Tory und Whig

Tory und Whig

Tory und Whig (engl., im Plural Tories und Whigs), Namen, mit denen man bis zur neuesten Zeit die beiden Hauptparteien des englischen Parlaments bezeichnet hat. Der Ursprung beider Namen geht in die ersten Zeiten der Stuarts zurück. Tories nannte man ursprünglich katholische Räuberbanden, die etwa seit 1652 nach der Unterwerfung Irlands durch Cromwell den Widerstand gegen die Regierung fortsetzten und das Land unsicher machten; die Ableitung des Wortes ist nicht sicher. Der Name Whig (abgeleitet von whigamore, einer Bezeichnung der westschottischen Bauern wegen eines Rufes [whiggam], mit dem sie ihre Pferde antrieben) galt seit dem Edinburger Aufstand von 1648, dem sogen. Whigamore raid, für die eifrigsten schottischen Covenanters. Seit etwa 1680 knüpften sich die beiden Parteinamen an den Kampf um die Ausschließung des Herzogs von York, des spätern Königs Jakob II., von der Thronfolge; Tories wurden deren Gegner, Whigs ihre Befürworter genannt, und jener Name ging dann allgemeiner auf die Partei des Hofes und des passiven Gehorsams, dieser auf die Partei des Widerstandes gegen die Verletzung der Gesetze und der Freiheiten der Nation über. An der monarchischen Ordnung hielten beide Parteien fest. Seit der Revolution von 1688, namentlich aber seit der Thronbesteigung des Hauses Hannover 1714 erlangten die Whigs das Übergewicht und behaupteten es unter Georg I. und Georg II. im Kabinett wie im Parlament. In dieser Zeit veränderte sich aber allmählich die Stellung der beiden Parteien. Die Tories hatten früher an die Wiederherstellung der königlichen Rechte in dem von den Stuarts beanspruchten Umfang, viele von ihnen auch an die Restauration der vertriebenen Dynastie gedacht. Als aber diese unmöglich geworden war, fügten sie sich in die Umstände und wurden die Vertreter des einmal Bestehenden, also der bischöflichen Kirche und der neuen Dynastie, der bisherigen parlamentarischen Formen und der Schutzzölle. Die eifrigsten Gegner aller Neuerungen nannte man Hochtories (high-tories). Die Whigs dagegen, dem Fortschritt huldigend, wirkten für Emanzipation der Dissenters, Katholiken und Juden und in staatlicher Hinsicht für freisinnige Entwickelung der politischen Institutionen. Seit 1782 wechselten fast stets Tory- und Whigministerien miteinander ab; neuerdings aber haben infolge der eingetretenen politischen Reformen und der damit zusammenhängenden neuen Parteibildungen (der Radikalen, der Homerulers, der Arbeiterpartei) sowie der Verdrängung der Aristokratie aus dem Alleinbesitz der politischen Macht die Namen T. und W. ihre aktuelle Bedeutung eingebüßt; und jetzt werden auch in England die sich hauptsächlich bekämpfenden Parteien als Konservative und Liberale und nicht mehr mit den Namen T. und W. bezeichnet. Vgl. Kebbel, History of torysm from the accession of Mr. Pitt to Beaconsfield (Lond. 1885).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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