- Berber [1]
Berber (Berbern), zu den Hamiten gehöriger Volksstamm in Nordafrika, zu dem außer den ausgestorbenen Guanchen (s. d.) die Libyer, Mauren, Numidier, Gätuler und Garamanten der alten Geographen gehörten, und der bis heute trotz der semitischen und nordeuropäischen Eroberer auf dem Lande sich in voller Reinheit erhalten hat. Die B. werden schon im Altertum als große, kräftige Rasse von edler Körperhaltung geschildert. Typisch für sie sind ovales, volles Gesicht mit Abplattung in der Gegend der Backenknochen, kurze, stumpfe, platte Nase, kleine Augen, rundes Kinn. Die Mehrzahl ist dunkelhaarig, daneben findet sich auch ein blonder Typus. Die B. zerfallen in drei Hauptstämme der Amazirghen, Schelluh und Kabylen. Die Amazirghen (Amazigh, Imoscharh), d. h. die Freien, bewohnen 2 bis 21/2 Mill. Köpfe stark das Er-Rif und das Land östlich vom Uad-Kurt bis zum Muluja sowie den nördlichen Teil des Atlas. Die Schelluh oder Schloh, 11/2 Mill. Köpfe, wohnen zwischen 32 u. 38° nördl. Br. von der Küste bis zum Meridian von El Araisch, die Kabylen in Algerien und Tunis, in ersterm 760,000 Köpfe zählend. Dazu kommt eine Anzahl von Stämmen in der Sahara, wie die Sanhadscha im W., die Tuareg im Mittelgebiete der Wüste, die Dschebaliya im SO. von Tunis, die Bewohner von Siwah. Ihre Sprache, das Amazirgh, hat sich in zahlreichen Dialekten bei allen diesen Stämmen erhalten. Sie wird mit arabischen Buchstaben geschrieben; nur die Tuareg haben für ihre Sprache, das Ta-Maschek, ein eignes Alphabet (vgl. Basset, Etudes sur les dialectes berbères, Par. 1895). Die B. des Atlas sind meist Ackerbauer, Händler, Kaufleute, seßhaft und mehr an die Scholle gefesselt als die Araber. Ihre Dörfer liegen meist auf festen, gut zu verteidigenden Punkten und bestehen aus Häusern, Hütten und wenigen Zelten. Zur Kleidung dienen selbstgefertigte Wollenstoffe. Die Frauen tragen ein langes Hemd, die Männer eine bis zu den Knieen reichende Tunika, dazu Tücher, Burnusse, Lederschürze. Die Frau wird gekauft und hat die gesamte Hausarbeit zu verrichten, nimmt aber doch eine weit bessere Stellung als bei den Arabern ein, besitzt das Recht der Mitberatung öffentlicher Fragen und darf sogar in der Thronfolge berücksichtigt werden. Jede Gemeinde (Dschemaa) ist selbständig; größere Vereinigungen bilden meist nur die Sofs, freiwillig geschlossene Gruppen von Mitgliedern einer Gemeinde zu gemeinsamer Arbeit oder von mehreren Gemeinden zu politischen Zwecken. Jeder Stamm hat sein Oberhaupt, den Kaid, unter dem die Scheichs stehen. Vgl. Literatur bei »Berberei«, S. 651.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.