- Warwick [2]
Warwick (spr. ŭárrick), engl. Grafentitel, der mit dem Besitz von W. Castle verknüpft war. Guy von W. spielt in der englischen Heldensage eine Rolle (vgl. Tanner, Die Sage von Guy von W., Heidelb. 1878). Wilhelm der Eroberer gab das von ihm erbaute Schloß W. in die Obhut des Normannen Henri von Newburgh und Beaumont, den Wilhelm II. zum Grafen von W. ernannte. Nach dem Aussterben dieser Familie (1267) kamen Besitzungen und Titel an die Familie Beauchamp, der Richard Beauchamp, Graf von W., geb. 28. Jan. 1382 in Worcestershire, gest. 30. April 1439 in Rouen, ein berühmter Feldherr und Günstling Heinrichs V. von England, angehörte. Dieser zeichnete sich als englischer Gesandter auf dem Konzil zu Konstanz und als geschickter und glücklicher Kriegsmann in den Kämpfen gegen Frankreich aus. Nach dem Tode Heinrichs V., der ihn zum Erzieher des neun Monate alten Heinrich VI. ernannte, blieb W. zumeist in England, nahm aber 1431 und 1436 auch an den Kämpfen in Frankreich teil und wurde 1437 zum Statthalter von Frankreich ernannt. Nach dem Tode (11. Juni 1445) seines Sohnes Henry, der 1444 zum Herzog von W. erhoben worden war, und der einzigen Tochter Henrys, die 1449 starb, fielen Güter und Titel des Hauses durch Henrys Schwester Anna an das Geschlecht der Neville (s. d.).
Annas Gemahl, Richard Neville, Graf von W. und Salisbury, geb. 22. Nov. 1428, spielte in den Kriegen der Rosen eine bedeutende Rolle. Er schloß sich dem Herzog Richard von York an, der mit Cäcilie, einer Schwester seines Vaters, vermählt war, entschied für die Yorkisten den Sieg von St. Albans über die Königlichen 22. Mai 1455 und erhielt zur Belohnung die Statthalterschaft von Calais. Ein 1458, vielleicht von Anhängern der Königin Margarete, gegen ihn gemachter Mordversuch mißlang; 1459 erneuerten York und W. den Krieg, richteten aber gegen die königliche Macht zunächst nichts aus. Die Königin hatte inzwischen Calais an den Herzog von Somerset vergeben; aber W. schlug diesen, landete 1460 in Kent, zog 2. Juli in London ein, besiegte die Königlichen 10. Juli bei Northampton, nahm Heinrich VI. gefangen und nötigte ihn, den Herzog von York zu seinem Thronfolger zu erklären. Am 17. Febr. 1461 bei St. Albans von der Königin Margarete geschlagen, zog W. sich nach London zurück, vereinigte sich mit dem Grafen Eduard von March, dem Sohn des Herzogs von York, siegte 28. März 1461 bei Towton über die Königin, hielt Heinrich VI. im Tower gefangen und bewirkte die Erwählung des Grafen von March (Eduards IV.) zum König. Nachdem sich dieser aber 1464 wider Warwicks Willen mit Elisabeth Wydville vermählt hatte, trat eine Entfremdung zwischen ihm und W. ein, der 1469 seine Tochter Isabella mit dem unzufriedenen Bruder des Königs, dem Herzog von Clarence, verheiratete. Bald darauf brachen im Norden Englands Aufstände gegen Eduard IV. aus, denen W. nicht fern stand, und in deren Folge der König und die Regierung in seine Hände gerieten. Erst Ende 1469 konnte Eduard nach London zurückkehren, brach 1470 mit W. und nötigte ihn, mit Clarence Zuflucht bei dem König von Frankreich zu suchen. W. versöhnte sich nun 4. Aug. durch den Vertrag von Angers mit der Königin Margarete, verlobte seine zweite Tochter mit deren Sohn Eduard, landete 13. Sept. 1470 bei Plymouth, sammelte ein Heer, zog 6. Okt. in London ein, von wo Eduard IV. nach Burgund entflohen war, setzte den aus dem Tower gezogenen Heinrich VI. wieder auf den Thron und übernahm, da Prinz Eduard noch minderjährig war, mit Clarence die Regentschaft. Indessen landete Eduard IV. 14. März 1471 mit burgundischer Hilfe in York, versöhnte sich mit Clarence und bemächtigte sich Londons und der Person Heinrichs VI. Am 14. April 1471 kam es in der Ebene von Barnet zu einer Schlacht, in der W., der »Königsmacher«, Sieg und Leben verlor. Vgl. Oman, Warwick, the kingmaker (2. Aufl., Lond. 1903); Bensemann, Richard Nevil, der Königsmacher (Leipz. 1898).
Der Titel der Warwicks ging auf Eduard, den Sohn des Herzogs von Clarence aus der Ehe mit Isabella Neville, geb. 21. Febr. 1475, über. Nach der Ermordung seines Vaters (1478) ward dieser (1485) von Richard III. gefangen gesetzt und 28. Nov. 1499 wegen angeblicher Verschwörung mit Perkin Warbeck (s. d.) auf Befehl Heinrichs VII. im Tower enthauptet. Unter Eduard VI. erhielt 1547 John Dudley, später Herzog von Northumberland, den Titel eines Grafen von W., den sein 1590 unbeerbt gestorbener Sohn Ambrose nach ihm führte. Von 1618–1759 besaß ihn die Familie Rich, dann erhielt ihn Francis Greville, Graf Brooke, der mütterlicherseits von den Warwicks abstammte. Der jetzige Graf von W., Francis Richard Charles Guy Greville, geb. 1863, ist im Besitz reicher Kunstsammlungen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.