- Eidechse [2]
Eidechse (Lacerta L.), Gattung aus der Familie der Eidechsen (Lacertidae), wohlgestaltete, meist schön gefärbte Tiere mit gestrecktem Körper, vom Hals deutlich abgesetztem Kopf, sehr langem Schwanz, vier fünfzehigen Füsten, vielseitigen Schildern auf dem Kopf, körnigen Schuppen auf dem Rücken und an den Seiten, viereckigen, quergereihten, größern Schuppen am Bauch, langer, zweispitziger, vorstreckbarer Zunge und kegelförmigen, zweispitzigen Zähnen. Sie leben in der Alten Welt, meist an trocknen, sonnigen Orten in Höhlen, erscheinen nur bei schönem Wetter, sind um so lebhafter, je wärmer die Sonne scheint, und verweilen von Oktober bis April gesellig unter der Erde. Sie laufen und klettern geschickt, schwimmen, nähren sich von Insekten, Würmern, Schnecken, fressen auch kleine Wirbeltiere, Eier und ihre eignen Jungen und trinken viel. Das Weibchen legt 4 Wochen nach der im Mai erfolgenden Begattung an einem feuchten Ort 6–8 bohnengroße, länglichrunde, weißliche Eier, aus denen im August oder September die Jungen ausschlüpfen. In der Gefangenschaft werden sie schnell zahm. Die gemeine oder graue E. (L. agilis L.), bis 25 cm lang, meist graugrün mit dunkler Rückenbinde, am Bauch und an den Seiten weißlich oder grünlich, variiert sehr in der Färbung, findet sich von Schweden bis zu den Alpen und ist durch Vertilgung schädlicher Insekten sehr nützlich. Sie schlüpft gewandt durch Gebüsch, klettert leidlich und scheint nach der Fortpflanzungszeit eine Art Sommerschlaf zu halten. Die Berg- oder Waldeidechse (L. vivipara Jacq.), 15–16 cm lang, oberseits dunkelbraun, in der Rückenmitte und an den Seiten gestreift, auch weiß gefleckt, unterseits bräunlich, bläulich, grau, gelb, schwarz gepunktet, an der Kehle bläulich oder rosenrot, findet sich in Europa und Nordsibirien, besonders in Gebirgsgegenden und Mooren, liebt Wasser, ist minder gewandt und scheu als die vorige und legt 8–10 Eier, aus denen in einer halben Stunde die Jungen ausschlüpfen. Die grüne E. (Smaragdeidechse, Grüneder, L. viridis Daud.), bei uns 30, im Süden 43 cm lang, schön grün, besonders im Süden, schwach schwarz und weiß gepunktet, an der Kehle oft blau, namentlich im Hochzeitskleid (s. Tafel »Hochzeitskleider II«, Fig. 3), unterseits grünlichgelb, findet sich in Süd- und Mitteleuropa, Vorderasien und tritt vereinzelt in Österreich und Deutschland (Vielen, Efringen, Kaiserstuhl in Baden, Rheinpfalz, unteres Nahetal, zwischen Bingen und Boppard, bei Trier, Oderberg, Teupitz) auf. Sie ist sehr gewandt, klettert vortrefflich und plündert eifrig Nester. Bei uns schläft sie bis April, wahrend sie in Griechenland und Spanien in milden Wintern beständig in Tätigkeit bleibt. Im Juli legt das Weibchen 5–8 Eier, aus denen einen Monat später die Jungen ausschlüpfen. Die Perleidechse (L. ocellata Daud., s. Tafel »Eidechsen I«, Fig. 4), 40–60 cm lang, auf dem Kopf bräunlich, an den Kopfseiten grün, auf dem Rücken dunkelgrün gezeichnet, an den Seiten mit blauen, schwarz eingefaßten Flecken, unterseits hell gelblichgrün, an allen übrigen Teilen grün oder grüngrau, bewohnt Südwesteuropa und Nordwestafrika, erklettert Bäume, jagt Mäuse, junge Schlangen, Eidechsen, Frösche und legt 6–10 Eier. Die Mauereidechse (L. muralis Laur.), 18–19, im Süden bis 24 cm lang, ist sehr schlank, bei uns auf dem Rücken braun oder grau, mit dunklem Seitenstreifen und fleckiger, wolkiger Zeichnung, mit einer Längsreihe blauer Flecke, am Bauch milchweiß bis kupferrot. Es gibt zahllose Abarten, bei Capri z. B. mit prachtvoll azurblauer Bauchseite. Sie lebt in den Mittelmeerländern, in Frankreich, Belgien, im Gebiete des Rheins, nördlich bis zum Siebengebirge, auch im Donautal. Ungemein zahlreich ist sie im Süden, sie klettert an Mauern auf und ab, ist äußerst flink und, wo sie nicht verfolgt wird, höchst zutraulich. – Die E., welche sich verbirgt, ist Symbol des Schlafes oder des Todes; als Sonnen- und Lichtfreundin ist sie dem Apollon heilig, und aus dieser Beziehung ist die augurische Bedeutung des Tieres hervorgegangen. Ein Wahrsagergeschlecht auf Sizilien, die Galeoten, leitete den Ursprung der E. von Apollon ab. – Vgl. Eimer, Zoologische Studien auf Capri, 2. Heft (Leipz. 1874); Derselbe, Untersuchungen über das Variieren der Mauereidechse (Berl. 1881) u. die Literatur beim folg. Artikel.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.