- Linolěum
Linolěum (Korkteppich), ein festes Gewebe, das mit einer Lage von Linoleummasse durch Pressen vereinigt ist. Die Masse wird aus Leinöl hergestellt, das sich bei geeigneter Behandlung zu einer zähen Substanz verdickt und dann mit festen Körpern (hauptsächlich Harz und Korkpulver) ein knetbares Gemenge bildet, das allmählich völlig erhärtet, ohne spröde zu werden. Diese Erhärtung erfolgt durch Aufnahme von Sauerstoff unter Bildung von Linoxyn, das auch den Hauptbestandteil der schnell trocknenden Leinölfarben ausmacht. Die Fabrikation ist in bezug auf die Oxydation des Leinöls verschieden. Nach der einen Methode wird das Öl in Kesseln auf freiem Feuer bei 200–240° unter fortwährendem Umrühren mittels eines Rührwerkes mit Bleizucker gekocht und dann, 100–110° heiß, in ein hochstehendes Gefäß gepumpt, dessen Boden siebartig durchlöchert ist. Durch die Sieblöcher fließt das Öl in einen kesselartigen Behälter, der von Luft durchströmt wird. Zwei Seiten dieses Behälters erhalten zur Unterstützung des Prozesses durch Licht Glaswände. Das sich ansammelnde, durch Wasserdampf von neuem erhitzte Öl gelangt wieder zur Pumpe und so oft in den Bereich des Luftstroms, bis die Einwirkung den genügenden Grad erreicht hat. Nach einer andern Methode wird das auf gleiche Weise erhitzte Öl mittels einer Pumpe in einen langen Trog, und aus diesem über eine ebenso lange Zunge in einem dünnen Strahl auf ein Schaufelrad von 50 cm Durchmesser mit vier Schaufeln geschafft, das sich 600mal in der Minute dreht und dadurch das Öl in einer mit Glas bedeckten Kammer zerstäubt, der durch einen Ventilator ununterbrochen Luft zugeführt wird. Das zerstäubte Öl fließt ebenfalls dem Kocher wieder zu, um bis zum erzielten Erfolg den Kreislauf zu wiederholen. Zur eigentlichen Verwandlung des vorbereiteten Öls in Linoxyn dienen die Oxydierhäuser, die zur Förderung des Prozesses möglichst viel Tageslicht zulassen müssen und deshalb zum Teil aus Glaswänden bestehen. Hierbei fließt das Öl in einen würfelförmigen Trog, über dem ein Rahmen hängt, in dem ein baumwollenes Gewebe von etwa 66 m Länge in 70 horizontalen oder vertikalen Lagen zwischen ebenso vielen horizontalen Stäben hin und her gezogen ist. Der auf diese Weise mit dem Gewebe gefüllte Rahmen wird nun alle 24 Stunden einmal in den mit Öl gefüllten Trog getaucht, nach der Tränkung der Gewebelagen mit Öl hinaufgezogen und, über dem Troge hängend, bei 30° der Luft ausgesetzt, wobei das nicht anhaftende Öl in den Trog zurücktropft. In etwa 24 Stunden erhärtet die Schicht, die durch Wiederholung des beschriebenen Vorganges im Verlauf von einigen Wochen zu 3–4 mm Dicke anwächst und sodann von dem Gewebe abgenommen und weiter verarbeitet wird. Durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft nimmt das Gewicht um etwa 7 Proz. zu. Die durch diesen Prozeß erhaltenen kautschukartigen Linoxynplatten werden abgenommen, mit Kreidepulver bestreut, zusammengerollt und dann zerkleinert, wobei auch das seine Baumwollgewebe mit zerrieben wird. Bei einem andern Verfahren wird das Öl in großen stehenden Kesseln unter gleichzeitigem Durchtreiben von heißer Luft, die ein sein gepulvertes Oxydationsmittel (Bleiglätte, Bleizucker, Zinkvitriol etc.) mitreißt, anhaltend gekocht. Zur vollständigen Oxydation sollen nur 15–18 Stunden erforderlich sein. Das Linoxyn wird im heißen Zustand aus den Kochern in flache Kühlschiffe abgelassen. In neuester Zeit wird vielfach Chlorkalk als Oxydationsmittel in der Weise verwendet, daß man Leinöl mit Chlorkalk mischt und erwärmt.
Zur Herstellung der Linoleumdeckmasse wird das Linoxyn mit mehlfein gemahlenem Kork mittels Maschinen vermischt und, um eine bessere Elastizität und Härte zu erzielen, mit Harz (Kolophonium), Kaurikopal und Mineralfarben (Ocker, Eisenrot etc.) versetzt, in mit Dampf geheizten Pfannen zusammengeschmolzen und in einem mit Dampfmantel versehenen Zylinder mit Rührwerk oder auf einem Walzwerk mit 2–3 hohlen, auf 150° erwärmten Walzen geknetet. Diese teigartige Masse verbindet sich unter starkem Druck bei Erwärmung auf 140–150° ohne weiteres mit dem Grundgewebe, das vorher auf der Rückseite mit dreimaligem Firnisanstrich versehen wurde. Die Vereinigung der Grundmasse mit dem Gewebe geschieht mittels zweier mit starkem Druck laufender Walzen, die mit Dampf geheizt werden. Aus der Heißpresse läuft das Fabrikat durch ein mit kaltem Wasser gekühltes Walzenpaar und wird dann sofort aufgewickelt. Zum Abschluß des Oxydationsprozesses behandelt man das L. in besondern Trockenhäusern bei 30–36° und fortwährendem Luftwechsel. Das L. wird dabei in langen Hängen aufgehängt und nach dem Trocknen auf eine Walze aufgerollt. L. wird einfarbig und gemustert hergestellt und zwar im ersten Falle durch Zumischung von Erdfarben zu der Masse, im zweiten Falle durch Bedrucken mit Ölfarben nach dem in der Wachstuchfabrikation üblichen Verfahren des Platten- und Zylinderdruckes. Für zahlreiche Verwendungszwecke stellt man Linoleummosaik (Inlaid-L.), Marmor-, Granit- etc. Muster her, indem man verschieden gefärbte Streifen oder Massenteilchen nebeneinander auf das Grundgewebe bringt. Will man dem Inlaid-L. ein regelmäßiges Muster geben, so wird die verschieden gefärbte Korkmasse ungefähr 2 cm dick in gitterartige Messingformen, die den Linien der Zeichnung nachgebildet sind, eingefüllt. Hebt man die Form heraus, so entsteht das Muster mosaikartig auf dem Gewebe und wird dann durch eine einfache mechanische Vorrichtung zwischen die Platten der hydraulischen Pressen gezogen. Nachdem die Pressen ca. 10 Minuten darauf gewirkt haben, verläßt sie das L. als fertiges Produkt, das mit allen Annehmlichkeiten des Linoleums auch noch die Unverschleißbarkeit des Musters verbindet. Man erzeugt die Musterung auch, indem man Figuren, die auf besondern Durchbruchmaschinen hergestellt werden, in gleich geformte Durchbrechungen (wie eingelegte Arbeit) einlegt und mittels hydraulicher Pressen oder Walzen auf dem Gewebe befestigt. Nach dem Bedrucken oder Einlegen erfolgt das letzte Trocknen in den genannten Trockenhäusern. Das als Tapete zu Wandbekleidungen besonders fabrizierte Lincrustawalton-L. ist nach Art der alten Ledertapeten gepreßt, farbig verziert und mit einer Rückendecke von Leinwand versehen, die, mit Linoleummasse aufgekittet, das Grundgewebe gegen den Einfluß der Feuchtigkeit schützt. Den Schutz gegen Feuchtigkeit erhält man zweckmäßiger dadurch, daß man auch die zweite Seite mit Deckmasse versieht. Lincrustawalton wurde zuerst in England und Amerika und wird seit Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrh. auch in Deutschland zu Wandbekleidungen benutzt. Man klebt es auf und kann es mit Seifenwasser reinigen. Soll das L. steif sein, z. B. zu Firmenschildern, so verwendet man statt Gewebe Drahtgaze oder gelochtes Blech. L., das im Kamptulikon seinen Vorläufer hat, verdankt seine schnelle und verbreitete Aufnahme dem Umstande, daß es vollständig der Feuchtigkeit widersteht und sehr schlecht wärmeleitend ist, wodurch es sich in hohem Grade zum Belegen von Fußböden eignet. Vgl. H. Fischer, Geschichte, Eigenschaften und Fabrikation des Linoleums (Leipz. 1888); Andés, Die Fabrikation des Linoleums (Wien 1895); Kaufmann, Anleitung zur Darlegung und Behandlung von L. (2. Aufl., Würzb. 1902).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.