichern Erkennung von Zwillingsverwachsungen anisotroper Kristalle. Die Einzelkristalle eines Zwillings sind, wenn derselbe zwischen gekreuzten Nicols, entweder ganz oder in Schnitten, untersucht wird, gegen die Nicolhauptschnitte verschieden orientiert; daher wird bei Dunkelstellung des einen Kristalls der andre in Zwillingsstellung befindliche Kristall mehr oder weniger hell erscheinen. So kann man sich auf das bequemste über den Zwillingsbau der Plagioklase, des Mikroklins, des Leucits, des Aragonits etc. orientieren, wo das sonst äußerlich gar nicht möglich oder sehr umständlich ist. Da es bei manchen Substanzen sehr schwer ist, den Eintritt des Maximums der Dunkelheit scharf zu bestimmen (die Lichtintensität nimmt bei Drehung des Objekts ganz allmählich ab und wieder zu), hatte v. Kobell früher dem Polarisationsinstrument eine senkrecht zur optischen Achse geschnittene Kalkspatplatte beigegeben, deren Interferenzfigur, ein schwarzes Kreuz (daher der Name Stauroskop) zwischen konzentrischen Farbenringen (vgl. Tafel »Chromatische Polarisation«, Fig. 1), vollständig symmetrisch erschien, sobald die Hauptschnitte der Nicols mit denen der Platte genau zusammenfielen, deren Symmetrie aber bei einer Abweichung sofort gestört war. Doch erreicht man damit nicht so gute Resultate wie mit den sogen. Halbschattenapparaten, die auf der ungleichen Lichtintensität von nicht symmetrisch zu den Nicolhauptschnitten gestellten künstlichen Zwillingen beruhen. Die jetzt gebräuchlichsten sind die Calderonsche Platte, die einen plangeschliffenen, künstlichen Kalkspatzwilling darstellt, dessen beide Hälften bei der geringsten Abweichung der Nicolhauptschnitte von den Schwingungsebenen der zu untersuchenden Platte deutlich verschiedene Lichtintensität aufweisen, und die Bertrandsche Platte, ein künstlicher Quarzvierling, aus zwei rechts und zwei links drehenden Quarzen zusammengesetzt, bei dem die verschiedene Färbung der vier Felder andeutet, daß die Schwingungsebenen der zu untersuchenden Platte nicht mit den Nicolhauptschnitten zusammenfallen. Die zuletzt erwähnten Apparate werden gewöhnlich mit dem Analysator verbunden oder dem Okular aufgelegt.

Die optische Achsenebene, d. h. die Ebene, in der bei den optisch zweiachsigen Kristallen die beiden optischen Achsen liegen, ist der durch die Achsen a und c gelegte Hauptschnitt. Derselbe fällt nach den vorstehenden Ausführungen im rhombischen System mit einer der drei geometrischen Symmetrieebenen (Pinakoide) zusammen und entspricht im monoklinen System entweder der Symmetrieebene oder einer durch die Orthoachse gelegten, also auf der Symmetrieebene senkrecht stehenden Ebene, deren genaue Lage nach der vorher erwähnten Methode leicht aufgefunden werden kann. Eine Platte, parallel demjenigen Hauptschnitt geschnitten, der senkrecht zu der ersten Mittellinie (d. h. der Halbierungslinie des spitzen optischen Achsenwinkels), also senkrecht zu a oder c steht, liefert in dem Polarisationsapparat bei Anwendung stark konvergenten Lichtes (nicht parallelen Lichtes, wie es bei den vorerwähnten Untersuchungen benutzt wird) oder in dem durch Einschaltung einer starken Konvexlinse zwischen Polarisator und dem Objekt vervollständigten Mikroskop mit Polarisationsvorrichtung, eine sehr charakteristische Interferenzfigur, nämlich ein von zwei dunkeln Büscheln oder einem schwarzen Kreuz durchsetztes Kurvensystem, die dann auch zur Messung des optischen Achsenwinkels, am besten in dem etwas modifizierten, als Achsenwinkelapparat bezeichneten Polarisationsinstrument (vgl. Kristalloptischer Universalapparat, Fig. 3) benutzt wird.

Auch bei denjenigen Platten, die im Polarisationsapparat zwischen gekreuzten Nicols bei Anwendung von parallelem Lichte dunkel bleiben, also den Platten von optisch isotropen Medien, und denjenigen Platten von optisch anisotropen Kristallen, die senkrecht zu einer optischen Achse geschnitten sind, läßt sich in demselben Instrument beim Übergang zum konvergenten Licht leicht entscheiden, welcher Abteilung sie zugehören. Platten von optisch isotropen Substanzen bleiben nämlich auch im konvergenten Licht vollkommen dunkel, während die senkrecht gegen die optische Achse (also parallel der Basis) geschnittenen Platten einachsiger Kristalle die in Fig. 1 auf Tafel »Chromatische Polarisation« dargestellte Interferenzfigur, und die senkrecht gegen eine optische Achse geschnittenen Platten optisch zweiachsiger Kristalle das auf derselben Tafel in Fig. 6 abgebildete Kurvensystem zeigen.

In dünnen Blättchen doppeltbrechender Kristalle, die im Polarisationsinstrument im parallelen Licht zwischen gekreuzten Nicols bekanntlich in auffallenden Farben erscheinen, kann man ziemlich leicht, wie noch näher ausgeführt werden soll, unterscheiden, welche von ben beiden Auslöschungsrichtungen der größten, bez. der kleinsten Elastizität entspricht. Die Farbenerscheinung ist am lebhaftesten, wenn die Schwingungsrichtungen in dem Blättchen 45° mit den Hauptschnitten der Nicols bilden. Die Farbe ändert sich aber mit der Dicke des Blättchens, da von letzterer der Gangunterschied der beiden durch Doppelbrechung entstandenen Strahlen und von diesem die Farbe abhängt; und zwar ändern sich die Farben, wie man besonders gut an einem dünnen, keilförmig geschnittenen Gips- oder Quarzblättchen (sogen. Gips- oder Quarzkeil) beobachten kann, im Sinne der Newtonschen Farbenskala. Fügt man nun zu einem zu prüfenden Blättchen ein Blättchen aus einem andern doppeltbrechenden Kristall, in dem die Lage der größten und kleinsten Elastizität bereits bekannt ist (z. B. ein Gipsblättchen), in gleicher Stellung, d. h. so hinzu, daß die Schwingungsrichtungen in beiden Blättchen parallel liegen, so entsteht, wenn in beiden die Achsen der größten und die der kleinsten Elastizität zusammenfallen, eine Farbe, wie sie einem dickern Blättchen des zu prüfenden Kristalls entspricht (also eine höhere Farbe in der Newtonschen Skala), während, wenn die Achse der größten Elastizität des einen mit der Achse der kleinsten Elastizität des andern zusammenfällt, eine tiefere Interferenzfarbe erscheint. Daraus kann man also erkennen, welches die Richtung der größten und welches die der kleinsten Elastizität in dem zu prüfenden Blättchen ist. In ähnlicher Weise gelingt es in Blättchen, parallel den Hauptschnitten angefertigt, die Achsen der größten und kleinsten Elastizität und damit dann auch zu bestimmen, ob a oder c die erste Mittellinie und demnach der Charakter der Doppelbrechung negativ oder positiv ist.

Eine kleine Zahl von optisch isotropen und anisotropen Substanzen weicht insofern von den vorher betrachteten ab, als sie die Erscheinungen der Zirkularpolarisation zeigen; auch sie sind, wie dort gezeigt ist, sehr leicht von gewöhnlichen Kristallen im Polarisationsinstrument zu unterscheiden. Nur in dünnen Schnitten, wie sie in den Dünnschliffen der Gesteine vorliegen, zeigen die zirkularpolarisierenden Substanzen, soz. B. der Quarz, im allgemeinen gar keine Unterschiede gegenüber den andern nicht zirkularpolarisierenden Medien derselben Klasse.

Wenn die Herstellung von Platten oder ebenen Spaltblättchen aus einem zu prüfenden durchsichtigen Kristall nicht möglich oder zu umständlich ist, kann man zur Untersuchung der Doppelbrechung, und der optischen Eigenschaften überhaupt, auch ganze Kristalle oder Bruchstücke anwenden. Man befestigt solche zu diesem Zweck mit Wachs oder zähem Kanadabalsam od. dgl. auf einem Objektträger und taucht sie in eine in einem durchsichtigen Gefäß enthaltene Flüssigkeit von nahezu gleichem Brechungsexponent, wodurch die sonst an den Grenzflächen auftretende Totalreflexion beseitigt wird. Gewöhnlich nimmt man als Flüssigkeit Methylenjodid (Brechungsexponent n=1,74), das mit Benzol verdünnt werden kann, um den Brechungsexponent zu erniedrigen, oder Kaliumquecksilberjodid (n=1,72), das sich durch Wasser verdünnen läßt. Das Gefäß wird in das Polarisationsinstrument eingeschaltet; der Kristall oder der Splitter kann in der Flüssigkeit beliebig gedreht und so in allen Richtungen untersucht werden. Literatur s. im folgenden Artikel.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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