- Newman
Newman (spr. njūmän), 1) John Henry, der bedeutendste Führer des Anglokatholizismus (s. Puseyismus) und nach seinem Übertritt das geistige Haupt der römischen Katholiken in England, geb. 21. Febr. 1801 in London, gest. 11. Aug. 1890 in Edgebaston (Birmingham), studierte in Oxford, wo er 1822 Fellow von Oriel College, 1825 Tutor, 1828 Pfarrer an St. Mary wurde. Von Froude, mit dem er 1833 in Italien reiste, Keble, Pusey u.a. gegen die Reformation eingenommen, gab er mit diesen seit September 1833 die »Tracts for the Times«, namentlich 1841 den berühmten 90. Traktat: »Remarks on certain passages in the thirty-nine articles« heraus (s. Pusey). Seiner wachsenden Überzeugung, daß auf seiten des römischen Katholizismus die Wahrheit sei, gab er schon 1843 durch Niederlegung seiner Pfarrstelle Ausdruck. Am 10. Okt. 1845 trat er in Littlemore zur katholischen Kirche über. 1847 in Rom zum Priester geweiht, trat er in das Oratorium (s. Oratorianer) ein und lebte nach seiner Rückkehr in dem von ihm gegründeten Oratorium zu Edgebaston. 1851–1858 war er Rektor der neugegründeten katholischen Universität in Dublin. Nach Niederlegung dieser Stelle leitete er von seinem Kloster aus eine Erziehungsanstalt für den katholischen Adel. 1879 wurde er von Leo XIII. zum Kardinal ernannt. Literarisch machte er durch seine »Letters on certain difficulties felt by Anglicans in catholic teaching« (Lond. 1850, neue Ausg. 1891), seine »Lectures on Catholicism in England« (das. 1851) sowie durch zahlreiche Vorträge, die u. d. T. »Discourses addressed to mixed congregations« (das. 1850, 7. Aufl. 1891; deutsch, Mainz 1851) gesammelt wurden, für den Katholizismus Propaganda. Infolge einer Kontroverse mit Ch. Kingsley (s. d.) veröffentlichte er sein bekanntestes Werk: »Apologia pro vita sua, being a history of his religious opinions« (Lond. 1865, neue Ausg. 1904; deutsch, Köln 1865). Von seinen übrigen Schriften sind noch zu nennen: »The Arians of the fourth century« (Lond. 1833, 6. Aufl. 1890); »Essays, critical and historical« (das. 1871; neue Ausg. 1890, 2 Bde.); »Discussions and arguments« (das. 1872); »Historical sketches« (das. 1891, 3 Bde.); der Roman »Callista, a sketch of the third century« (das. 1876, neue Ausg. 1890; deutsch, 10. Aufl., Köln 1899, auch Osnabr. 1900). Seine Gedichte hat er zuerst u. d. T.: »Lyra apostolica« (1834, 8. Aufl. 1848) zusammengestellt; später veröffentlichte er »Verses on religious subjects« (Dublin 1853) und »Verses on various occasions« (1858). Am bekanntesten wurde die Dichtung: »The dream of Gerontius« (deutsch 1885), darin die Erlebnisse der Seele nach dem Tode bis zum Eintritt ins Fegfeuer geschildert werden. Seine Werke umfassen 37 Bände, darunter 8 Bände »Parochial and plain sermons«. Seine »Select Essays« gab Sampson (Lond. 1902) heraus. Eine systematische Darstellung seiner Lehre gab Brémond, N. Le développement du dogme chrétien (Par. 1905, 4. Aufl. 1906) und Psychologie de la foi (das. 1905). Vgl. Hutton, Cardinal N. (2. Aufl., Lond. 1891); Anne Mozley, Letters and correspondence of J. H. N. during his life in the English Church (das. 1891, 2 Bde.; billige Ausg. 1898); Abbott, The Anglican career of Cardinal N. (das. 1892, 2 Bde.); Mac Rae, Die religiöse Gewißheit bei J. H. N. (Jena 1898); Thureau-Dangin, La renaissance catholiqueen Angleterre an XIX. siècle (Par. 1899–1903, 2 Bde.); Lucie Felix-Faure, N., sa vie et ses œuvres (das. 1900); Grappe, J. H. N. Essai de psychologie religieuse (das. 1902); Semeria, Il cardinale N. (Rom 1902); Waller und Burrow, Cardinal N. (Lond. 1902); Barry, Newman (das. 1903); Lady Blennerhassett, J. H. Kardinal N. (Berl. 1904); Brémond, N. Essai de biographie psychologique (Par. 1906), sowie die Literatur beim Artikel »Pusey«.
2) Francis William, engl. Schriftsteller, Bruder des vorigen, geb. im Juni 1805, gest. 5. Okt. 1897 in London, studierte in Oxford, bereiste den Orient, wurde 1840 Professor an der Akademie in Manchester und 1846 Professor der römischen Literatur an der Universität in London; 1863 trat er ins Privatleben zurück. In seinen Schriften: »The soul, her sorrows and her aspirations« (1849, 9. Aufl. 1882; deutsch, Leipz. 1851) und »Phases of faith« (1849, neue Ausg. 1881) fordert er im Gegensatz zu seinem Bruder einen durch Vernunft und Humanität begründeten Glauben. Als Geschichtschreiber erwarb er sich Ruf durch seine »History of the Hebrew monarchy« (1847, 3. Aufl. 1865) und »Regal Rome, an introduction to Roman history« (1852), worin er Niebuhrs Hypothesen über den Ursprung der Etrusker bekämpfte. Eine Reihe kleinerer Schriften sind gesammelt in den »Miscellanies« (1869–89, 3 Bde.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.