- Castro [2]
Castro, 1) Ines de, Geliebte des Infanten Dom Pedro von Portugal, kam als Hofdame Constanzas, der Gemahlin Dom Pedros, 1328 an den portugiesischen Hof. Noch zu Lebzeiten Constanzas stand der Prinz mit Ines in einem Liebesverhältnis; nach ihrem Tode (1345) scheint er sich heimlich mit Ines vermählt zu haben, die ihm vier Kinder gebar. Da aber sein Vater, König Alfons IV., eine andre Heirat seines Sohnes wünschte und Pedro sich dessen standhaft weigerte, wurde Ines 1355 vor den Augen des Königs im Kloster Santa Clara zu Coimbra von drei hohen Würdenträgern des Reiches ermordet. Im Schmerz darüber erhob Dom Pedro das Schwert gegen seinen Vater, doch versöhnten sich beide wieder. Nach Alfons' IV. Tode 1357 flüchteten die Mörder nach Kastilien, wurden aber ausgeliefert und zwei davon hingerichtet. Dann versammelte Pedro die Großen des Reiches, schwur, daß Ines seine angetraute Gemahlin gewesen und ließ sie in der königlichen Gruft beisetzen. Die Geschichte der Ines haben mehrere Dichter bearbeitet: der Portugiese Gomes, der Holländer Fritz, die Deutschen Graf von Soden und Murad Efendi. In Camões' »Lusiaden« (1572) bildet die Geschichte ihrer Liebe eine der herrlichsten Episoden. Eine Kritik der Ines-Tragödien hat Wittich seiner Übersetzung des Trauerspiels von Gomes (Leipz. 1841) beigefügt. Vgl. Raumer im »Historischen Taschenbuch«, 1851.
2) João de, portug. Feldherr und Seefahrer, geb. 7. Febr. 1500 in Lissabon, gest. 6. Juni 1548, machte einen Feldzug nach Tanger mit und folgte Kaiser Karl V. nach Tunis. Sein in nautischer Hinsicht sehr wichtiger »Roteiro«, eine Beschreibung des Roten Meeres (hrsg. von Nuñez de Carvalho [Par. 1833], Köpke [Oporto 1843] und Andrade Corvo [Lissab. 1882]), ist die Frucht seiner Teilnahme an einer Expedition (1540) dahin. 1545 begab sich C. als Statthalter nach Ostindien, wo er sich durch seine heldenmütige Verteidigung Dius großen Ruhm erwarb. Während er den Länderbesitz der Portugiesen zu erweitern und zugleich die gesunkene altritterliche Tüchtigkeit seiner Landsleute zu heben suchte, überraschte ihn in Ormus der Tod. Vgl. Andrada, Vida de Dom João de C. (Lissab. 1651).
3) Guillen de C. y Bellvis, span. Theaterdichter aus Valencia, geb. 1569, gest. 1631 in Madrid, von adligem Geschlecht, zeichnete sich als Mitglied der schöngeistigen Akademie der »Nächtlichen« (1591–94) durch Gedichte und (ungedruckte, doch erhaltene) Prosaschriften aus; siedelte nach 1602 nach Madrid über, wo Lope de Vega die nationale Bühne geschaffen, ward von dem Vizekönig von Neapel und den Herzögen von Ossuna und Olivares beschützt, doch entzog sein trutziger, abenteuerlicher Sinn ihm die Gunst dieser Großen. Zeitweise wohnte er in Neapel. Er mußte zuletzt vom Ertrag seiner Bühnenstücke leben und soll arm und in Elend gestorben sein. Als Dramatiker gehörte er zur Schule Lopes, mit dem er befreundet war. Wie dieser suchte er dem Nationalgeschmack gerecht zu werden, sowohl in der Wahl seiner Stoffe als auch durch Verwertung beliebter Volksromanzen: »El Conde Alarcos«, »Conde Dirlos«, »Montesinos«, »Don Quixote«, »El Curioso impertinente« (nach den Werken des Cervantes). Sein dramatisches Talent war bedeutend, doch befriedigt die Lösung in einigen Stücken nicht, die Selbsterlebtes zu berichten scheinen, wie »Los malcasados de Valencia« und »El Renegado arrepentido«. Das Drama, das ihm am meisten Ruhm eingetragen, handelt von den »Jugendtaten des Cid«, »Las mocedades del Cid«. Es liegt Corneilles »Cid« zu Grunde, dem das Hauptmotiv, Jimenas Kampf zwischen Neigung zum Mörder ihres Vaters und der Pflicht, diesen zu rächen, schon von dem spanischen Dichter geboten ward. Von Castros Schauspielen sind 24 in zwei von ihm selbst herausgegebenen, überaus seltenen Bänden vorhanden (Valencia 1618,1621 u. 1625). Andre stehen zerstreut in verschiedenen Sammlungen; einige (5) sind abgedruckt im 43. Bande der »Bibl. de Aut. Españ.«, darunter die beiden Teile des Ciddramas, das später von Lemcke (1856) und im 48. Bande des Leipziger Coleccion de Aut. Españ. sowie einzeln von W. Foerster (Bonn 1878) und neuerdings von E. Mérimée (1. Teil, Toulouse 1890) herausgegeben ward; das gewaltige Schauspiel »La tragedia por los celos« erschien in der Coleccion de libros españoles naros ò curiosos, Bd. 12, »Ingratitad por amor« in einer Einzelausgabe von Rennert (Philadelphia 1899). Vgl. Lord Holland, Some account on the life and writings of Lope de Vega and Guilhem de C. (Lond. 1806) und E. Mérimée in der genannten Ausgabe der »Mocedades del Cid«.
4) Cipriano, Präsident von Venezuela, geb. 1863, angeblich zuerst Maultiertreiber, später Plantagenbesitzer in San Antonio, wo er im Juli 1899 die Fahne des Aufstandes erhob. Mit einem kleinen, aber durch steten Zuzug wachsenden Heere rückte er langsam gegen Caracas heran, wo, als er 20. Okt. vor der Stadt anlangte, Präsident General Andrade abdankte. Castros Herrschaft war ein reines Gewaltregiment und wurde deshalb fast ununterbrochen durch Aufstände bedroht, deren er meist nur mit großer Mühe durch Grausamkeit gegen die Massen oder durch Bestechung der Führer Herr wurde. Diese Aufstände verwickelten ihn wiederholt in Differenzen mit fremden Mächten, die im Winter 1902/1903 zu einem bewaffneten Einschreiten von seiten Deutschlands und Englands führten (s. Venezuela).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.