- Chur [1]
Chur (rätoroman. Cuera, ital. Coira, franz. Coire), Hauptstadt des schweizer. Kantons Graubünden, 594 m ü. M., auf dem Schuttkegel der Plessur, eines rechtsseitigen Zuflusses des Rheins, Knotenpunkt der Bahnlinien C.-Sargans-Rorschach und Thusis-Landquart, Ausgangspunkt der Splügen- und Julierstraße.
In dem höhern Stadtteil liegt der »Hof«, die bischöfliche Residenz, mit altem, romanischem Dom (teilweise aus dem 8. Jahrh., mit Wandgemälden nach Holbeins Totentanz). Vor dem Dom steht das Denkmal des Kapuzinerpaters Theodosius. Mit dem Bischofspalast in Verbindung steht der hohe Römerturm Marsöl (mit Archiv und Bibliothek); ein zweiter (Spinöl) ist fast ganz abgetragen. Die Stadt zählt (1900) 11,706 Einw. Seit der Eröffnung der Alpenbahnen hat die Durchfuhr von Waren abgenommen; nur der Zudrang von Touristen und Kurgästen ist größer geworden. C. hat 2 Banken, unbedeutende Industrie (Stickereien, Gerbereien, mechanische Werkstätten, Möbelfabriken, mehrere Bierbrauereien), eine paritätische Kantonsschule (Gymnasium, Industrieschule und Lehrerseminar umfassend), ein Priesterseminar in dem ehemaligen Prämonstratenserkloster St. Luci, ein rätisches Museum, eine Kantonsbibliothek von 50,000 Bänden. Die Stadt, eng und düster, ist römischen Ursprungs (Curia Raetorum) und wird schon 451 als Bischofsitz erwähnt. Durch Schenkung Ottos I. Eigentum des Bischofs geworden, aber einem Reichsvogt unterstellt, erhielt sie 1489 durch Erwerbung der Vogtei die Rechte einer Reichsstadt. 1527 wurde hier die Reformation eingeführt. Anfang des 17. Jahrh. war C. der Schauplatz wilder Parteikämpfe; 1799 ward es durch die Kämpfe zwischen Franzosen und Österreichern mitgenommen. In der Umgegend sind die Sauer- und Salzquelle von Pasugg u. der höher gelegene Luftkurort Churwalden (s.d.) zu erwähnen. Vgl. Planta, Verfassungsgeschichte der Stadt C. im Mittelalter (Chur 1879).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.