Watvögel

Watvögel

Watvögel (Grallae, Stelzvögel, Sumpfvögel, hierzu die Tafeln »Watvögel I-IV«), Ordnung der Vögel, haben einen langen Hals, mittellange Flügel, vielfach auch langen Schnabel und Beine, deren Schiene, zum großen Teil nackt, frei vom Rumpf absteht, und deren Lauf sehr lang ist. Ihrer Höhe entspricht ein langer, sehr beweglicher Hals. Der Schnabel ist entweder lang und vom Kopfe scharf abgesetzt oder kurz und dick, teils weich und schwach, wo es sich um das Suchen kleiner Tiere im Schlamme handelt, teils hart und hornig, wo größere Tiere (Frösche, Fische, Mäuse) mit ihm gepackt werden. Der Schwanz ist meist kurz, das Gefieder gewöhnlich einfach gefärbt. Die zuweilen außerordentlich langen Zehen sind entweder bis auf den Grund frei oder mit einer Bindehaut versehen; die Hinterzehe ist vielfach sehr kurz und berührt dann den Boden nicht. Die Zunge ist (mit Ausnahme der Löffelreiher) lang und schmal, ein Kropf kommt nur selten vor; die Blinddärme sind meist kurz; eine Gallenblase ist vorhanden. Die Luftröhre macht bei manchen vor dem Eintritt in die Brust mehrere lange Windungen, die dicht unter der Haut oder tiefer, am Brustbeinkamm, verlaufen. – Die W. sind auf das Wasser angewiesen und leben an den Ufern der Flüsse, den Küsten der Meere, in oder an Sümpfen; nur wenige nähern sich in ihren Gewohnheiten den Hühnern und leben daher auf freiem Felde (Trappe). Die meisten schwimmen nicht, sondern durchwaten mit ihren langen Stelzbeinen das seichte Wasser, um von seinem Grund ihre Beute aufzulesen; fast alle fliegen gut und ausdauernd. Sie sind Zug- oder Strichvögel und leben paarweise zusammen. Die Nester werden nur selten auf Wasserpflanzen, meist auf Bäumen am Ufer oder auf Häusern angelegt. In einer Brut legen sie bis zu 10 Eier. Die W. sind im allgemeinen Kosmopoliten, doch haben einige kleinere Familien einen engen Verbreitungsbezirk. In Australien fehlen die Flamingos, die sonst in den Tropen überall vorkommen. Fossil finden sich die W. vom Eocän an. Man unterscheidet etwa 100 Gattungen mit 600 Arten und bringt sie in einer Anzahl Familien unter, deren Beziehungen zueinander jedoch ungenügend bekannt sind. Auch werden die Reiher, Störche (und Kraniche) und Ibisse wohl als Storch- oder Reihervögel zu einer besondern Gruppe vereinigt und die Flamingos zu den Schwimmvögeln gestellt.


1. Familie: Rallen (Rallidae). Schnabel mäßig lang und stark, Flügel kurz und abgerundet, Sckwanz und Beine kurz, Zehen sehr lang, mit langen Krallen; da auch die Hinterzehe den Boden erreicht, so ruht der Körper sehr sicher. Laufen geschickt über die im Wasser schwimmenden Blätter hin, schwimmen und tauchen sehr gut. Nester meist im Schilf. Auf den Maskarenen scheinen zwei Gattungen (Aphanapteryx und Erythromachus) erst seit einem Jahrhundert ausgestorben zu sein. Zur Unterfamilie der Rallen (Rallinae) gehören unter andern: Ralle (Rallus), Wiesenknarrer (Crex, Tafel I, Fig. 5), zur Unterfamilie der Wasserhühner (Gallinulinae): Purpurhuhn (Porphyrio, Tafel I, Fig. 2), Wasserhuhn (Fulica, Tafel I, Fig. 4).

2. Familie: Schnepfen (Scolopacidae). Schnabel lang, dünn und weich, Flügel lang und spitz, Schwanz knrz, Beine schlank, Hinterzehe klein oder nicht vorhanden. Leben an sumpfigen Orten meist gesellig, zur Brutzeit jedoch paarweise. Verbreitet bis zum hohen Norden. Hierher: Schnepfe (Scolopax, Tafel I, Fig.3), Kampfläufer (Machetes, Tafel I., Fig. 1), Brachvogel (Numenius), Säbelschnäbler (Recurvirostra).

3. Familie: Läufer (Charadriidae). Schnabel mittellang, hart, Hals kurz und dick, Flügel meist lang und spitz, Schwanz mittellang, zuweilen tief gegabelt, Beine lang, Hinterzehe klein oder nicht vorfanden. Leben zum Teil auf Feldern, meist jedoch an Sümpfen, nisten gewöhnlich in Erdlöchern. Kosmopolitisch. Hierher: Austerndieb (Haematopus), Dickfuß (Oedicnemus), Kiebitz (Vanellus, Tafel II, Fig. 4), Regenpfeifer (Charadrius, Tafel II, Fig. 3).

4. Familie: Scheidenschnäbel (Chionididae), mit zwei Arten der Gattung Chionis, nur auf den antarktischen Inseln.

5. Familie: Wachtelschnepfen (Thinocoridae), mit nur zwei Gattungen, in Südamerika von den Falklandinseln bis nach Chile.

6. Familie: Jassanas (Parridae), mit nur zwei Gattungen, überall in den Tropen.

7. Familie: Trappen (Otididae). Schnabel kurz und stark, Flügel mittellang und spitz, Schwanz mittellang, Beine lang, ohne Hinterzehe. Ansehnliche Vögel, Bewohner der freien Felder. Fehlen in Amerika. Zwei Gattungen, Otis (Tafel II, Fig. 1) und Eupodotis, mit vielen Arten.

8. Familie: Trompetervögel (Psophiidae), mit der Gattung Psophia (Tafel II, Fig. 2), bewohnen das Tal des Amazonenstromes und werden auch wohl zusammen mit der vorhergehenden und der folgenden Familie zur Familie der Hühnerstelzen (Alectoridae) vereinigt.

9. Familie: Cariamiden (Cariamidae oder Dicholophidae), mit der Gattung Cariama; in Brasilien und den La Plata-Staaten.

10. Familie: Hühnerrallen oder Guaraumas (Aramidae), mit der Gattung Aramus, vom Ansehen der Reiher; von Mexiko und Cuba bis Zentralbrasilien.

11. Familie: Sonnenreiher (Eurypygidae), mit der Gattung Eurypyga; im tropischen Amerika.

12. Familie: Kagus (Rhinochetidae), mit der Art Rhinochetus jubatus; aus Neukaledonien.

13. Familie: Kraniche (Gruidae). Schnabel, Flügel und Beine lang, Schwanz und Zehen kurz. In der Alten Welt und Nordamerika. Werden mit den folgenden drei Familien wohl zur Familie der Storch- oder Reihervögel (Ciconiae) vereinigt. Hierher der Kranich (Grus, Tafel IV, Fig. 4).

14. Familie: Reiher (Ardeïdae). Schnabel lang, vom Grund aus hornig, mit scharfen Rändern, Hals und Beine lang, Flügel lang, meist stumpf, Zehen lang; am Kopf häufig ein Federschopf. Kosmopolitisch. Hierher die Reiher (Ardea, Nycticorax, Herodias, Tafel III, Fig. 1, 2 u. 4) und die Rohrdommel (Botaurus, Tafel III, Fig. 3).

15. Familie: Ibisse (Ibidae). Schnabel lang, in der Form sehr verschieden, Zunge verkümmert, Hals, Flügel, Beine und Zehen lang. Kosmopolitisch. Hierher der Ibis (Ibis, Tafel IV, Fig. 3).

16. Familie: Störche (Ciconiidae). Schnabel lang, hoch und dick, Flügel mittellang, Beine lang, Zehen ziemlich kurz. An Kopf und Hals oft nackte Stellen. Alte Welt und Festland von Amerika und Australien. Hierher der Storch (Ciconia, Tafel IV, Fig. 2) und Marabu (Leptoptilus, Tafel IV, Fig. 1).

17. Familie: Wehrvögel (Palamedeïdae). Flügel kurz, mit einem Sporn am Daumen, Schnabel mittellang, spitz, Füße und Zehen lang. Nur in Südamerika. Werden auch wohl in die Nähe der Trappen oder der Schwäne gestellt. Hierher die Gattungen Palamedea und Chauna

18. Familie: Flamingos (Phoenicopteridae). Schnabel lang, in der Mitte geknickt, Hals und Beine außerordentlich lang, Zehen kurz, mit Schwimmhäuten, Flügel mittellang. Südeuropa, Afrika, Südasien und Amerika. Werden vielfach zu den Schwimmvögeln gestellt. Hierher der Flamingo (Phoenicopterus).


Vgl. Flöriche, Naturgeschichte der deutschen Sumpf- und Strandvögel (Magdeb. 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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