- Radetzky
Radetzky, Johann Joseph Wenzel Anton Franz Karl, Graf, österreich. Feldmarschall, geb. 2. Nov. 1766 auf dem Familienschloß Trzebnitz im böhmischen Kreis Tabor, gest. 5. Jan. 1858 in Mailand, stammte aus einer böhmischen Adelsfamilie, R. v. Radetz, die 1764 in den Grafenstand erhoben wurde, und war der Sohn des Peter Eusebius (geb. 1732, gest. 1776) und seiner zweiten Gemahlin, Maria Venantia Bechině von Lažan. 1781–84 im Theresianum gebildet, trat er 1784 als Kadett in das 2. Kürassierregiment (heute 2. Dragonerregiment) und machte 1788–89 als Ordonnanzoffizier Lacys den Krieg gegen die Türken, 1793–96 die Feldzüge in den Niederlanden und in Oberitalien mit. Seit 1796 war er Adjutant des Feldzeugmeisters Beaulieu, des Oberkommandanten der italienischen Armee, und seit 1799 in gleicher Stellung bei dessen Nachfolger Melas. Nachdem er mit Auszeichnung an den Schlachten an der Trebbia und bei Novi teilgenommen, wurde er 5. Nov. d. J. zum Obersten ernannt. Nach der Schlacht bei Marengo, in der er durch Mut und Umsicht glänzte, ward er zur Armee in Deutschland übersetzt und erhielt das Kommando über das 3. Kürassierregiment, an dessen Spitze er 3. Dez. 1800 bei Hohenlinden rühmlichst focht. Von 1801–05 stationierte er mit seinem Regiment in Ödenburg, wurde 1. Sept. 1805 Generalmajor, kam zugleich als Brigadier zur italienischen Armee, focht Ende 1807 in Obersteiermark gegen Massena, weilte vom Februar 1808 ein Jahr lang in Wien und ward 1809 dem 5. Armeekorps unter Erzherzog Karl zugeteilt, hatte an zahlreichen Gefechten in Bayern, Ober- und Niederösterreich rühmlichsten Anteil, avancierte zum Feldmarschallleutnant und Truppendivisionär beim 4. Armeekorps und nahm auch an der Schlacht bei Wagram in hervorragender Weise Anteil. 1813 zum Chef des Generalquartiermeisterstabes und zum Hofkriegsrat ernannt, wirkte er mit Erfolg für die Reorganisation des österreichischen Heerwesens, entsendete österreichische Offiziere in fremde Staaten zur Berichterstattung über militärische Einrichtungen und politische Verhältnisse, leistete als Stabschef Schwarzenbergs 1813–44 bei Kulm, Leipzig und La Rothière ausgezeichnete Dienste, machte (31. März 1814) den Einzug in Paris mit, wobei ihm der preußische Rote Adlerorden erster Klasse und nach dem Pariser Frieden das österreichische Armeechrenkreuz verliehen wurden. 1815 war er wieder Generalstabschef der oberrheinischen Armee und nahm auch an den Arbeiten des Wiener Kongresses teil. In den folgenden Friedensjahren befehligte er als Kavalleriedivisionär erst in Ödenburg, dann in Ofen und war 1821–28 Adlatus des Landeskommandierenden Erzherzogs Ferdinand daselbst; 1829 wurde er General der Kavallerie und Festungskommandant in Olmütz. Von da im Februar 1831 nach Italien beordert, übernahm er im November an Frimonts Stelle den Oberbefehl über die dortige österreichische Truppenmacht (109,000 Mann). 1833 erschien seine Feldinstruktion, 1834 die Manöverinstruktion für sämtliche Truppengattungen, und gleichzeitig veranstaltete er hier jene berühmten Herbstmanöver, die Offiziere aus aller Herren Länder herbeilockten. 1836 erfolgte seine Ernennung zum Feldmarschall. Beim Ausbruch der italienischen Bewegung von 1848 versuchte er den Aufstand in Mailand 18. März mit Gewalt zu unterdrücken, zog sich aber nach fünftägigem Straßenkampf in der Nacht vom 23. März auf Verona zurück. Erst nach Heranziehung von Verstärkungen brach er aus Verona hervor, schlug bei Santa Lucia (6. Mai) die Sardinier und überschritt nach einem kühnen Flankenmarsch bei Mantua den Mincio. Es folgte dann der Sieg von Curtatone (29. Mai), die Kapitulation von Peschiera (31. Mai), die Einnahme von Vicenza (11. Juni), der Festung Palmanuova (25. Juni), 23.–26. Juli die Siege bei Sommacampagna, Custoza und Volta, durch welche die piemontesische Armee vollständig vernichtet wurde, so daß R. 6. Aug. seinen Einzug in Mailand hielt. Am 9. Aug. bewilligte er dem Feind einen Waffenstillstand, demzufolge dieser alle noch von ihm besetzten Plätze der Lombardei aufgeben mußte. Als 10. März 1849 von seiten Karl Alberts die Kündigung des Waffenstillstandes erfolgte, überschritt R. 20. März den Ticino und gewann am 23. bei Novara einen entscheidenden Sieg über die Piemontesen, der Österreichs Herrschaft in Oberitalien wieder auf einige Zeit sicherstellte. Am 26. März wurde zwischen R. und dem neuen König Viktor Emanuel ein Waffenstillstand geschlossen, worauf 28. März Radetzkys Einzug in Mailand folgte. Nachdem auch Venedig nach harter Belagerung im August sich hatte ergeben müssen, hielt R. 1850–56 als Kommandierender der zweiten Armee und als Generalgouverneur des Lombardisch-Venezianischen Königreichs die Ruhe und Ordnung daselbst mit energischer Strenge aufrecht. Er lebte in Verona und kam nur zeitweilig nach Wien, zuletzt im April 1854 anläßlich der Vermählung des Kaisers. Herr auf Neumarkt in Krain sowie auf Rzidko in Böhmen, erhielt er 1852 durch Beschluß der Stände von Kra in auch das Gut Thurn bei Laibach auf Lebenszeit. Am 28. Febr. 1857 nach 72 Dienstjahren mit 46 europäischen Orden ausgezeichnet und vom Volke »Herzog von Custoza« benannt, in den Ruhestand versetzt, starb er in der Villa reale zu Mailand und ist im Parkfriederschen Mausoleum zu Wetzdorf bei Wien beigesetzt. Er war mit Franziska Gräfin Strassoldo-Gräfenberg (gest. 1854 in Mailand) vermählt, mit der er acht Kinder hatte, von denen ihn außer einer Tochter nur ein Sohn, Theodor Konstantin, Generalmajor (gest. 1878), überlebte, der allein das Geschlecht fortsetzte. In Prag ward ihm 1858 ein Denkmal aus erbeuteten sardinischen Kanonen und in Wien 1892 ein Reiterstandbild (von Zumbusch) errichtet. Vgl. Strack, Graf R. (Wien 1849); Schneidawind, Feldmarschall Graf R. (Augsb. 1851); (Schönhals) Der Feldmarschall Graf R. (Stuttg. 1858); Feldmarschall Graf R., sein Leben und seine Taten, bearbeitet von Anton Freiherrn v. Gavenda und Franz de Vuko et Branco (Prag 1858); »Denkschriften militärischen Inhalts aus dem Nachlaß Radetzkys« (das. 1858); Trubetzkoi. Campagnes du Feldmaréchal comte R. dans le nord de l'Italie en 1848 et 1849 (neue Ausg., Leipz. 1860); H. Kunz, Die Feldzüge des Feldmarschalls R. in Oberitalien 1848 und 1849 (Berl. 1890); Graf Schönfeld, Erinnerungen eines Ordonnanzoffiziers Radetzkys (Wien 1904); außerdem biographische Schriften von K. v. Duncker, Smolle, Krones (alle Wien 1891), Hans von der Sann (J. Krainz, Graz 1906) u. a. Denkwürdigkeiten nach Radetzkys u. Graf Thuns Aufzeichnungen (bis 1813) sind enthalten in den »Mitteilungen des k. k. Kriegsarchivs«, Bd. 1 (Wien 1887); »Briefe des Feldmarschalls R. an seine Tochter Friederike 1847–1857« gab Duhr (das. 1892) heraus.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.