- Mittermaier
Mittermaier, Karl Joseph Anton, Rechtslehrer, geb. 5. Aug. 1787 in München, gest. 28. Aug. 1867 in Heidelberg, habilitierte sich 1809 in Landshut, wurde 1811 daselbst außerordentlicher Professor, folgte 1819 einem Ruf nach Bonn und 1821 nach Heidelberg. 1831 wurde er von Bruchsal in die badische Ständeversammlung gewählt und galt seitdem als einer der Hauptvertreter des gemäßigten Liberalismus, als der er sich in seinen auf Trennung der Justiz und Verwaltung, Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens, Preßfreiheit, Geschwornengerichte, Reform des Gefängniswesens, Reform des Strafensystems und Abschaffung der Todesstrafe gerichteten Anträgen zeigte. Auf den Landtagen von 1833, 1835, 1837 und 1847 war er Präsident der Zweiten Kammer, 1848 Präsident des Vorparlaments. Dann trat er für die Stadt Baden in die deutsche Nationalversammlung, war hier als Mitglied des Verfassungsausschusses tätig und wirkte für die Gründung eines Bundesstaats auf gesetzlichem Weg. Im April 1849 kehrte er jedoch nach Heidelberg zurück und nahm nur noch an einzelnen Verhandlungen des Parlaments teil. Von seinen zahlreichen Werken, die zum großen Teil auch in andre Sprachen übersetzt wurden, sind hervorzuheben: »Handbuch des peinlichen Prozesses« (Heidelb. 1810–12, 2 Bde.), später umgearbeitet u. d. T.: »Das deutsche Strafverfahren in der Fortbildung durch Gerichtsgebrauch und Partikulargesetzbücher« (das. 1827, 2 Abtlgn.; 4. Aufl. 1845–46); »Der gemeine deutsche bürgerliche Prozeß« (1.–4. Beitrag, Bonn 1820–26 u. ö.); »Theorie des Beweises im peinlichen Prozeß« (Darmst. 1821, 2 Bde.); »Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts« (Landsh. 1824; 7. Aufl., Regensb. 1846–47, 2 Bde.); »Die Lehre vom Beweis im deutschen Strafprozeß« (Darmst. 1834); die Umarbeitung von Feuerbachs »Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts« (12.–14. Aufl., Gießen 1836–47); »Die Mündlichkeit, das Anklageprinzip, die Öffentlichkeit und das Geschwornengericht« (Stuttg. 1845); »Das englische, schottische und nordamerikanische Strafverfahren« (Erlang. 1851); »Die Gesetzgebung und Rechtsübung über Strafverfahren« (das. 1856); »Die Gefängnisverbesserung« (das. 1858); »Der gegenwärtige Zustand der Gefängnisfrage« (das. 1860); »Die Todesstrafe« (Heidelb. 1862). Außerdem begründete M. die »Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des Auslandes« (Heidelberg 1829–55, 28 Bde.) und war Mitherausgeber des »Neuen Archivs des Kriminalrechts« sowie des »Archivs für zivilistische Praxis«. Vgl. Fr. und K. Mittermaier, Bilder aus dem Leben von Karl Joseph Anton M. (Heidelb. 1886).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.