Asbest

Asbest

Asbest (v. griech. asbéstos, »unverbrennlich«). Mineralien, die dick- oder feinfaserige, elastisch biegsame Aggregate von weißlicher, grünlicher oder bräunlicher Farbe darstellen, oft seidenartigen Glanz zeigen, teils fettig, teils mager anzufühlen sind und zu Hornblende und Serpentin in enger genetischer Beziehung stehen. Sie finden sich daher auch meist in Gesellschaft dieser Mineralien, die bisweilen so allmählich in A. übergehen, daß eine bestimmte Grenze nicht anzugeben ist. Die chemische Zusammensetzung des Asbestes ist sehr schwankend; der Hornblendeasbest ist wasserfrei, der Serpentinasbest aber enthält Wasser. Man unterscheidet: Amiant (v. griech. amianthos, »unbefleckt«, Bergflachs, Byssolith), oft sehr lange, seine und biegsame, weiße bis grünliche Fasern mit seidenartigem Schiller, ist ein dem Aktinolith gleich zusammengesetzter Hornblendeasbest und kommt besonders in Hornblendegesteinen in Gestalt von Schnüren, in Talk- und Chloritschiefer, auch in Kalkstein vor und ist zuweilen in Bergkristallen und Kalkspat eingeschlossen. Er findet sich auf Korsika, in Steiermark, Tirol, Piemont, Savoyen, am St. Gotthard, zu Oisans in der Dauphiné und im Gouv. Perm, wo er bei Newjansk einen ganzen Berg bildet. Schillernder A. (Chrysotil, v. griech. chrysos, »Gold«, und tilos, »Faser«) ist ein weicher, in seinen Fasern biegsamer Serpentinasbest mit lebhaftem hellmetallischen Seidenglanz, meist lauch- und ölgrün, wenig durchscheinend, durchsetzt in Platten und Schnüren in parallelfaseriger Zusammensetzung den gewöhnlichen Serpentin, mit dem er in chemischer Hinsicht vollkommen übereinstimmt; er findet sich besonders bei Reichenstein, Zöblitz (Sachsen), in den Alpen etc. Eine Abart dieses schillernden Asbestes ist der weiße oder hellgrüne Leukotil (v. griech. leukos, »weiß«) von silberähnlichem Seidenglanz. Unreinere Varietäten sind der gemeine A. mit gröbern, weniger biegsamen Fasern sowie der Bergkork (Bergleder, Bergpapier), bei dem sich die filzartig ineinander gewobenen Fasern schwer voneinander trennen lassen. Letzterer ist matt oder wenig schimmernd, undurchsichtig, grau, grün, braun und kommt in Serpentin und Hornblende führenden Gesteinen vor, am St. Gotthard, in Tirol und Spanien, auch auf Erzlagern in Schweden. Beim Bergholz (Sterzing in Tirol, Kanada) sind braune Teile zu einer holzartigen Masse fest verbunden. – Italienischer und griechischer Amiant wurde von den Alten zu unverbrennlichen Tafel- und Leichentüchern (asbestinum) verarbeitet. Nach Pausanias besaß die goldene Laterne der Minerva in Athen einen Docht aus karystischem Flachs. Irokesen und Huronen haben aus A. Kleider hergestellt, und in Urua fertigen die Eingebornen aus A. Gefäße. In Sibirien trägt man Handschuhe, in den Pyrenäen und in Como fertigt man mittelfeine Spitzen aus A. Die neue Asbestindustrie verarbeitet A. aus den Gruben von Quebec, die 1878 entdeckt wurden und neun Zehntel des in der ganzen Welt verbrauchten Asbestes liefern, 1898: 15,892 Ton. Rußland, Schweden, Tirol, Ungarn, Italien, Korsika, Sibirien, Südamerika, Südafrika, Australien liefern weniger A. Kurzfaseriger A. (Asbestolith) wird in Sall Mountain in Georgia gewonnen. In der Regel sind die Fasern glatt und seidenartig, die kanadischen gekräuselt, 5–6 cm lang, spez. Gew. 2,5. Der blaue A. vom Kap ist länger, feinfaseriger, viel leichter als italienischer und kanadischer. Die durch Sprengarbeit gewonnenen Blöcke werden auf Kollergängen oder Walzmühlen zerkleinert und durch Maschinen in lang- und kurzfaserige Ware gesondert. Die langen Fasern werden zu Garn, zu Seilen und Schnüren meist mit etwas Baumwolle versponnen (12,000 m seiner Asbestfaden wiegen 1 kg). Seile aus A. vom Kap sind etwas leichter als Hanfseile und besitzen zwei Drittel ihrer Haltbarkeit, während sie durch Witterung weniger leiden. Asbestgewebe werden aus reinem Asbestgarn oder mit Kette aus Baumwolle, Wolle, Seide, Draht hergestellt und überall benutzt, wo Feuersicherheit in Betracht kommt. Schürzen und Gewänder aus Asbestkautschuk dienen in Hüttenwerken zum Schutz gegen spritzenden Metallguß und strahlende Hitze. Asbestschnüre benutzt man in der chemischen Technik und zum Befestigen der Glühstrümpfe. Kurzfaseriger A. wird mit Papierbrei oder einem andern Bindemittel gemischt und zu Papier, Pappe verarbeitet. Das Papier dient zu Dokumenten, Theaterdekorationen; Asbestpappe als Wärmeschutzmittel, zur Erhöhung der Feuersicherheit (Türen, Vorhänge etc.), zu Dichtungen an Dampfmaschinen etc. (auch Schnüre), zu Füllungen in Geldschränken, als Einlegesohlen, als Isoliermaterial in der Elektrotechnik etc. In Pulverform mit Wasserglas und Mineralfarben gemischt, liefert A. feuersichern Anstrich (Asbestemail). Aus kurzfaserigem A. gewinnt man durch Druck und Brennen bei hoher Temperatur eine porzellanartige Masse. Sehr ausgedehnte Verwendung hat A. in den verschiedensten Formen im Baufach gefunden, namentlich um Bauteile der Einwirkung des Feuers zu entziehen, zur Errichtung von Scheunen, Arbeiterhäusern, Baracken, Pavillons, Tropenhäusern etc. Vgl. Luschin, A., dessen Vorkommen und Verarbeitung in Österreich-Ungarn (Wien 1890); Jones, Asbestos, its properties, occurrence and uses (Lond. 1890); Röll, Der A. und seine Verwendung (Geestemünde 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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