Goldschmidt

Goldschmidt

Goldschmidt, 1) Hermann, Astronom, geb. 17. Juni 1802 in Frankfurt a. M., gest. 10. Sept. 1866 in Fontainebleau, war anfangs Kaufmann, widmete sich dann in München der Malerei, ließ sich 1836 in Paris nieder und beschäftigte sich seit 1847 mit der Aufsuchung kleiner Planeten, von denen er 14 entdeckte.

2) Meïr Aaron, dän. Publizist und Novellist, geb. 26. Okt. 1819 in Vordingborg, gest. 15. Aug. 1887 in Kopenhagen, stammte von jüdischen Eltern, begann im Alter von 18 Jahren seine publizistische Tätigkeit in dem von ihm gegründeten »Nestved Ugeblad« und entfaltete sie wirksamer in dem bekannten und gefürchteten politisch-literarischen Wochenblatt »Corsaren« (1840–46), dem Vorbilde des deutschen »Kladderadatsch«. Er wurde infolge der scharfen Satire des Blattes 1843 verhaftet; freigelassen, besuchte er Paris, wo er auch später noch öfters seinen Aufenthalt nahm. 1845 erschien sein Roman »En Jöde« (»Ein Jude«; deutsch von E. Zoller, Leipz. 1852), dessen Darstellung des jüdischen Lebens auf das Publikum wie eine Offenbarung von etwas ganz Unbekanntem wirkte. Erfreut durch den Beifall, den auch seine 1846 erschienenen »Erzählungen« aus dem bürgerlichen und kleinstädtischen Leben fanden, zog er sich von der Leitung des »Corsaren« zurück, machte eine Reise ins Ausland und begann nach seiner Heimkehr 1847 die Herausgabe der Monatsschrift »Nord und Süd«, die er ganz allein schrieb, und worin er in stilistisch meisterhaften Artikeln die politisch-soziale Bewegung der Zeit im In- und Ausland überschaute und für die Wiederherstellung des Gesamtstaates und besonnene Heranbildung zur konstitutionellen Freiheit kämpfte. In dieser Zeitschrift begann er auch seinen großen Zeitroman »Hjemlös« (»Heimatlos«, 1853), der erst 1857 beendigt wurde. Eine Auswahl seiner Zeitungsartikel, deren Wert die Zeit nicht vermindert hat, erschien als »Blandede Skrifter« (1859–60, 4 Tle.). Nach einem abermaligen zweijährigen Aufenthalt im Ausland gab er 1861 ein neues Wochenblatt: »Hjemme og ude« (»Daheim und draußen«), heraus, worin er, ganz anders als im »Corsaren«, die höchst besonnene, ja konservative Politik der sich heranbildenden nationalliberalen Partei verfocht. Nach dem Eingehen dieses Blattes wandte er sich ganz der poetischen Produktion zu und entfaltete als Novellist wie als Dramatiker eine große Tätigkeit. Von seinen Dramen nennen wir besonders: »In der andern Welt« und »Der Rabbi und der Ritter« (beide 1869). Unter seinen Romanen ragen hervor: »Arvingen« (»Der Erbe«, 1865) und »Rawnen« (»Der Rabe«, 1866; deutsch, Stuttg. 1886). Seine kleinern Novellen (gesammelt 1863–65, 1877–83 u. ö.; in Auswahl neben andern Übersetzungen deutsch von Reinhardt, Brem. 1874, 2 Bde.) sind wahre Perlen der Erzählungskunst. Als Dichter ist G. eine Mischung von modernem Romantikertum und Realismus. Er stellt die Erscheinungen mit außerordentlich scharf gesehenen Einzelheiten dar, aber stets als Ausdrücke der dahinter liegenden psychologischen Vorgänge. In seiner Wirklichkeitsschilderung liegt etwas Ahnungsvolles, Durchgeistigtes, dem er durch seinen äußerst fein ausgearbeiteten und nuancierten Stil zu weiterm Ausdruck verhilft. Seine originelle Weltanschauung, die auf der Idee von der göttlichen Ordnung des Weltalls und der in ihm waltenden Nemesis beruht, entwickelt er in seiner Lebensbeschreibung »Livs-Erindringer og Resultater« (1877, 2 Bde.).

3) Levin, Rechtsgelehrter, geb. 30. Mai 1829 in Danzig, gest. 16. Juli 1897 in Wilhelmshöhe, studierte seit 1847 zuerst Medizin, dann die Rechte, erwarb 1851 in Halle die juristische Doktorwürde, arbeitete darauf bei den Danziger Gerichten, habilitierte sich 1855 in Heidelberg als Privatdozent und wurde 1860 außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor der Rechte. Im August 1870 ward er als Rat in das Bundes-, später Reichsoberhandelsgericht nach Leipzig, 1875 als Professor, insbes. für Handelsrecht, und Geheimer Justizrat an die Universität Berlin berufen. Durch Begründung der »Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht« (1858) wie durch sein in großartigem Maßstab angelegtes »Handbuch des Handelsrechts« (Bd. 1, Erlang. 1864–68; 2. Aufl. 1874–1883; 3. Aufl. der 1. Abt. u. d. T.: »Universalgeschichte des Handelsrechts«, 1891) hat er sich um die universale Behandlung des Handelsrechts die größten Verdienste erworben. Auch war er einer der ersten, welche die Notwendigkeit eines deutschen Zivilgesetzbuches mit Entschiedenheit betonten, und gehörte der vom Bundesrat berufenen Kommission zur Feststellung von Plan u. Methode dieses Gesetzbuches als Referent an. Außer vielen Abhandlungen in Zeitschriften schrieb er noch: »Kritik des Entwurfs eines Handelsgesetzbuches für die preußischen Staaten« (Heidelb. 1857,2 Abtlgn.); »Der Lucca-Pistoja-Aktienstreit« (Frankf. a. M. 1859, Nachtrag 1861); »Gutachten über den Entwurf eines deutschen Handelsgesetzbuches nach den Beschlüssen zweiter Lesung« (Erlang. 1860); »Enzyklopädie der Rechtswissenschaft im Grundriß« (Heidelb. 1862); »System des Handelsrechts« (Stuttg. 1887,4. Aufl. 1892); »Das dreijährige Studium der Rechts- und Staatswissenschaften« (Berl. 1878); »Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Studien und Vorschläge« (Stuttg. 1882); »Rechtsstudium und Prüfungsordnung« (das. 1887); »Die Haftpflicht der Genossen und das Umlageverfahren« (Berl. 1888). Seine kleinern Schriften erschienen gesammelt als »Vermischte Schriften« (Berl. 1901, 2 Bde.). 1875–1877 war er Vertreter der Stadt Leipzig im deutschen Reichstag. Vgl. Rießer, Levin G., Gedächtnisrede (Berl. 1897); Pappenheim, Levin G. (Stuttg. 1898).

4) Otto, Klavierspieler und Komponist, geb. 21. Aug. 1829 in Hamburg, Schüler von Jakob Schmitt daselbst und des Leipziger Konservatoriums, unternahm 1851 eine Kunstreise nach Amerika in Gesellschaft der Sängerin Jenny Lind (s. d.), mit der er sich im folgenden Jahr verheiratete. Seitdem hielt er sich abwechselnd in Dresden, Düsseldorf und Hamburg auf, bis er 1858 seinen festen Wohnsitz in London nahm, wo er 1863 stellvertretender Direktor der königlichen Musikakademie wurde und 1875 den Bachchor ins Leben rief. Als Komponist hat G. auf verschiedenen Gebieten der Vokal- und Klaviermusik Achtbares geleistet; sein Oratorium »Ruth« wurde auch in Deutschland wiederholt ausgeführt.

5) Hugo, Musikschriftsteller, geb. 19. Sept. 1859 in Breslau, studierte die Rechte, wurde 1884 zum Dr. jur. promoviert, widmete sich aber später der Musik als Schüler von J. Stockhausen (Gesang) in Frankfurt a. M. und Em. Bohn (Musikgeschichte) in Breslau und ist seit 1893 Miteigentümer und Direktor des Klindworth-Scharwenka-Konservatoriums in Berlin. Er schrieb: »Die italienische Gesangsmethode des 17. Jahrhunderts« (Berl. 1890); »Der Vokalismus des neuhochdeutschen Kunstgesanges und der Bühnensprache« (Leipz. 1892); »Handbuch der deutschen Gesangspädagogik« (1. Teil, das. 1896) und »Studien zur Geschichte der italienischen Oper im 17. Jahrhundert« (das. 1901–04, 2 Bde.; Bd. 2 enthält die Partitur von Monteverdes »Incoronazione di Poppea«).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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