Baumgartner

Baumgartner

Baumgartner, 1) Andreas, Freiherr von, Staatsmann und Gelehrter, geb. 23. Nov. 1793 zu Friedberg in Böhmen, gest. 30. Juli 1865 in Hietzing bei Wien, studierte seit 1810 in Wien, ward 1817 Professor der Physik in Olmütz, 1823 in Wien, 1833 Direktor der k. k. Porzellanfabriken und 1842 Chef der Tabakfabrikation in Österreich. 1846 übernahm er die Errichtung der elektrischen Telegraphen und 1847 die oberste Leitung des Eisenbahnbaues, 1848 wurde er Minister der öffentlichen Arbeiten, 1851 Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten und bald auch Finanzminister. 1854 wurde er zum Präsidenten der österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt. 1855 nahm er seine Entlassung, ward aber 1861 Mitglied des Herrenhauses im Reichsrat. B. schrieb: »Aräometrie« (Wien 1820); »Mechanik in ihrer Anwendung auf Künste und Gewerbe« (das. 1824); »Naturlehre« (das. 1823, Suppl. 1831; 8. Aufl. 1845); »Anfangsgründe der Naturlehre« (das. 1837, 6. Aufl. 1855); »Anleitung zur Heizung der Dampfkessel« (das. 1841); »Unterricht im Tabakbau« (das. 1845). Auch gab er die »Zeitschrift für Physik und Mathematik«, erst mit A. v. Ettinghausen (Wien 1826–32, 10 Bde.), dann allein als: »Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften« (das. 1832–37, 4 Bde.; Bd. 5 mit Holger) heraus. Vgl. Schrötter, Andreas Freiherr v. B. (Wien 1866).

2) Gallus Jakob, schweizer. Staatsmann und Historiker, geb. 18. Okt. 1797 in Altstätten, gest. 12. Juli 1869 zu St. Gallen, studierte die Rechte in Wien und bekleidete 1817–19 eine Hauslehrerstelle zu Rownye in Ungarn. Hier wurde er als ehemaliges Mitglied einer harmlosen Gesellschaft von Schweizerstudenten 1819 verhaftet und nach neunmonatiger Gefangenschaft 1820 mit sechs Genossen über die Grenze gebracht. 1825 zum Mitgliede des Großen Rates des Kantons St. Gallen und 1826 zum Staatsschreiber gewählt, schloß er sich der Opposition gegen den Landammann Müller-Friedberg an und wirkte 1830 für Revision der Verfassung. In dem 1831 gewählten Verfassungsrat war er das einflußreichste Mitglied und trat nachher als Landammann an die Spitze der Regierung. Als Tagsatzungsgesandter seines Kantons wurde er einer der Führer des schweizerischen Liberalismus und redigierte 1833 den Entwurf einer neuen Bundesverfassung, der indes an der Volksabstimnmng in den Kantonen scheiterte. B. setzte 1833 die Aufhebung des vom Papst oktroyierten Doppelbistums St. Gallen-Chur durch und war die Seele der Badener Konferenz, in der 1834 die Regierungen der katholischen Schweiz die Rechte des Staates gegenüber der Kirche festzusetzen versuchten, erlitt freilich 1835 eine schwere Niederlage, indem sein im Sinne der Badener Artikel entworfenes Kirchengesetz vom St. Gallischen Volke verworfen wurde. Nachdem er noch 1838 die Säkularisation des Klosters Pfävers verteidigt, trennte er sich allmählich von seiner Partei und stellte sich in der Aargauer Klosterfrage auf die Seite der Ultramontanen. 1847 wurde er wegen seiner Sympathien für den klerikalen Sonderbund nach dem Wahlsieg der Liberalen aus der Regierung entfernt. 1859–64 bekleidete er infolge eines Sieges der Ultramontanen aufs neue die Stelle eines Regierungsrats und Landammanns und vertrat auch 1857–60 seinen Kanton im Ständerat. Er schrieb: »Erlebnisse auf dem Felde der Politik« (Schaffh. 1846); »Die Schweiz in ihren Kämpfen und Umgestaltungen von 1830–1850« (Zürich 1853–66, 4 Bde.); »Geschichte des schweizerischen Freistaats und Kantons St. Gallen« (Bd. 1 u. 2, das. 1868; Bd. 3, hrsg. von seinem Sohn Alexander B., Einsiedeln 1890). Vgl. A. Baumgartner, Gallus Jakob B. und die neuere Staatsentwickelung der Schweiz (Freiburg 1892).

3) Alexander, kath. Literarhistoriker und Publizist, Sohn des vorigen, geb. 27. Juni 1841 in St. Gallen, studierte in den Jesuitenkollegien in Einsiedeln und Feldkirch, trat 1860 in den Jesuitenorden, war zeitweilig Lehrer und lebt als Mitherausgeber der »Stimmen aus Maria Laach« in Luxemburg. Von seinen Schriften müssen »Longfellows Dichtungen« (Freiburg i. Br. 1878, 2. Aufl. 1887), das Festspiel »Calderon« (das. 1881), »Reisebilder aus Schottland« (das. 1884, 2. Aufl. 1895), die zwei Bände »Nordische Fahrten«: »Island und die Färöer« (das. 1889, 3. Aufl. 1902) und »Durch Skandinavien nach St. Petersburg« (das. 1890, 3. Aufl. 1901), auch noch die Monographie »Joost van den Vondel« (das. 1882) als die verhältnismäßig objektiven angesehen werden. In dem Werke »Goethe. Sein Leben und seine Werke« (2. Aufl., Freib. 1885–86, 3 Bde.) schmähte er mit Jesuitenkunst den »Befreier der Deutschen«, wie er vorher Lessing in der Schrift »Lessings religiöser Entwickelungsgang« (das. 1877) verkleinert hatte. Der Biographie seines Vaters (s. oben) ließ er »Das Râmâyana und die Râmaliteratur der Inder« (Freiburg 1894) und die von bemerkenswerter Gelehrsamkeit zeugende »Geschichte der Weltliteratur« (Bd. 1–4, das. 1897–1900; Bd. 1 u. 2 in 4. Aufl. 1901 u. 1902) folgen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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