- Indische Religion
Indische Religion. Die Gottheiten der nach Ostindien eingewanderten Arier, wie der Veda (s. d.) sie kennen lehrt, sind vorwiegend Naturgottheiten, die Kräfte der Natur in ihren mannigfaltigen Äußerungen: Sonne, Feuer, Gewitter etc., freilich ihrer Bedeutung nach schon damals keineswegs mehr durchweg verstanden. Solche Götter sind: Agni, Indra, Varuna und die Aditja, die Marut, Pardschanja, die Açvin, Uschas, Sûrja (s. diese Artikel). Das ursprüngliche Wesen einzelner Gottheiten, wie Rudra und Vischnu (s. d.), ist zweifelhaft. Daneben steht der Glaube an Geister und Kobolde aller Art und die Verehrung der Verstorbenen; denn der Glaube an das Fortleben nach dem Tod ist vorhanden (vgl. Jama). Den Göttern und Geistern wird auf der einen Seite Opfer und Gebet gewidmet, auf der andern glaubt man insonderheit die Geringern von ihnen durch Zauberpraktiken nach dem eignen Willen zwingen zu können. Ethische Elemente treten im vedischen Kultus noch zurück. Schon in der ältesten vedischen Zeit legen die Angehörigen gewisser Familien sich die ausschließliche Fähigkeit zu priesterlichen Funktionen bei; sie bewältigen die immer schwierigere Aufgabe, die für die komplizierten Opfer erforderliche Menge von Gebeten und Zeremonien zu beherrschen. Aus jenen Familien ging die mächtige Brahmanenkaste hervor, von deren Hochmut und Ansprüchen die jüngern Texte des Veda voll sind (s. Brahmanen). In denselben Texten tritt auch die dem ältesten Glauben noch fremde Lehre von der Seelenwanderung (s. Brahmanismus) zuerst hervor; sie enthalten weiter die kühnen pantheistischen Spekulationen über das Brahma, die Weltseele (vgl. Brahma, Indische Philosophie). Oppositionelle Richtungen finden ihren Ausdruck in Sekten, wie dem Buddhismus (s. d.) und der Gemeinde der Dschaina (s. d.); nach einem Kampfe von mehr als einem Jahrtausend mußte der Buddhismus in seinem Kampf mit dem Brahmanismus diesem weichen. Die aus dem Vedaglauben hervorgegangene, jenem gegenüber aber vielfach modifizierte Religionsform bezeichnet man als Brahmanismus (s. d.). Unter seiner Herrschaft versank das Volk immer mehr in groben Götzendienst. Seit dem 11. Jahrh. beginnt im Norden die Ausbreitung des Islams, dem 1881 im britischen Indien 45 Mill. Seelen angehörten, durch Franz Xaver 1542 die römisch-katholische, durch Ziegenbalg und Plütschau 1705 die evangelische Mission, deren Wirksamkeit in Britisch-Indien erst seit 1813 vom Parlament gestattet ist. Vgl. Bergaigne, La religion védique d'après les hymnes du Rig-Véda (Par. 1878–83, 3 Bde.); Barth, Les religions de l'Inde (das. 1880); Muir, Original Sanskrit texts, Bd. 4 u. 5 (Lond. 1873 u. 1884); Hillebrandt, Vedische Mythologie (Bresl. 1891–1902, 3 Bde.); Oldenberg, Die Religion des Veda (Berl. 1894); Hardy, Die vedisch-brahmanische Periode der Religion des alten Indiens (Münster 1893) und Indische Religionsgeschichte (Leipz. 1898).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.