Mexiko [3]

Mexiko [3]

Mexiko, Hauptstadt der Republik Mexiko, unter 19°26' nördl. Br. und 99°7' westl. L., bildet mit dem Umkreis von zwei spanischen Meilen den direkt unter der Bundesregierung stehenden Bundesdistrikt (Distrito federal), der durch eine Kette von weißen Pyramiden begrenzt wird und 1900: 541,516 Einw. zählte, liegt fast in der Mitte des Tals von Tenochtitlan oder M., 1,5 km westlich vom Tezcucosee, 2265 m ü. M., und hat eine mittlere Jahrestemperatur von 15,4° (Mai 19,6, Januar 12,5°). Die früher sehr unbefriedigenden Gesundheitsverhältnisse haben sich nach der künstlichen Entwässerung des Tals durch einen 1894 vollendeten, 9,8 km langen Tunnel gebessert. Das Trinkwasser wird durch zwei großartige Wasserleitungen zugeführt und durch Wasserträger (aguadores) herumgetragen und verkauft. Die Straßen sind kanalisiert, mit Gas oder elektrisch beleuchtet und von elektrischen Bahnen durchzogen. Unter den öffentlichen Plätzen ist die Plaza de la Constitucion oder Plaza mayor, ein regelmäßiges Viereck von 351 m Länge und 234 m Breite, der größte. Nördlich begrenzt ihn die imposante Kathedrale, an der Stelle des großen aztekischen Haupttempels (Teocalli) im gotischen Stil 1573–1667 erbaut, mit zwei 66 m hohen Türmen und schöner Kuppel, vielen Kostbarkeiten und Gemälden der besten spanischen Meister. An der Ostseite der Kathedrale erhebt sich der Sagrario Metropolitano, die erste Pfarrkirche der Stadt in überladenem Stil, davor das Martinezdenkmal. An der Ostseite des Platzes steht der mächtige, 205 m lange Palacio Nacional, südlich der Palacio Municipal und westlich eine Reihe stattlicher, mit Arkaden und Kolonnaden versehener Gebäude, darunter der an der Stelle der ehemaligen Residenz des aztekischen Königs Montezuma erbaute Palast der Familie Cortez. Südöstlich von ihm liegt der Hauptmarktplatz der Stadt (Plazuela del Volador) mit dem Universitätsgebäude. Unter den öffentlichen Spaziergängen ist der schönste die Alameda, im NW. der Stadt, durch die Avenida Juarez mit dem Paseo de la Reforma, der belebten Wagenpromenade der Bewohner (mit Bildsäulen von Karl IV., Kolumbus, Guatemozin, Juarez etc.), nach Chapultepec führend. Bemerkenswert sind unter den kirchlichen Gebäuden noch das Kloster San Francisco mit sieben Kirchen und Kapellen; der große Konvent der Dominikaner (später als Staatsgefängnis benutzt), die Kirche La Profesa, zum ehemaligen Jesuitenkollegium gehörig, und das schöne Kloster La Merced. Außerdem gibt es sechs protestantische Gotteshäuser. Die Stadt ist Residenz des Präsidenten der Republik und Sitz der Zentralbehörden, des Gouverneurs des Staates M., eines Erzbischofs, der fremden Gesandtschaften und eines deutschen Konsuls. Sie zählt (1900) 344,721 Einw., zur Hälfte Kreolen, zu 25 Proz. Indianer, im übrigen Mischlinge und 13,231 Ausländer (6302 Spanier, 2117 Amerikaner, 1671 Franzosen, 785 Deutsche, 614 Engländer, 596 Italiener). Die 337 öffentlichen Schulen des Distrikts zählten 1902: 55,113, die 3 höhern Vorbereitungsschulen 2104 Schüler. An Hochschulen sind vorhanden eine Rechtsschule, 2 medizinische Schulen, eine landwirtschaftliche Schule, eine Handelsschule, eine Technische und eine Gewerbeschule, 2 Lehrerseminare, die Kunstakademie mit Gemäldesammlung, das Konservatorium der Musik, eine höhere Töchterschule, Nationalbibliothek (180,000 Bände) und 22 andre Bibliotheken, Nationalmuseum (mit mexikanischen Altertümern, darunter ein aztekischer Kalenderstein und der berühmte aztekische Opferstein), die Nationalsternwarte (in Tacubaya), neugebaute Geologische Landesanstalt und mehrere gelehrte Gesellschaften für Naturwissenschaften, Geschichte, Geographie und Literatur. Es erscheinen 94 Zeitungen (13 täglich) und Zeitschriften. Es bestehen 4 Theater, 2 Stierkampfplätze, verschiedene Klubs, darunter 2 deutsche. Von Wohltätigkeitsanstalten besitzt M. 3 Hospitäler, 2 Irrenanstalten, eine Taubstummenanstalt, eine Blindenschule, ein Findelhaus, ein Armenhaus und eine Entbindungsanstalt. Die Industrie erzeugt namentlich Maschinen, Papier, Tonwaren, Zigarren, Lederarbeiten, Hüte, seine Gold- und Silberwaren, Baumwoll- und Wollwaren, Möbel, Seife, Glas, Schokolade. Der Staat besitzt hier eine Waffenfabrik, Pulvermühle und Geschützgießerei. Dem Handel dienen zahlreiche Eisenbahnen und zwei schiffbare, aus der Aztekenzeit stammende Kanäle, welche die Stadt mit den Seen von Tezcuco und Chalco verbinden und die Zufuhr von Gemüsen, Früchten und Blumen vermitteln. Elektrische Bahnen führen nach den Vororten, so auch nach dem berühmten Palast von Chapultepec, in unmittelbarer Nähe auf einem Felshügel schön gelegen, der die Stelle des Palastes Montezumas einnimmt, 1783 bis 1785 erbaut wurde, jetzt Sommerresidenz des Präsidenten und Sitz der nationalen Militärschule (256 Kadetten) ist. 4 km nördlich liegt Guadalupe-Hidalgo (s. d.); bei den Dörfern Santa Anita und Ixtacalco befinden sich die merkwürdigen »schwimmenden Gärten«, zur Gemüse- und Blumenzucht benutzte kleine Stücke Landes. Die jetzige Stadt liegt an der Stelle des alten Tenochtitlan der Azteken, der von Cortez dem Erdboden gleichgemachten prachtvollen Residenz Montezumas, die damals 2000 Tempel einschloß. Vgl. Riedel, Practical guide of the city and valley of Mexico (Mexiko 1892); Barrett, Guide to the city of Mexico (3. Aufl., das. 1903); Percival, Mexico city (Chicago 1901); Seler, Die Ausgrabungen am Orte des Haupttempels von M. (Wien 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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