Kannstatt

Kannstatt

Kannstatt (Cannstatt), früher Oberamtsstadt im württemb. Neckarkreis, zu beiden Seiten des Neckar, 4 km von Stuttgart, mit dem es durch eine elektrische Straßenbahn verbunden ist, seit 1904 mit Stuttgart vereinigt, in fruchtbarer, lieblicher Gegend, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bretten-Friedrichshafen u. K.-Nördlingen, 220 m ü. M., hat in den neuern Stadtteilen schöne Straßen, 2 evangelische und eine kath. Kirche, eine Kirche der Methodisten, Synagoge, zwei Brücken über den Neckar, darunter die schöne König Karl-Brücke, schöne Anlagen um den Kursaal mit einem Reiterstandbilde des Königs Wilhelm I. und (1900) 26,497 Einw., davon 3570 Katholiken und 484 Juden.

Wappen von Kannstatt.
Wappen von Kannstatt.

K. besitzt eine große Eisenbahnwagenwerkstätte, eine Motorwagen- und Motorbootfabrik (Daimlerwerke) und eine Bäckereimaschinenfabrik, Eisengießereien, Fabriken für Blechwaren, Bronze und Blattmetall, Feuerwehrrequisiten, elektrotechnische Apparate, mechanische Weberei, Trikotweberei, Wollspinnerei, Band-, Gurk-, Bettfedern-, Tapezierwaren-, Tuch-, Zigarren- und Korsettfabrikation, 2 chemische Fabriken, Bierbrauerei, Ziegeleien und vortrefflichen Obst- und Weinbau. Besondere Bedeutung erhält K. durch seine kochsalzhaltigen Mineralquellen und Heilanstalten. Von den erstern sind die Sulzerainquellen (früher Wilhelmsbrunnen) mit dem von König Wilhelm erbauten, jetzt renovierten Kursaal und Trinkhalle, die Frösnerschen Quellen (Männlein und Weiblein), die Karls- und Wiesenquelle und auf der Neckarinsel die Inselquelle und der Sprudel am wichtigsten. Ihre Temperatur beträgt 17,5–20,6°. Man benutzt die Quellen zum Trinken und Baden bei Katarrhen der Schleimhäute, Unterleibsleiden aller Art, fehlerhafter Blutmischung und Schwächezuständen des Nervensystems. Daneben werden vielfach Molken, auch Flußbäder im Neckar und im Stadtbad angewendet. Schon die Römer kannten und benutzten die Quellen, wie die Ausgrabung eines römischen Bades und andrer Altertümer in der Nähe von K. bezeugt. Von den Heilanstalten sind die Veielsche Flechtenheilanstalt und eine Wasserheilanstalt. verbunden mit Sanatorium für Nervenkranke, und ein Tierspital bemerkenswert. K. ist Sitz eines Amtsgerichts und eines Hauptsteueramtes, hat ein Gymnasium, Oberrealschule, 3 Musikschulen und ein Theater. Bei Gelegenheit des auf dem Wasen zwischen Berg und K. alljährlich 28. Sept. gefeierten Volksfestes finden auch Pferderennen statt. Bemerkenswert sind die in dem Kalktuff häufig vorkommenden Höhlen, oft von 10 m Länge, mit fossilen Mammut- und andern Tierknochen. In der Nähe sind besonders erwähnenswert: die königlichen Lustschlösser Rosenstein und Wilhelma, jenes 1824–30 erbaut, in edlem Stil, mit Bildergalerie und Park, dieses 1842–51 erbaut, in maurischem Stil, mit prachtvollen Gärten und reichen Gewächshäusern. Östlich von der Stadt liegt der Rothenberg (s. d.), westlich ein zum obergermanischen Limes gehöriges Römerkastell. – K. wird zuerst 708 erwähnt. Kaiser Ludwig der Bayer verlieh ihm 1330 die Rechte der Reichsstadt Eßlingen. Bis zur Mitte des 14. Jahrh. war hier das Landgericht für die Grafschaft Württemberg. Am 21. Juli 1796 siegten hier die Franzosen unter Moreau über die Österreicher unter Erzherzog Karl. Vgl. Veiel, Der Kurort K. und seine Mineralquellen (Kannst. 1875); Ströhmfeld, K. in Wort und Bild (das. 1896); Beck, Kannstatter Chronik über die 2. Hälfte des 19. Jahrh. (das. 1900); »Beschreibung des Oberamts K.« (hrsg. vom königlichen statistischen Landesamt, Stuttg. 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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