Graul

Graul

Graul, 1) Karl, deutscher Missionar, geb. 6. Febr. 1814 in Wörlitz bei Dessau, gest. 10. Nov. 1864 in Erlangen, übernahm 1844 die Direktion der evangelisch-lutherischen Missionsanstalt in Dresden, die 1848 nach Leipzig verlegt wurde. Im Gegensatz zur Baseler Mission wollte er nicht Einzel-, sondern Volksbekehrung und verlangte daher von den Missionaren Eingehen auf die Kulturentwickelung der Volker. 1849 bis 1853 reiste er selbst über Palästina und Ägypten nach Ostindien, um tamulische Sprache und Literatur zu studieren (vgl. seine »Bibliotheca tamulica«, Leipz. 1854–65, 4 Bde.). 1861 gab er seine Stellung auf. In der theologischen Literatur erwarb er sich einen Namen durch seine »Unterscheidungslehren der verschiedenen christlichen Bekenntnisse« (Leipz. 1846, 13. Aufl. von Seeberg, 1899) und »Die christliche Kirche an der Schwelle des Irenäischen Zeitalters« (das. 1860); für weitere Kreise bestimmt war seine »Reise nach Ostindien« (das. 1854–56, 5 Bde.). Vgl. Hermann, Dr. Karl G. und seine Bedeutung für die lutherische Mission (Halle 1867).

2) Richard, Kunstgelehrter, geb. 24. Juni 1862 in Leipzig, wandte sich nach wiederholtem längern Aufenthalt in Parss 1886 dem Studium der Geschichte, Archäologie und Kunstgeschichte zu und promovierte 1888 mit einer Schrift. »Beiträge zur Geschichte der dekorativen Skulptur in den Niederlanden während des 16. Jahrhunderts« (Leipz. 1889). Als Sekretär der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst nach Wien berufen, redigierte er dort ihre Publikationen: »Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart« und »Die graphischen Künste«, in denen er eine Anzahl von Studien über moderne Kunst veröffentlicht hat (»Die deutsche Radierung und Lithographie«; »Drei deutsche Naturalisten: Liebermann, v. Uhde, Kühl«, »Hans Schwaiger«, »F. A. v. Kaulbach« u. a.), die z. T. auch in Sonderausgaben erschienen sind. Nach mehreren Studienreisen trat er 1892 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in den Dienst der königlichen Museen und später der Nationalgalerie in Berlin, ging 1895 zum Kunstgewerbemuseum über und wurde 1896 als Direktor an das Kunstgewerbemuseum in Leipzig berufen. Außer zahlreichen Beiträgen zu Fachzeitschriften veröffentlichte er ferner: »Die antiken Porträtgemälde aus dem Faijûm« (Leipz. 1888); »Einführung in die Kunstgeschichte« (das., 5. Aufl. 1902); »Die Pflanze in ihrer dekorativen Verwertung« (das. 1903); »Dekoration und Mobiliar des 18. Jahrhunderts« (Berl. 1904, in den »Handbüchern der königlichen Museen«). Die kunstgewerblichen Ergebnisse der Pariser Weltausstellung von 1900, zu der er als Juror berufen worden war, faßte er mit einer Anzahl von Fachgenossen zusammen in der Schrift: »Die Krisis im Kunstgewerbe« (Leipz. 1901). Mit R. Stettiner redigiert er Spemanns »Museum« (Stuttg., seit 1896), und mit R. Borrmann gibt er das Sammelwerk »Die Baukunst« (das., seit 1897) heraus.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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