Zimmeröfen

Zimmeröfen

Zimmeröfen (hierzu Tafel »Zimmeröfen« mit Text). zur Heizung von Zimmern dienende Öfen, sind von sehr verschiedener Konstruktion, sollen aber stets möglichst vollständige Verbrennung des Brennmaterials, vorteilhafte Übertragung der Wärme an das Ofenmaterial und von diesem an die Zimmerluft ermöglichen. Die Rauchzüge des Ofens müssen sich gut reinigen lassen, auch sucht man zweckmäßige Zirkulation der Zimmerluft, auch wohl eine gewisse Ventilation durch die Öfen zu erreichen. Für die Konstruktion der Feuerung gelten die allgemeinen Grundsätze; man baut Z. je nach dem anzuwendenden Brennmaterial mit und ohne Rost und leitet die Feuerungsgase durch Kanäle, an deren Wandungen sie ihre Wärme bis zu einem gewissen Grad abgeben, und schließlich in die Esse. Ist das Feuer erloschen, so hält doch die Luftströmung durch den heißen Ofen an, und es wird viel Wärme nutzlos fortgeführt. Man bringt deshalb in dem zur Esse führenden Rohr eine Klappe an, besser aber, da die Klappe bei zu frühzeitigem Schließen ein Ausströmen des im Ofen bei unvollständiger Verbrennung der Kohle sich bildenden Kohlenoxyds veranlassen kann, eine luftdicht schließende Ofentür, die den Eintritt von Luft in den Ofen verhindert (vgl. Heizung, S. 121 f.). Je nachdem der Ofen vom Zimmer aus oder von außen geheizt wird, unterscheidet man Windöfen und Halsöfen, von denen erstere am häufigsten vorkommen. Die ihnen zugeschriebene Bedeutung als Ventilationsvorrichtung ist indes bei weitem nicht so groß, wie man häufig annimmt (vgl. Ventilation). Als Material zu den Z. benutzt man Eisen oder Ton in Form von Kacheln (Kachelöfen, s. Kacheln), Kachelöfen mehr im Norden und Osten, und wo man ein Zimmer andauernd auf gleicher Temperatur erhalten will, Eisen mehr im Westen und Süden und in Räumen, die für vorübergehenden Aufenthalt schnell geheizt werden sollen. Die Unterschiede zwischen eisernen und Tonöfen ergeben sich aus den physikalischen Eigenschaften der Materialien. Das Wärmeleitungsvermögen des Eisens ist etwa 33mal größer als das des Tons, und mithin erhitzt sich der eiserne Ofen schneller und gibt die aufgenommene Wärme schneller an die Zimmerluft ab als der Tonofen, dessen dickere Wände überdies der Wärmeübertragung ein weiteres Hindernis bereiten. Dagegen ist die spezifische Wärme des Tons größer als die des Eisens, so daß ein gleiches Gewicht auf gleiche Temperatur erhitzten Tons ein viel größeres Volumen Luft auf eine bestimmte Temperatur erwärmen kann als Eisen. Hieraus ergibt sich, daß man im eisernen Ofen beständig ein mäßiges Feuer unterhalten muß, während in an den Tonofen einmal stark anheizt und dann schließt. Eiserne Öfen werden leicht an der Außenwand zu heiß und dann durch sehr starke Wärmeausstrahlung lästig und ungesund. Zum Schutz vor der unangenehmen strahlenden Wärme, die von stark erhitzten eisernen Öfen ausgeht, umgibt man sie mit einem Mantel aus Eisenblech, auch ummantelt man sie mit einem Aufbau aus Kacheln, man baut eiserne Öfen in Kachelöfen ein oder stellt sie vor den Kachelöfen auf und erwärmt diese durch die aus den eisernen Öfen abziehenden Feuerungsgase. Bei der leicht eintretenden Überheizung durch eiserne Öfen wird die Luft relativ trocken (was man bei Kachelöfen weniger bemerkt, weil mit diesen viel seltener eine zu hohe Temperatur erzielt wird), und man muß deshalb Wassergefäße anbringen, die den erforderlichen Feuchtigkeitsgehalt der Luft sichern. Wird der eiserne Ofen glühend, so verbrennt an seiner Außenwand der durch die Luftströmung zugeführte Staub, und es entwickeln sich übelriechende, die Atmungsorgane reizende Substanzen (vgl. Heizung, S. 121). Durch zweckmäßige Konstruktion lassen sich die meisten Übelstände der gewöhnlichen eisernen Öfen beseitigen, und die neuesten Formen derselben sind in ökonomischer und hygienischer Beziehung den Kachelöfen vorzuziehen. Dementsprechend verbreiten sich eiserne Öfen immer mehr und beginnen auch im Norden und Osten die Kachelöfen zu verdrängen. Anlage und Betrieb des Kachelofens sind teurer als beim eisernen Ofen, wenngleich im allgemeinen bei der Zimmerheizung die Ausbeutung des Heizwertes der Brennmaterialien sehr wesentlich von der Art der Bedienung des Ofens abhängt. Gewöhnlich erzielt man 20–30, im besten Fall 40 Proz., nicht selten auch nur 15–20 Proz. des theoretischen Heizeffekts.

Für bestimmte Zwecke, Heizung kleiner Räume, Geschäftsräume etc. benutzt man Gasöfen (s. Heizung, S. 124), Spiritus- und Petroleumöfen. die mancherlei Vorteile darbieten. Sie können an jedem beliebigen Ort aufgestellt werden, wenn sie aber kein Abzugsrohr für die Verbrennungsgase besitzen, verschlechtern letztere die Zimmerluft nicht unwesentlich. Am meisten eignen sie sich zur Heizung von Räumen, die nur vorübergehend benutzt werden, für Geschäftsräume, deren Türen häufig geöffnet werden, zur vorübergehenden Aushilfe bei Zentralheizungen im Frühjahr und Herbst etc. Über die Einrichtung einiger der wichtigsten Ofenformen s. beifolgende Tafel mit Text. Kachelöfen kennt man aus dem 9. Jahrh. in St. Gallen, im 13. und 14. Jahrh. waren sie in Mittel- und Süddeutschland allgemein im Gebrauch. Eiserne Ofenplatten mit reichem Bilderschmuck gehören zu den frühesten Erzeugnissen der Eisengießerei; man benutzte sie zur Herstellung der Feuerkasten in Kachelöfen. Dann baute man Z. nur aus eisernen Platten (Feste Koburg 1450), und zur Reformationszeit fanden sich eiserne Öfen schon in allen bessern Bürgerhäusern. Kleine Öfen wurden aus Eisenblech gebaut. Im 17. Jahrh. kamen eiserne Füllöfen für Kohlenfeuerung auf, auch stellte man damals schon große, stark zu heizende Öfen im Keller auf und leitete die Feuerungsgase in eisernen Röhren durch die obern Räume des Hauses. Dolesme konstruierte 1656 einen rauchverzehrenden Ofen, dessen Rauch in den Feuerraum zurückgeleitet wurde. Vgl. Pauli, Über Kochherde und Z. (Münch. 1861); Schott, Über Zimmerheizung (Hannov. 1854); Pötzsch, Entwürfe zu Stubenöfen in Kachel- und Tonkonstruktion (Glogau 1854); Zwick, Die Z. der letzten zehn Jahre (Leipz. 1874); Naumann, Die Öfen der Kunstgewerbeausstellung München 1888 (Dresd. 1889); Roeper, Sammlung von Öfen in allen Stilarten vom 16.–19. Jahrhundert (Münch. 1895); Haase, Der Ofenbau (Berl. 1902); König, Die Ofenfabrikation nach ihrem heutigen Stande (das. 1900), und weitere Literatur bei Artikel »Heizung«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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