- Chloroform
Chloroform (Formyltrichlorid, Trichlormethan) CHCl3 entsteht bei Einwirkung von Chlor auf Methan CH4 oder auf eine Lösung von Kalihydrat in Alkohol. Zur Darstellung von C. destilliert man Alkohol oder Aceton mit Chlorkalk (wobei letzterer chlorierend und oxydierend wirkt), oder man zersetzt Chloral mit Kalilauge (wobei neben C. ameisensaures Kali entsteht). 100 Teile Alkohol geben auf diese Weise mindestens 80 Teile, nach der ersten Methode nur 70 Teile und weniger reines C. Sehr reines C. erhält man durch Ausschleudern von in starker Kälte kristallisiertem C., auch durch Zersetzung von Salizylidchloroform, das gut kristallisiert und daher leicht rein dargestellt werden kann. C. bildet eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,5008 bei 15°, schmeckt eigentümlich ätherartig, angenehm süßlich, hintennach brennend und riecht ähnlich. Es mischt sich mit Alkohol und Aiher, löst sich schwer in Wasser und ist schwer entzündlich. Es erstarrt bei -83°, schmilzt bei -62°, ist sehr flüchtig, siedet bei 61,5°, reagiert neutral, wird aber an der Luft und besonders bei Einwirkung des Lichts sauer und enthält dann Salzsäure, Chlor und giftiges Karbonylchlorid; vor dieser Zersetzung wird es durch geringen Alkoholgehalt geschützt, und das offizinelle C. enthält daher etwa 1 Proz. Alkohol und soll das spez. Gew. 1,485–1,489 (Siedepunkt 60–62°) besitzen. Manche organische Verbindungen kristallisieren mit »Kristallchloroform«, wie z. B. das Salizylid. Alkoholische Kalilauge spaltet C. in Ameisensäure, Kohlenoxyd und Salzsäure, mit Natriumalkoholat entsteht Orthoameisensäureester, mit alkoholischem Ammoniak bei 180° Cyanammonium und Salmiak, mit primären Basen und Kalilauge Isonitrile, mit Chlor Kohlenstofftetrachlorid. C. wirkl stark antiseptisch, beeinflußt aber in der Regel nicht die Enzyme. Es löst Jod, Schwefel, Phosphor, Fette, Harze, Kautschuk, Guttapercha und gewisse Alkaloide; es dient deshalb zur Darstellung und Trennung der letztern voneinander, zur Reinigung der Guttapercha, zum Quellen von Harzen, die ohne diese Behandlung in Alkohol und Firnis schwer löslich sind, zur Bereitung von Kautschukfirnis, Zahnplomben, Fruchtäthern; auch ist es als Feuerlöschmittel empfohlen worden. Am häufigsten dient es aber als »anästhetisches Mittel« (s. Betäubende Mittel), indem man vor chirurgischen Operationen die Dämpfe einatmen läßt. Hierbei kann es töten durch Lähmung des Herzens, der Atmung, auch durch Verfettung der Organe, besonders des Herzens. Man läßt es auch zur Beruhigung bei allgemeinen Krämpfen einatmen und gibt es in Linimenten, Salben, als Chloroformöl (gleiche Teile Olivenöl und C.) gegen schmerzhafte Anschwellungen und Geschwülste, Neuralgien. Bisweilen wird es auch innerlich zur Schmerz- und Krampfstillung benutzt. Mit C. gesättigtes Wasser soll auf Schleimhäute schmerzstillend wirken, wird auch bei Typhus angewendet. C. erzeugt auf der Haut Brennen, Rötung und selbst Blasen und bewirkt eine nicht unbedeutende lokale Anästhesie. Es ist ein vorzügliches Geschmackskorrigens aller bittern oder schlecht schmeckenden Arzneimittel, wird auch, namentlich in England, mißbräuchlich als Berauschungs- und Einschläferungsmittel benutzt. Das C. wurde 1831 von Liebig und von Soubeiran entdeckt; seine anästhesierende Wirkung erkannte Simpson 1848. Vgl. Czempin, Die Technik der Chloroformnarkose (Berl. 1897).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.