Casanōva

Casanōva

Casanōva, 1) Giovanni, ital. Maler, geb. 1722 in Venedig aus einer Schauspielerfamilie, gest. 10. Dez. 1795 in Dresden, kam jung dorthin und lernte unter L. de Sylvestre und Dietrich die Malerei. 1752 reiste er mit Mengs nach Rom und bildete sich zum tüchtigen Künstler, dessen Unterricht Reiffenstein, Angelika Kauffmann und Winckelmann genossen. Letzterm zeichnete er alle Platten zu seinen »Monumenti antichi«. 1764 wurde er als Professor und Direktor der Akademie nach Dresden berufen.

2) Giovanni Jac. de Sein galt, ital. Abenteurer, Bruder des vorigen, geb. 2. April 1725 in Venedig, gest. 4. Juni 1798 auf Schloß Dux, trat 1710 in den geistlichen Stand, empfing die niedern Weihen, studierte dann in Padua die Rechte und kehrte nach Venedig zurück, wurde hier wegen toller Streiche gefangen gesetzt und fand, nach einigen Tagen freigelassen, nach manchen Kreuz- und Querzügen in Neapel bei dem Kardinal Acquaviva ein Unterkommen als Sekretär. Darauf nahm er venezianische Kriegsdienste und begleitete 1743 den Gesandten Veniero nach Konstantinopel. Hier fand er gute Aufnahme, widerstand aber der Aufforderung, Muselman zu werden und eine Gläubige zu heiraten, und begab sich im Herbst 1743 nach Korfu, wo er zuerst eine glänzende Rolle spielte, dann aber durch sein ausschweifendes Leben alle Achtung verlor. Tief verschuldet reiste er 1745 nach Venedig zurück, erhielt den Abschied und spielte die Geige im Theater St.-Samuel. Dann gewann er die Gunst des Senators Bragadino, dem er das Leben rettete, und ward von ihm adoptiert. Allein seine Abenteuerlust trieb ihn aus Venedig fort, Mailand, Mantua, Cesena und Parma wurden nun die Tummelplätze seiner Leidenschaften. 1750–52 lebte er in Paris und ging dann über Dresden, Prag und Wien nach Venedig zurück, wo er zu dem französischen Botschafter Graf de Bernis in Beziehung trat und zügellos lebte, bis ihn die Staatsinquisition 1755 verhaften ließ und zu 5 Jahren Gefängnis in den Bleikammern verurteilte. Nachdem er 1. Nov. 1756 aus dem Gefängnis entsprungen war, ging er 1757 nach Paris, wo er, von Bernis mm Lotteriedirektor gemacht, durch Finanzgeschäfte Ansehen und Reichtum gewann sowie mit den angesehensten Männern und Frauen des Tages in Verkehr trat. Im Dezember 1759 unternahm er eine neue große Abenteurerfahrt über die Niederlande nach Süddeutschland und der Schweiz, wo er Haller und Voltaire besuchte, dann durch Savoyen, Südfrankreich und Oberitalien nach Florenz, wo man ihn auswies, nach Rom, wo ihm der Papst den Orden vom Goldnen Sporn verlieh, und nach Neapel. Von hier kehrte er nach längerm Aufenthalt über Rom und Turin 1761 nach Paris zurück, lebte in den nächsten Jahren bald in Paris, bald in Süddeutschland, Italien, London, lehnte 1764 in Berlin eine ihm von König Friedrich II. angebotene Erzieherstelle im Kadettenkorps ab und begab sich über Riga nach Petersburg und Warschau. Hier lernte er den König Poniatowski kennen; aber ein Pistolenduell mit dem Kronmarschall Branicki zwang ihn, Polen zu verlassen. Nach kurzem Aufenthalt in Dresden reiste er nach Wien und, da ihm hier die Sittenpolizei ein längeres Verweilen untersagte, nach Paris, wo ihn eine Lettre de cachet zur eiligsten Flucht nach Spanien 1767 nötigle. Auch von Madrid nach merkwürdigen Abenteuern ausgewiesen, begab er sich 1769 über Montpellier nach Aix. wo er Cagliostro kennenlernte. Mit einem neuen Aufenthalt in Italien schließen seine Memoiren 1774. C. trat darauf in Venedig in den Dienst der Staatsinquisitoren als Polizeiagent, bis ihn die Beleidigung seines alten Gönners, des Patriziers Grimani, durch eine satirische Schrift 1782 zwang, Venedig zu verlassen. 1785 nahm ihn der böhmische Graf Waldstein, der ihn in Paris kennengelernt hatte, mit sich auf sein Schloß Dux; hier lebte C. mehr als zwölf Jahre als Bibliothekar und widmete sich literarischer Beschäftigung. Seine »Mémoires écrits par lui-même« erschienen Leipzig 1826–38, 12 Bde. (neueste Ausg., Par. 1885, 8 Bde.), schon vorher in deutscher Bearbeitung von Schütz (Leipz. 1822–28, 12 Bde.), vollständig übersetzt von Buhl (Berl. 1850–51, 18 Bde.). Sie sind dramatisch, gut erzählt und mit philosophischen Reflexionen erfüllt. Zwar schmälert der Cynismus, mit dem C. seine Liebesabenteuer erzählt, ihren Wert; doch bleiben sie für die Kulturgeschichte seiner Zeit wichtig. Von Casanovas übrigen Schriften (darunter eine ital. Übersetzung der »Ilias« in Oktaven, Vened. 1778) nennen wir nur: »Il istoire de ma fuite des prisons de la republique de Venise qu'on appelle les Plombs« (Leipz. 1788; Neudruck Bordeaux 1884; deutsch unter andern in Reclams Universal-Bibliothek); »Icosaméron, ou histoire d'Edouard et d'Elisabeth, qui passèrent quatre-vingt aus chez les Megamicres« (das. 1788–1800, 5 Bde.); »Solution du probléme déliaque démontrée« (Dresd. 1790). Mehrere ungedruckte Schriften und Tausende von Briefen an ihn befinden sich noch im Schlosse zu Dux. Vgl. Barthold, Die geschichtlichen Persönlichkeiten in Casanovas Memoiren (Berl. 1846, 2 Bde.); Baschet in dem Sammelwerk »Le livre« (Par. 1880); D'Ancona in der »Nuova Antologia« (1882); Ottmann, Jacob C. (Stuttg. 1900, mit Bibliographie).

3) Francesco, Maler, Bruder der beiden vorigen, geb. 1730 in London. gest. 8. Juli 1805 bei Wien, widmete sich in Paris der Pferde- und namentlich der Schlachtenmalerei, worin er sich Bourguignon und Wouwerman zum Muster nahm. Durch Diderots strenge Kritik aus Paris vertrieben, begab er sich nach Dresden, wo ihm ein großes Gemälde, das er für die Galerie verfertigte, viele Bestellungen verschaffte, später nach Wien. Hier malte er unter anderm für die Kaiserin Katharina II. die Siege der Russen über die Türken. Das Hofmuseum in Wien besitzt ein Reitertreffen, die Liechtensteinsche Galerie ein Reiterbild Peters d. Gr. Seine Schlachtengemälde fanden besonders in England Beifall.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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