Krasiński

Krasiński

Krasiński, Zygmunt, Graf, neben Mickiewicz und Slowacki der bedeutendste Dichter der neuesten polnischen Literaturepoche, geb. 19. Febr. 1812 in Paris als Sohn des Generals Grafen Wincenty K. (gest. 1858), gest. daselbst 23. Febr. 1859, erhielt im väterlichen Haus, das der Sammelpunkt aller politischen und literarischen Berühmtheiten Warschaus war, unter der Leitung des namhaften Schriftstellers Korzeniowski eine sorgfältige Erziehung und vielfache geistige Anregung. Schon in seinem 14. Lebensjahre schrieb er zwei historische Romane nach dem Muster Walter Scotts. 1826 trat er in das Lyzeum zu Warschau, studierte seit 1828 an der Universität Rechtswissenschaft, wurde jedoch durch die Anfeindungen, denen sein Vater als Anhänger der russischen Regierung in dem Hochverratsprozeß von 1825 ausgesetzt war, bewogen, seine Studien zu unterbrechen und 1829 eine längere Reise nach Italien und der Schweiz zu unternehmen. In Genf wurde er 1830 mit Mickiewicz bekannt und von ihm zu dichterischem Schaffen angeregt. Durch physische Leiden fortwährend an das südliche Klima und verschiedene Heilbäder gefesselt, lebte er in der Folge meist in Rom, seit 1857 in Paris. Alle seine Dichtungen erschienen anonym oder pseudonym (Konst. Gaszyński, Spiridion Prawdzicki, Ligenza und Mielikowski), zuerst die poetische Erzählung »Agay Han« (Bresl. 1833; deutsch von Brachvogel, Leipz. 1840), das Produkt einer fieberhaft erregten Phantasie; dann das 1833 in Rom geschriebene dramatische Gedicht »Nieboska Komedya« (Par. 1834; deutsch von Botornicki: »Ungöttliche Komödie«, Leipz. 1841), ein originelles und tiefsinniges Werk, worin der Dichter die höchsten Fragen auf politischem und sozialem Gebiet zu lösen versucht; endlich die ebenfalls in Rom verfaßte halb epische, halb dramatische Dichtung »Irydion« (Par. 1836; deutsch, Leipz. 1847 u. 1881), des Dichters Hauptwerk, worin der Gegensatz zwischen dem verderbten Rom der Cäsaren und den Racheplänen des unterjochten Hellas mit glühenden Farben dargestellt wird. Diesen Poesien symbolisierenden Charakters schließen sich noch andre Prosadichtungen an: »Drei Gedanken Ligenzas« (»Trzy myśli«, 1840); »Die Sommernacht« (»Noc letnia«, Par. 1841; deutsch, Wien 1881) und »Die Versuchung« (»Pokusa«; deutsch von Stroka, Leipz. 1881). In »Przedświt« (»Dämmerung«, 1843), einer Anzahl von Kanzonen, preist der Dichter die sittlichen Elemente der polnischen Geschichte und macht die politische Wiedergeburt seines Vaterlandes von der sittlichen abhängig. Auch die »Psalmy przyszłości« (»Die Psalmen der Zukunft«, 1845 u. 1848 und Leipz. 1874) verherrlichen den Heroismus des Martyriums, riefen daher heftige Entgegnungen hervor, wurden als »lyrische Feigheit« gebrandmarkt und kosteten K. die Freundschaft Slowackis. Seine letzte Dichtung war die mystische »Glosse der heil. Therese« (1852). Seine Werke erschienen in Auswahl Leipz. 1863, 3 Bde., die vollständigste Ausgabe seiner Schriften Lemberg 1880–88, 4 Bde., seine JugendschriftenUtwory młodzieńcze«) Posen 1880, seine Briefe Lemberg 1882–90, 4 Bde. Seine Biographie schrieb Tarnowski (Krakau 1892).


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